Samstag, 10. April 2021

RPG Maker-Review - Grim Memoria (2009) von ~Jack~ - Hochglanzpoliertes Indie-Rollenspiel

 

 
Erstellungsjahr: 2009
Ersteller:
~Jack~
Genre:
Fantasy, Shortgame, Drama
Spielzeit:
Ca. 2 - 4 Stunden
Engine:
RPG Maker 20003
 
 
 
RPG Maker-Spiele sind auch nur eine Kategorie von Pixel-Indiespielen, wie wir sie zum Beispiel auf Steam zu tausenden finden. Die Abspaltung dieser beiden Sammelbegriffe ist meistens durch die Qualität (deutscher) Makerspiele erklärt, welche keinen kommerzielen Hintergrund, kein ganzes Entwicklerteam und somit auch keine augenöffnende Qualität vorweisen können. Es ist das Genre der selbstgemachten Rollenspiele, ein Liebhaber-Medium für Nostalgiefans und Freunde des Pixelsegments. Dann und wann aber verschwimmt diese Grenze zwischen Hobbyprojekt und Professionalität, und stellenweise verschwindet sie gänzlich. Prominente Beispiele dieses Prozesses sind To the Moon, IB, Ara Fell oder die ganzen Youtube-Horror-Hits wie etwa IT MOVES oder Mogeko Castle. Bei solchen auf ganzer Linie überzeugenden Machwerken fragt keiner mehr nach der Engine oder dem Ursprung. 
 
 
~Jack~ war ein deutscher Entwickler der Makerszene, der sich den Übergang in die scheinbare Professionalität zum Ziel fast jedes seiner Projekte gemacht hat - bereits in meinem Review zum besten Maker-Kurzfilm 'Loop' von ihm habe ich herausgestellt, wie eine filmnahe Inszenierung und ein gutes Gespür für eine fesselnde Dramaturgie diesen Prozess beschleunigen können. Auch sein Hauptprojekt Vampire Chronicles 3, das selbst im zuletzt-veröffentlichten Demostatus im Juli 2009 zum technisch und audiovisuell herausragendsten zählte, das die Szene je gesehen hatte, war weit mehr als nur ein Ferienprojekt vom heimischen PC. Hätte VC3 den Status einer Vollversion erreicht, so wäre es zweifellos als eines der bedeutensten Projekten der RPG Maker-Community bekannt geworden. Zu unrecht vergessen ist es leider untergegangen, Jack ist nicht länger in der Szene aktiv und die Welt drehte sich weiter. Hier aber soll es um sein Kurzspiel Grim Memoria gehen, das durchaus fertig geworden ist und die Schwelle zur Massenkompatibilität in meinen Augen ebenso erfolgreich hinter sich lässt - Es ist ein hochpoliertes Indie-Rollenspiel, dem man kaum noch Elemente des Makers anmerkt, und für das man unter anderen Umständen gerne Geld auf Steam ausgeben würde. 

Seid ihr interessiert an einer emotionalen, gut durchdachten Geschichte, welche sich in wenigen Stunden innerhalb einer komplexen Fantasy-Welt entfaltet, so lest an dieser Stelle weiter und findet heraus, warum Grim Memoria noch mehr ist als die Summe seiner hochwertigen Teile. 


Tragödie im ersten Akt
 
 
Die Handlung von Grim Memoria schlängelt sich im bekannten Muster durchs Trope-Unterholz: Ein junger Mann namens Geryon wird in einem Fluss an ein einsames Haus im Wald gespült, in dem die herzensgute Bella lebt, die ihn sogleich rausfischt, gesund pflegt und eine Beziehung zu ihm aufbaut. Geryon erinnert sich an nichts und weiß nicht, was der Zweck seiner Existenz ist, also kann er ja auch gleich bei Bella bleiben. Nur eines scheint sich tief in seinem Unterbewusstsein immer wieder bemerkbar zu machen: Sein Drang, frei zu sein. 
 

Es gelingt Jack im ersten Viertel seines Spiels, in wenigen Szenen, Gameplayabschintten und Dialogen ein wohlschmeckendes, harmonisches Storygericht aufzutischen, bestehend aus sympathischen Charakteren, gewürzt mit einer pikanten Chemie. Genau wie Geryon fühlen wir uns hier, in der Umgebung eines idyllischen Waldes mit liebender Freundin geboren und sicher. Das enttäuschte Stöhnen des Unvermeitlichen bleibt also nicht aus, wenn genau dieses Ideal alsbald von Geryons dunkler Vergangenheit wieder eingerissen wird und er härter als geahnt für seinen Wunsch nach Freiheit kämpfen muss. 

