Sonntag, 13. Dezember 2020

RPG Maker-Review: Unterwegs in Düsterburg (2005) von Grandy - Zeitloser Klassiker


 

In der deutschen Makerszene gibt es zwei große Namen, welche eigenhändig 50 % der Popularität und Bekanntheit der ganzen Indiecommunity in sich vereinen, und zumindest in Sachen Strahlwirkung bis heute quasi unerreicht sind: Vampires Dawn und Unterwegs in Düsterburg. Es sind, von der inhaltlichen Qualität erstmal abgesehen, die Urväter der klassischen Maker-RPGs und waren in den 2000ern der Standard, an dem sich alle ernstzunehmenden Hobbyprojekte messen mussten. Bis heute gibt es auch sehr viele Menschen außerhalb der Szene, denen vor allem Vampires Dawn ein Begriff ist, entweder weil sie es wie viele andere Makerspiele über die Screenfun gespielt haben oder selbst damit groß geworden sind. Nach diesen beiden Riesenmarken kommt lange, lange nichts. Dann kann man 'Kelven' als Ein-Mann-Franchise benennen, und in etwas jüngerer Vergangenheit kam sicherlich, da wird kaum jemand widersprechen, Real Trolls 'Die Reise ins All' hinzu. Beides konnte jedoch selbst in besten Zeiten nicht einmal die Hälfte der öffentlichen Aufmerksamkeit erlangen, welche Vampires Dawn und Unterwegs in Düsterburg zuteil wurde. Unterwegs in Düsterburg, um das es hier gehen soll, liegt dabei selbst weit abgeschlagen hinter Vampires Dawn - Denn Marlex' origineller Vampirkult ist der klanghafte Leuchtturm der Szene und nochmal viel bekannter als Grandys einziges, vollwertiges Spiel Düsterburg. Fast jeder 'Gamer' im Alter von 20 bis 40 wird Vampires Dawn zumindest schon mal gehört haben, das zeigt zumindest auch meine persönliche Erfahrung. Mit 'Unterwegs in Düsterburg' bin ich hingegen nie auf offene Ohren gestoßen.  


Woran liegt das? Warum ist Unterwegs in Düsterburg, obwohl es das deutlich überlegenere Spiel ist, schon immer so weit hinter Vampires Dawn geblieben? Meine Theorien dazu sind, dass die Welt und die Thematik von Düsterburg insgesamt etwas weniger ernst und 'mystisch' als in Vampires Dawn war, und schließlich auch ein so erfolgreicher 2. Teil fehlte, wie Marlex ihn produzierte und der bis heute der Hauptgrund für die gebliebene Popularität seines Franchises darstellt. Nichtsdestotrotz aber ist Unterwegs in Düsterburg, ein Spiel das immerhin auch schon wieder 16 Jahre auf dem Buckel hat, im krassen Gegensatz zum unspielbaren VD1 und zahlreichen anderen angestaubten Makerspielen hervorragend gealtert, trotz der stellenweise rostigen Grafik. Zurückzuführen ist dies vor allem auf das exzellente Gameplay, das mit zum abwechslungsreichsten der Makercommunity und darüber hinaus gehört. Der Ersteller Grandy ist in der Theorie noch aktiv und arbeitet an einem zeitgemäßen Remake seines Projektes, da er familien-, und gesundheitsbedingt jedoch nur sehr, sehr selten etwas von sich hören lässt, ist fraglich, ob und wann dieses Remake erscheint. Unterwegs in Düsterburg aber ist gefällig wie eh und je, und hat eine Welt erschaffen (Das Kaiserreich), die deutlich durchdachter und komplexer ist als Vampires Dawn in beiden Teilen. Nicht zuletzt deswegen wohnt Unterwegs in Düsterburg mehr als vielen anderen Titeln das makertypische 'Kaminfeuer-Roman-Gefühl' inne und wurde von Grandy kultiviert und perfektioniert. 

Bevor ich weiter ins Detail gehe, das Vorfazit für gegebenenfalls kurzangebundene Leser, die wissen wollen, ob sich dieses alte, klassische Vorzeige-Rollenspiel der RPG Maker-Community lohnt:

Unterwegs in Düsterburg ist DAS perfekte, klassische Rollenspiel-Abenteuer in Pixeloptik auf dem RPG Maker mit gutem Balancing, viel Abwechslungsreichtum, hohem literarischen Wert mit starken Texten, unvergesslichem Humor, unheimlich einprägsamen, mögenswerten und charmanten Charakteren, größtenteils durchaus stimmiger Optik, fast perfektem Retro-Soundtrack aus der Creme de lá Creme damaliger JRPG-Rips, einem exzellent-umgesetzten Standard-Kampfsystem, vielen eigenen Zeichnungen im westlichen Comicstil und einer Story, die eine ernsthafte Heldenmission mit Unmengen an stimmigem Kokolores verbindet, der keine Längen aufkommen lässt. Die Spielzeit ist im Vergleich zu ähnlichen (kommerzielen) Rollenspielen übersichtlich, so dass man sich auch nicht zu lange bindet.

Ja, für den Freund des klassischen Pixel-RPGs gibt es kaum einen Grund, Unterwegs in Düsterburg nicht (nochmal) einzuwerfen. Und warum das wirklich so ist, das zeigen uns die folgenden Elemente.



