RPG-Maker-Spiele. In diesem Text habe ich mehr oder weniger ausführlich über sie und ihre Geschichte geschrieben, was sie besonders macht und warum sie mehr Aufmerksamkeit verdienen. Unterstützend dazu verfasse ich - vor allem für szenefremde Personen - diese Übersicht der meiner Meinung nach bedeutensten und vorzeigbarsten Spiele der deutschen Makergeschichte. Wenn ihr also sehen möchtet, was bei den selbstgemachten Retropixelspielen im Makersegment alles so möglich ist, und was man mit dem Tool so anstellen kann, seid ihr hier richtig.
Wichtig: Dies ist nicht die Liste der meiner Meinung 'besten' Makerspiele aller Zeiten. Dafür müsste ich einen eigenen Artikel erstellen. Hier geht es um die Signifikanz für die Makercommunity oder die herausragenden Elemente der Spiele wie etwa eine beeindruckende Optik.
Die Reihenfolge ist ohne bestimmte Logik, auch wenn ich mit den größten Platzhirschen beginne.
- Vampires Dawn I & II
- Unterwegs in Düsterburg
- Kelvengames
- Die Reise ins All
- Velsarbor
- Eternal Legends
- Dreamland R
- Mondschein
- Elektra Kingdom
- Switch Alternate: Virus of Ragnarök
- Sternenkind-Saga
- Sunset over Imdahl
Vampires Dawn: Reign of Blood & Vampires dawn II: Ancient Blood
Zur Website. Zum Review. Zum Review des VD1-Remakes.
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Als mit Abstand bekanntestes, deutsches Makerfranchise, das mehrere Veröffentlichungen auf Games-Zeitschriften, Einträge in Online-Magazinen, zwei Buchableger, ein (exzellentes) VD2-Remake durch mich so wie ein entstehendes Remake von Teil 1, einen offizielen dritten Teil und eine riesige, noch immer aktive Fanbase nach sich gezogen hat, ist Vampires Dawn das Urgestein aller Makerklassiker. Das kreative und spannende Konzept von Vampiren, wie Alexander 'Marlex' Koch es hier gezeichnet hat, zusammen mit einer in sich mehr oder weniger stimmigen Welt, wussten damals zu beeindrucken.
Vampires Dawn 1 ist als Spiel allerdings sehr schlecht gealtert und heutzutage niemandem mehr mit gutem Gewissen zu empfehlen. Lieber sollte man auf das entstehende Remake von Kirimoar warten. Vampires Dawn 2 ist ähnlich populär und deutlich besser gealtert, bot mit seiner für den Maker fast einzigartigen Open World viel Freiheit, eine deutlich bessere, audiovisuelle Erfahrung und eine bedeutend, bedeutend bessere Story. Es litt unter repititivem Gameplay und ist deswegen heute auch nicht mehr so hoch angesehen, aber dafür gab es ja das 2018 veröffentlichte Fanremake von... na ja, mir. Vampires Dawn II kann man heute noch spielen, und für das Remake Everlasting Blood spreche ich mich aus.
Unterwegs in Düsterburg
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Nach Vampires Dawn ist Unterwegs in Düsterburg der 'König' deutscher Makerklassiker, und weit noch vor VD das angesehenste und respektierteste Werk des deutschsprachigen Makerraumes. Das liegt vermutlich daran, dass es schlichtweg das bessere Spiel ist. Die stimmungsvolle, mysterienreiche und überaus atmosphärische Welt des Kaiserreiches und des Grafentums Düsterburg, die Ersteller Grandy sich hier mit viel Leidenschaft ausgedacht hat, sind ebenso in Würde gealtert wie das fantastische Multiple Choice-Dialogsystem und die große Gameplay-Varianz - Eure Entscheidungen und Taten haben jederzeit große Auswirkungen für die Story und Welt.
Ein einmaliger Humor gepaart mit dramatischer Handlung, ein spaßiges Kampfsystem gepaart mit ikonischem Soundtrack, in Unterwegs in Düsterburg stimmte fast alles. Seit einigen Jahren ist ein Remake vom Ersteller in Arbeit, wegen seiner gesundheitlichen und lebenssituativen Lage ist allerdings fraglich, ob es je fertig werden wird. Mehr Infos dazu gibt es auf seiner FB-Seite.