Erzählerisch ist es sicherlich Geschmackssache, welcher Abschnitt von Grim Memoria welchem Spieler am besten gefällt, doch ich schätze die erste Stunde des Spiels immer wieder am meisten, weil sie so positiv und simpel ist. Vielleicht hätte Jack den Umbruch dieses Szenarios noch etwas hinauszögern sollen, denn der Rest der Geschichte verläuft stürmischer und düsterer, aber vielleicht sorgt genau diese erzählweise auch dafür, dass kaum Langweile aufkommt.
 
 
 Spielbar in jeder Lebenslage
 
 
Denn auch das Gameplay von Grim Memoria ist für seine übersichtliche Lauflänge mehr als abwechslungsreich gestaltet: Mal geht ihr für das Abendessen Angeln, mal müsst ihr ein Monster mit Fallen in die Ecke drängen, mal Kräuter im Wald Sammeln und mal euch vor blutrünstigen Dieben in einer Stadt verstecken.
 

Stolpersteine gibt es dabei abgesehen von gelegentlichen Storykämpfen kaum welche, da die ganze Spielerfahrung so auffallend hochglanzpoliert ist - Jede Storysequenz steht genau im richtigen Verhältnis zum nächsten Gameplay-Abschnitt, die Minispiele sind alle selbsterklärend und unkompliziert, das Kampfsystem ist einsteigerfreundlich, die Dialoge präsentieren sich makellos. Grim Memoria ist spielbar in so ziemlich jeder Situation und von jeder Person, die etwas mit RPGs anfangen kann. Oder jeder Person, die eine lebendige, vor Aktivität summende Umgebung schätzt. 


 Triple A-Surround Design
 
 
Sprechen wir vom Worldbuilding und dem Niveau des Leveldesigns in den meisten Pixel-RPGs auf dem Markt, kann Grim Mrmoria problemlos mithalten. Dies ist eines der hübschesten und vorzeigbareten Kurzspiele der Makerszene, denn jedes Gebiet im Spiel wurde offensichtlich mit viel Liebe zum Detail erbaut. Diverse umherschwirrende Tiere, zahlreiche unterschiedliche Pflanzen und vor allem aufwendige, magische Effekte sind es, die einen stellenweise vergessen lassen, dass man für Grim Memoria keinen Cent bezahlt hat. Die Gebiete sind klein und für den zeitlichen Rahmen des Spiels eng abgesteckt, halten aber viel Content bereit. 

Die einzige Stadt im Spiel ist gut designed und mit greifbaren NPCs gefüllt, deren Schicksal einem nicht vollends egal ist. Und vor allem, sobald die Umgebungen... fantasievoller werden, lässt sich kaum ein Unterschied zwischen einem Crosscode, einem Octopath Traveler und einem Grim Memoria sehen.

Das World Building profitiert im Kern von der Implikation, dass dieses Spiel Teil der extrem-komoplexen und vielschichtigen Vampire Chronicles 3-Welt ist. Wer diese kennt, entdeckt hier viele bekannte Elemente, kann bestimmte Ereignisse in einen Kontext setzen und weiß die neuen Perspektiven zu schätzen. Im Gegensatz zum Makerfilm Loop hat Jack hier allerdings nicht den Fehler gemacht, dem Spieler diese Querverbindung mit dem Holzhammer aufzuhalsen und damit alle Personen ohne Vorwissen mit großem Fragezeichen dasitzen zu lassen. Solltet ihr vor Grim Memoria noch nie etwas Anderes von Jack gespielt haben, verschlechtert das euer Erlebnis in keinster Weise, da es bei Implikationen bleibt und die Geschichte für sich steht. 
 

No great Game without Music

 

Der Soundtrack ist unter vielen Leckerbissen in Grim Memoria neben der vorbildlichen Optik die eigentliche Star-Besetzung. Bekommen wir in den Gebieten und in ruhigen Situationen wohlklingende Töne der Unaufdringlichkeit zu hören, untermalt Jack vor allem Kämpfe und dramatische Situationen mit Musikstücken aus Brecher-Marken wie Kingdom Hearts oder Xenosaga. Was urheberrechtlich fragwürdig erscheinen mag, entfaltet in der Praxis aufgrund der mystischen Handlung eine so passende und aufregende Wirkung, dass die Jackspiele zu recht die einzigen bekannteren Makerspiele sind, die solch prominente Stücke erfolgreich einbinden.
 

Am allerbedeutensten aber ist die Leistung zu bewerten, dass Jack es in seinen zwei(!) möglichen Enden von Grim Memoria geschafft hat, tatsächliche Popsongs mit Gesang(!!!!) über die Szenen zu legen, damit die glückliche oder eben bittersüße Atmosphäre bis zum Maximalwert zu untermalen und mir jeweils eine Gänsehaut aufzuzwingen, die mich erstmal sprachlos zurückließ. 

Die beiden Enden von Grim Memoria sind in ihrer Inszenierung und Stimmung mit das beste, das ich vom RPG Maker-Medium kenne. Es besteht keine Notwendigkeit, dieses Spiel überhaupt als RPG Maker-Projekt auszustellen.


No Game is without a sin
 
 
Wohl aber muss auch im Hochlganz erwähnt werden, dass kein Spiel - Weder Indie noch Triple A - ohne Fehler auskommt. Das Kampfsystem von Grim Memoria entspricht dem Standard des 2003er Makers, abgesehen von den fantastischen Gegneranimationen. Zum Steigern des Helden Geryon bekommt der Spieler ein ebenso simples Level-System, das sich aller paar Siege aktiviert. Hier kann man Punkte auf jeweils einen von vier Werten verteilen. Verteilt man jedoch falsch, oder grindet an bestimmten, sehr frühen Storypunkten nicht ein wenig, ergeben sich bestimmte Zwangs-Bosskämpfe als schier unschaffbar. Dies kann eine frustrierende Blockade im sonst so flussähnlichen Spielpacing sein und im schlimmsten Fall sogar zu einem Softlock führen. Wahrscheinlicher aber ist, dass es einem nur etwas Grinding auferlegt oder ein paar Anläufe mehr abverlangt. Die Motivation dazu ist unabdingbar, und durch die interessante Story glücklicherweise auch gegeben. 


Fazit - Der Preis der Freiheit
 
 
Grim Memoria ist grundsätzlich ein hochpoliertes, in fast allen Elementen vorbildliches Indie-Rollenspiel, das in realtiv kurzer Lauflänge eine große Bandbreite von Emotionen anspricht. Aber wie in Jacks Spielen so üblich werden auch tiefergehende Fragen nach dem Sinn der eigenen Existenz, dem Wert von Freiheit und der Unvermeidbarkeit des Schicksals aufgeworfen. Damit muss man sich nicht länger beschäftigen, aber man kann. Leichtherzige Minispiele umwerben einen ebenso wie nahegehende Emotionen, fordernde Kämpfe paaren sich mit ansprechenden Dialogen. 

Grim Memoria ist Makergold und ein Vorzeige-Titel der Vergangenheit, der faltenlos gealtert ist und an einen Ersteller erinnert, der in diesem Medium geglänzt hat, leider aber wohl nicht glücklich war. Aber es ist ja manchmal die Erinnerung, die zählt. 



            9 von 10 Kätzchen für Grim Memoria

-> Feels




-Y

 
 

 

Sonntag, 4. April 2021

RPG Maker-Review - Finstere Träume (2008) von Kelven

 



Erstellungsjahr: 2008
Ersteller:
Kelven
Genre:
Horror, Mystery
Spielzeit:
Ca. 3 Stunden
Engine:
RPG Maker 2000


Kelven hat in den ersten Jahren seiner Makeraktivität einige größere Fantasy-Rollenspiele, aber ebenso klassiche Horrorspiele veröffentlicht, die sich mal mehr mal weniger an den prominentesten Elementen des Genres bedienten. 'Finstere Träume' aus dem Jahre 2008 schien damals auf den ersten und zweiten Blick ein weiterer Vertreter dieser Kelvensparte zu sein, ein stimmiges doch überraschungsarmes Gruselmärchen für zwischendurch im bekömmlichen Retrogewand. Dahinter steckte wesentlich mehr, doch das musste man selbst herausfinden.