Kelven-Games
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Der alteingesessene Maker-Ersteller Kelven war damals wie heute eine Maschine, ein 1-Mann-Spielekonzern, der ein grundsolides Rollenspiel nach dem Anderen ausspuckte. Vielen seiner Spiele gelten meine Reviews, und auch wenn die Qualität seiner Werke für mich im Laufe der Jahre nachgelassen hat, ist er noch immer eine feste Größe in einer schrumpfenden Community. Unter anderem einige klassische Fantasy-RPGs epischen Ausmaßes hat er in den 2000ern erstellt, darunter Zwielicht und Licht und Finsternis. Auch viele Horrorspiele entsprangen seiner Feder, etwa Calm Falls II oder Alice. Aber auch Humor konnte Kelven, dass die Lachmuskeln schmerzten, gut zu sehen in Sonnenschauer.
Die Kelven-Spiele weisen neben vielen Stärken oft vor allem erzählerische Schwächen auf, aber wer sich mit Makerspielen beschäftigen will, kommt um Kelvens Makerschmiede nicht herum.
Der Entwickler ist auch heute noch aktiv und wohlauf.
Die Reise ins All
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Nach Marlex, Grandy und Kelven war auch Real Troll einer der Namen, der sich in der Ruhmeshalle unsterblicher Hobbyentwickler des Makerkultes einreihte. Die Reise ins All bot eine explosiv-unterhaltsame Mischung aus so vielen Genres und Gameplay-Features, wie man sie vorher selten sah - viktorianisch-premoderner Charme mit modernem Flair. Ein One Piece-artiger, absurder Humor, ein optisch unverwechselbar cartoonhafter Stil, eine intellektuell-tiefgehende Welt mit romanartigen Dialogen, eine sich im Laufe des Spiels entfaltende, spannende Handlung und so, so viel Liebe fürs Detail. Die Allreise ist ein Spaßpaket von Anfang bis Ende und lässt nie Langeweile aufkommen. Ein perfekter Start, falls man mit Makerspielen beginnen möchte.
Velsarbor
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Velsarbor ist lediglich eine Demo, die niemals vollendet wurde, stand damals zu ihrem Erscheinungszeitpunkt als das pixelgewordene Beispiel für die technische Raffinesse, die mit dem Maker möglich ist. Velsarbor war seiner Zeit voraus und audiovisuell wie auch spielerisch so ausgefeilt, dass es im Makersegment vergeblich seinesgleichen suchte. Es überrascht nicht, dass der Entwickler alsbald ins kommerziele Feld weiterzog und mittlerweile als Teil von RadicalFish Games einer der Hauptverantwortlichen hinter Crosscode ist. Velsarbor ist auch als lange Demo mehr als spielenswert, allein das Intro und die ersten paar Minuten sind cineastisch genug inszeniert, um die eine oder andere Kinnlade zu senken. Damals war Velsarbor verblüffend, heute rechtfertigt es zumindest den einen oder anderen längeren Blick.
Eternal Legends
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Ein Klassiker im eigentlichen Sinne ist Eternal Legends - Anfang der 2000er DAS Fantasy-Rollenspiel der Szene, von epischem Ausmaß und semi-offener Welt, altbewährter, weltenumspannender Handlung um das Schicksal des Universums und einen kleinen Jungen, welcher der Stärkste sein will, ist dieses Spiel technisch und grafisch fürchterlich gealtert. Und die Story ist heutzutage ebensowenig wie die einfachen Charaktere etwas Besonderes. Eternal Legends war ein Juwel seiner Zeit, das heute nicht mehr ganz so strahlt, aber immer noch seine makerhistorische Bedeutung innehat und darüber hinaus - ehrlich gesagt - mit ein paar Kompromissen immer noch ein cooles Fantasy-Rollenspiel darstellt.
Zweiter Teil ist in der Mache, fraglich, ob daraus je eine Vollversion wird.