Aufgrund der Natur von 'Finstere Träume' ist es buchstäblich unmöglich, ein längeres Review darüber zu verfassen ohne das komplette Erlebnis empfindlich zu spoilern und damit den ersten Spieldurchlauf effektiv zu verderben. Darum gibt es hier in Kürze und Würze das Vorfazit mit dem dringenden Hinweis, dass dieses Werk mehr als die meisten anderen Makerspiele davon lebt nicht gespoilert zu werden und ihr euch, gemäß dem Fall ihr mögt Pixelhorror oder seid gar mit Kelvens Werken vertraut, umweglos heran wagen solltet. Ihr müsst eine Vorliebe für knifflige Rätsel haben, aber mehr Hürden gibt es nicht. Wollt ihr nicht selbst Hand anlegen ist dies ein Spiel, das sich auch sehr gut auf Youtube von einem Lets Player anschauen lässt, im Gegensatz zu den meisten Horrorwerken, die man selbst erleben muss. Und jetzt hört hier bitte auf zu lesen, falls ihr das Spiel nicht durchgespielt habt. Ihr verderbt euch sonst ein hervorragendes Erlebnis. 


Von hier an werde ich also nun offen über Finstere Träume Schreiben und Spoilern. 

 

Es gibt freilich nicht viele Makerspiele in der deutschen Community, die im Kern von einem 'Twist' leben oder in ihrer Story überhaupt welche einsetzen - Und noch weniger gibt es stimmungsvolle Spiele, die plötzlich einfach mal so das Genre wechseln, weder im Pixelsegment noch sonstwo. Wenn wir einen schnellen Blick auf Kelvens damalige Historie werfen - Die Zeit um 2008 herum - sehen wir seine Projekte Deep im Dunkeln, Finstere Träume und Sonnenschauer. Dem Herren war offensichtlich nach Parodie zumute. 


Der Geniestreich, der Kelven mit Finstere Träume meiner Meinung nach gelungen ist war es, ein scheinbares Horrorspiel zu nehmen und es am Ende des ersten Drittels als gänzlich-satirische Parodie auf das Horrorgenre, die eigenen Spiele und diverse bekannte Vertreter zu enthüllen. Wir kennen Beispiele von (Indie-)spielen, die uns zu Anfang eine heile Welt vorgaukeln und sich dann als Horror herausstellen. Doch umgekehrt? Da wird es rarer. Für mich persönlich ist der Twist in 'Finstere Träume' der beste 180°-Turn der ganzen Makerszene, und ich lache heute noch Tränen wenn ich LPern dabei zusehe, wie sie es nicht kommen sehen und dann mental mehr und mehr kollabieren. 


Das wirklich Raffinierte dabei ist, dass die Hinweise darauf sich vorher schon auftürmen, wenn man es denn weiß. Die kleine, großbusige Jessica, die auf all die schrecklichen Ereignisse, die Gewalt und das Verschwinden ihrer Familie mit stumpfer Eiseskälte reagiert? Der selbe, arme Trottel, der als Running-Gag aller paar Minuten von irgendetwas Gefährlichem verschwenderisch-brutal zerfetzt wird? Die pure MASSE von prähistorischen Gruselklischees aus Konsorten wie Silent Hill, Resident Evil oder dem Haunted House-Genre, die hier komplett wahllos auf den Spieler geschmissen werden wie die erste Hälfte eines bestimmten, bekannten Horrorparodie-Films es damals tat? Auch und vor allem seine eigenen Werke lässt Kelven über die Planke gehen, von Aliminator über Desert Nightmare und Calm Falls bishin zu Verlorene Seelen wird alles durch den Kakao gezogen und das mit dem herrlichst-platten Humor der einem im Pixelsegment geboten werden kann. 

 

Das ist nicht selbstverständlich - Kelvens humoristische Parodien sind Hit or Miss. Startet man seine ebenso witzig-gemeinten Werke 'Deep im Dunkeln' oder 'Alex III' wird man nur sehr wenig zu Lachen haben, doch dann eben präsentiert er Spiele wie 'Finstere Träume' oder 'Sonnenschauer' in denen Kelven zeigt, wie fantastisch er stumpftrumpfen Humor umsetzen kann, wenn er denn will. 


'Gewalt ist falsch!'

Ob nun die von den Gewaltpornos ihres großen Bruders abgestumpfte Jessica, der hirn-, doch nicht herzlose Frankensteinverschitt 'Fifi', die erotische Wirkung einer nackten Mutti auf der Folterbank, das ekstasische Kampfsysten, die sich am Ende in haarsträubend-hanebüchener Logik zusammensetzenden Geschichten aller beteiligten Personen oder eben der Twist-Moment - Ganz nebenbei wird da einfach mal die KOMPLETTE Narrative von zwei Weltraumpolizisten eingerissen, nebst euphorischem Heldentheme. Alles in Finstere Träume ist lustig und alles arbeitet hervorragend auf den Twist und schließlich das emotionsgeladene Finale mit den vermutlich besten Credits (Hyperbel, yay!) der deutschen Makerszene hin. Der Wiederspielwehrt ist entsprechend hoch, oder eben die diebische Freude, jemand Ahnungslosem dabei zuzusehen. 