Dreamland R
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Horrorspiele waren und sind in der Makercommunity keine Seltenheit, viele beschränken sich allerdings auf den Demostatus und noch mehr sind Kurzspiele. Ausgewachsene, durchdachte, wirklich gruselig-verstörende Horrorspiele, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen können, gibt es im Retropixelsegment selten. Dreamland R (Final Mix) ist ein solches Spiel, und meiner Meinung nach auch das mit Abstand Beste. Ersteller TheRealKenji/Judeau machte erst durch die Trash-Slash-Spiele 'Dreamland' von sich reden, setzte sich aber einige Zeit später hin, um aus dem simplen Zombie-Konzept eine komplexe und in Teilen sicherlich prätentiöse, morbide Mysteryhandlung zu stricken, die vom ersten bis zum letzten Bild gut durchdacht ist und neue Standards für das erzählerische Level von Horrorpsielen im Makersegment setzte. Bis heute unerreicht und ohne Konkurrenz.
Mondschein
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Mondschein hat weniger eine makerhistosiche als mehr eine zeitlose Wertigkeit, weil es heute wie damals gut spielbar und empfehlenswert ist. Das eigene Kampfsystem und der extrem schwerige Spagat aus albernem Unfug und bedrückender Scifi-Handlung sorgte für immense Popularität, die bis heute anhält und auch Mondschein als festen Tipp im Makersegment verewigte. Es gibt kaum ein anderes Makerspiel dieser frühen Zeit, das so gut gealtert ist.
Elektra Kingdom
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Das Königreich der Stilmixe - so könnte man dieses Mammutprojekt auch bezeichnen. Kaum ein Makerspiel ist so bunt, so vielfältig, so divers, so chaotisch und so facettenreich wie das Langzeit-Prohekt Elektra Kingdom, das Ersteller Davy Jones seit weit über 10 Jahren in der Entwicklung hat, mittlerweile und seit 2013 bei der vierten und letzten(?) Demo. Elektra Kingdom verband neben seiner optisch unglaublich unterhaltsamen Fassade schon immer ein gut umgesetztes Kampfsystem mit sympathisch-geschriebenen Charakteren, herrlich-durchgeknallten Antagonisten, fetzig-brutaler Splatterhinrichtungen von Gegnern, ikonisch-zusammengestellter Soundtracks und eine spezielle Welt aus Mittelalter und Scifi, die eine spannende Mischung darstellt. Die Handlung ist von ebenso epischem Ausmaß wie das Spiel mit vier oder fünf begehbaren Kontinenten selbst, es gibt mehrere eigener Spielsysteme und um ehrlich zu sein ist Elektra Kingdom vermutlich das letzte, große Makerprojekt der 'alten Tage', auf dessen Vollendung man noch wartet. Wenn es so weit ist, da kann man sich sicher sein, hat die Ruhmeshalle der Makerlegenden einen weiteren Champion. Jetzt schon uneingeschränkte Spielempfehlung.
Switch Alternate: Virus of Ragnarök
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Als modernster Eintrag auf dieser Liste ist Alternate: Virus of Ragnarök das ultimative Crossover zwischen japanischer (Anime-)popkultur und RPG-Maker-Rollenspiel. Außerdem ist es noch heute das, was Velsarbor damals für die Makerszene war, zumindest ist das meine Meinung: Ein Vorzeigewerk und Augenöffner, der klar macht, wie unglaublich viel man mit so einfachen Tools erreichen kann. Mit seinen flüssigen Animationen, zahlreichen Artworks, dem komplett eigenen Karten-Kampfsystem, der reichhaltigen Fantasy-Welt, der vielschichtigen und komplexen Handlung um Götter, Schicksal und das moderne Japan und seiner querreferenzielen Ultimativkombo in jede Richtung ist Alternate für mich das aufwendigste und technisch beeindruckendste Spiel, das die deutsche Makercommunity jemals hervorgebracht hat. Abgesehen davon, dass viele der Artworks auf den Visual Novels von Type Moon entnommen wurden, ist die Grenze zu einem hochwertigen Indiegame kaum noch zu ziehen.