Gruselige Rätsel & Arcadige Kämpfe

Beruhigend und aufreibend zugleich ist die Tatsache, dass Finstere Träume sich nicht auf seinem Twist ausruht - dafür kommt dieser auch viel zu früh, was man durchaus noch etwas hätte hinauszögern können. So aber muss man sich von Anfang bis Ende der Reise durchs Herrenhaus-Labor-Dimensionsvoid mit den typischen Kelvenrätseln außeinandersetzen, das schließt trockene Schieberätsel ebenso wie Zahlencodes und Logikprobleme ein. Manche davon gestalten sich kreativ und unterhaltsam, wiederum andere sind Geduldsproben. Hier und da wird für meinen Geschmack die Frequenz und Komplexität der Rätsel überspannt, was dem humoristischen Charakter und dem Pacing der Handlung schadet, doch wenn man mit der Erwartungshaltung eines Kelven-Horrors den Titlescreen betritt, wird man damit rechnen. 

 

Trotz dem Twist fehlt es 'Finstere Träume' gerade im ersten Drittel nicht an gelungener Atmosphäre und effektiven Jumpcares, was gerade im Releasejahr des Spieles zu Kontroversen führte. Nicht jeder war glücklich über den gefallenen Mantel, nicht jeder begüßte den parodischen Charakter. Viele Spieler trauerten um einen guten Stimmungsaufbau und ein solides Horrorspiel, doch damals wie heute aus der Perspektive des Jahres 2021 übersehen diese Spieler meiner Meinung nach das größere Bild - Finstere Träume hätte ein anständiges Horrorspiel werden können wie Kelvens bis dato existierende Werke, doch durch seinen popkulturellen Rundumschlag gegen sich selbst und alles, was das logikleere und backbillige Horrorgenre gerade im Videospielesegment hervorgebracht hatte, hat es sich in meiner Wahrnehmung einen Platz als das einzige Spiel dieser Art und vermutlich eine der raffiniertesten Ideen mit der urkomischsten Umsetzung überhaupt in diesem Medium in den Maker-Analen gesichert. Es gibt keine vergleichbaren Werke, und auch wenn 'Finstere Träume' durch viele Rätsel und vielleicht eine halbe Stunde zu gestreckter Spielzeit im Mittelteil natürlich kleine Schwachpunkte aufweist, ist dies vermutlich auch jetzt, 13 Jahre später, im Großen und Ganzen noch immer die beste, spielerische Horrorparodie die existiert.

 

Fazit - Dann ist ja alles geklärt.


Als Horrorfan bekommt man von Finstere Träume ein gutes erstes Drittel mit hübschen Effekten und guten Jumpscares. Als Ahnungsloser bekommt man vermutlich die beste Horrorparodie im Pixelspielgenre. Der Humor ist so platt und selbstironisch, dass man sich mindestens ein halbes Dutzend Mal beim Schmunzeln erwischen wird, sei es weil man die parodierten Elemente auch noch aus heutigen Gruselspielen oder Filmen wiedererkennt oder nicht glauben kann, wie stumpf Kelven das noch ins Spiel gezimmert hat. Der Twist ist absolut großartig inszeniert und sorgt für enormen Wiederspielwert, außerdem ist das folgende Kampfsystem ebenso unterhaltsam. Dem gegenüber stehen die vielen Kelvenrätsel, die Geduld und Hirnschmalz verlangen, ebenso wie ein Pacing, das im Mittelteil etwas gestreckt wirkt.

Für mich waren das nur bedeutungslose Kerben auf dem Antliz von etwas Besonderem, und wer dem Gameplay aus dem Weg gehen möchte, der bemüht eben ein LP vom Projekt - Es lohnt sich. Finstere Träume ist etwas Besonderes und es ist Erstaunlich, dass es nicht mehr Parodien dieser Art gibt. Ja, es könnte das lustigste deutsche Makerspiel sein, wäre da nicht Sonnenschauer. So aber ist es immer noch eine bewusst-bescheuerte Überraschungstüte, die sich im Zweifelsfall auch für Maker-Unkundige und Oma Uschi eignet - Die Reaktionen sind Teil des Reizes. 


            8 von 10 Quantenspaltungsdisruptoren für 

Finstere Träume  

-> Yoraiko findet dich genial!


- Y