Und das von einem Ersteller, der vorher nur zwei Visual Novels auf dem Maker veröffentlicht hatte - ja, Virus of Ragnarök ist ein dritter Teil, gibt sich aber größte Mühe, mit nachsehbaren Archiven, Zusammenfassungen und Aufarbeitungen auch neue Spieler ins Bild zu setzen. Dennoch merkt man die Natur des Erstellers auch hier noch: Die Dialoge finden im Visual Novel-Stil statt.
Zwar kann eine starke Vorliebe für Japans Popkultur nicht schaden, wenn man dieses Rollenspiel anfässt, doch wird sich angesichts der wahnwitzigen Hochwertigkeit kaum jemand beim Spielen beschweren - auch wenn Alternate leider nicht den Ruhm bekommen hat, den es verdient hätte.
Sternenkind-Saga
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Ganz im Gegenteil zur Sternenkind-Saga, welche sich vor Lorbeeren gar nicht retten konnte. Dieses auf LARPs basierende Monumentalprojekt wurde von einem sehr großen Team fähiger Ersteller in 13 Jahren kontinuierlicher Arbeit zur Vollendung gebracht. Dabei ist die Sternenkind-Saga nichts als ein spielbares Buch, ein gemütlicher Kaminfeuer-Roman, in dem jede Textbox, jede Gegenstandsbeschreibung und jeder Dialog poetische Züge hat und intellektuell fordert. Eine bemerkenswert-einzigartige, liebevoll-ausgestaltete und erinnerungswürdige Fantasy-Welt zur Zeit der Wikinger, eine beispiellose Hochwertigkeit im Bezug auf Grafik, Sound, Gamedesign und Optionalität, die Möglichkeit, eines von vielen Sternzeichen und Schutzgöttern auszuwählen, was den Hauptcharakter so wie das gesamte Spiel jedes Mal bedeutend ändert... Sternenkind-Saga hatte das Potential, nach seinen fantastischen Demos die beste RPG-Maker-Vollversion aller Zeiten zu werden.
Leider trifft all das Gesagte nur auf die vor der Vollversion erschienenen Platin-Demo bzw. deren Content in der Vollversion zu. Dem eifrigen Team ist nach 13 langen Jahren Schweiß und Blut leider die Puste, Zeit und Motivation ausgegangen, so dass der gesamte Vollversion-Content nicht mehr als ein trauriger Schatten des Vorangegangenen und eine Versinnbildlichung von Mittelmäßigkeit darstellt.
Dennoch, wer Literatur liebt und mittelalterlich-verträumte Fantasykost in Spielbuchform wie es sie keinm zweites Mal gibt schätzt, der wird hier ein Abenteuer für mindestens Wochen finden.
Die so genannte Kriegsherren-Edition, die viele der damals angebrachten Kritikpunkte und versäumnisse der Vollversion ausbessern soll, ist nun seit Jahren in Arbeit, und allm,ählich schwindet die Hoffnung, dass diese noch erscheint. Doch wenn es so weit ist, werden wir da sein.
Sunset over Imdahl
Makerpendium.
Dieses Spiel ist kein prägender Klassiker per se, eher ein kleines Liebhaber-Kunstprojekt aus englischen Landen, das vor allem nach seiner deutschen Übersetzung unterliegende Popularität - Vor allem auf lange Sicht - gewann, weil die größtenteils handgezeichnete Optik so sonderlich und zeitlos ist. Sunset over Imdahl ist wirklich schön, und die kleine, einfache Handlung steht dem in Nichts nach.
Und da ist die Liste auch schon zu Ende. Es gibt weitere Titel, die man hier nennen KÖNNTE, und viele weitere Makerspiele, die es wert sind, gesehen zu werden. Wenn es aber darum geht, die signifikantesten Meilensteine der deutschen Makerszene im Zeitraum von 2000 - 2020 festzuhalten, halte ich die Übersicht in ihrer jetzigen Form für einigermaßen potent. Weitere Listen, etwa Genre-Empfehlungen, Geheimtipps oder auch mal englische RPGs werden sicher irgendwann folgen.
Ich hoffe, auch ihr könnt euren Spaß mit der Welt der selbsterstellten Rollenspiele haben.
- Yoraiko
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