Die Geschichte, die Welt, die Charaktere - Ewige Nacht im Grafentum Falkenburg

Als orientierungsloser Held Grandy erwacht ihr mit verlorenem Gedächtnis mitten im Nirgendwo, bei euch nur eure Kleidung und euer treuer Hund Julie. Ohne rechte Ahnung, was euch hierhin gebracht hat, erkundet ihr die umliegenden Wälder und trefft bald schon auf den in ärmlichen Verhältnissen lebenden Dankwart Denkelbrack, der sich euch kurze Zeit später als der wahre Herzog des Herzogtums Falkenburg vorstellt - Und er berichtet euch, wie der niederträchtige Vampir Wahnfried ihm vor 20 Jahren nicht nur die Gemahlin, sondern auch das gesamte Herzogtum entwendet und dieses kurzerhand mit Magie in ein Reich der permanenten Dunkelheit verwandelt und ins wenig-kreative 'Düsterburg' umbenannt hat. Derartig inspiriert ist es fortan eure und Grandys Queste, den blutsaugenden Emporkömmling vom Thron zu stoßen und Dankwart als rechtmäßigen Herzog wieder einzusetzen. Dabei unterstützen euch Charaktere wie Grandys Gemahlin Libra, die ebenfalls ihr Gedächtnis verloren hat, oder Lanzalatin, der schon seit langem das Kommen einen Helden in seinen Träumen sah. 

 

Es ist ein äußerst klassischer Plot in bekannten Akten, der hier serviert wird, doch es sind die Gewürze und Beilagen, die ihn so köstlich machen. Neben der im Vordergrund stehenden Heldenreise zum Schlosse Düsterburg spielen viele Themen wie Familie, Zeitmanipulation, die Auswirkungen von 20 Jahren Finsternis auf Umwelt und Bevölkerung, das ewige Leben, Wissenschaft im Mittelalter, die Vergangenheit von Grandy und Libra und schließlich sogar das Raum-Zeit-Kontinuum(!!) eine wichtige Rolle. Es gibt einige gelungene, inhaltliche Twists und gerade in einem späteren, dramaturgischen Höhepunkt eine Wendung, die man so garantiert nicht kommen sieht. Die Handlung und deren Aufbau ist inmitten des extrem-variablen Spiels (Dazu unter Gameplay mehr) äußerst vielseitig und abwechslungsreich aufgebaut, so dass ihr von Düsterburg wirklich nicht die erzählerische Monotonität eines kratzenden JRPGs erwarten dürft - Hier wird aller paar Minuten ein neues Element oder ein neues Genre reingebracht. So ist UiD zwar hauptsächlich RPG-Adventure, doch es ist genau so sehr auch immer eine niveauvolle Komödie, ab und an ein Mystery-Thriller, und stellenweise sogar gänsehauterregender Horror.

Wenn man die Nase voll hat vom Regelbuch der Heldenreisen, in dem sich die Seiten 'Sequenz, Grinding, Städtchen, Sequenz, Grinding, Bosskampf, Sequenz, ...' stetig wiederholen, so wird man hier angenehm überrascht sein, wie vielseitig sich eine so scheinbar einseitige Geschichte doch gestalten lässt.

 Das spiegelt sich auch in den Charakteren wieder -

 

Grandy ist deswegen ein so ikonischer Makerheld in der Community, weil er so wunderbar ehrlich ist - Ein einfach-gestrickter Haudrauff mit begrenztem Auffassungsvermögen, der jedoch auch in jedem Moment dazu steht, dass er lieber zuhaut als nachzudenken und zu keinem Zeitpunkt in die platte Klischeekiste barbarischer Muskelberg-Machos hinabfällt. Seine Unbeholfenheit und Trotteligkeit ist Hauptlieferant für die urkomischen Gags und Memes innerhalb der Dialoge, und das spielt sich weniger erwartbar ab als man glaubt. Er ist in seiner Authenzitiät sympathisch, weit mehr als irgendein VD-Charakter es je hätte sein können.


Dankwart Denkelbrack ist der Archetype des alten Gelehrten, den wir etwa auch in 'Die Reise ins All' in Form von Professor Heisen finden, er ist für alle Fakten, für alles Wissenschaftliche und sämtliche zu erklärenden Mysterien im Spiel zuständig, er bildet die Autorität und den roten Faden in der Handlung und ist für mich persönlich der markanteste und stärkste Charakter aus Unterwegs in Düsterburg. Sein väterliches Auftreten so wie seine schelmische Freude im Wechselspiel zu Grandys Einfachheit geben ihm unheimliche Tiefe und zahlreiche herzerwärmende Momente. Seine Dialoge wurden stets mit einer Sorgfalt und Eloquenz geschrieben, dass man ihm wirklich immer gerne zuhört. 

 

Der Rest vom Cast, das betrifft leider auch Hauptcharaktere wie Libra oder ihren Bruder, verblasst dagegen leider deutlich und fällt gegenüber den beiden Säulen Grandy und Dankwart ab. Libra ist die strenge, aber herzensgute Gemahlin, welche den tumben Grandy oftmals zurechtweist und als emotionales und intellektuelles Bindeglied zwischen ihm und Dankwart fungiert, Libras Bruder, welcher erst etwas später hinzustößt, hat der Gesamtkonstellation nur wenig hinzuzufügen und bleibt bis zum Ende vergleichsweise blass.

Das merkt man gerade in seinen ersten Spieldurchläufen jedoch kaum, einfach weil das Writing so gelungen und die Gruppendynamik der Heldenpartie so organisch ist, dass ein, zwei schwächere Glieder gar nicht mehr groß ins Gewicht fallen. 

 

Auf der Antagonistenseite gibt es abgesehen vom großen, bösen Vampirlord Wahnfried niemanden, was seine Präsenz und Wichtigkeit innerhalb der Handlung, obwohl er natürlich erst am Ende auftaucht, verstärkt und forciert. Zu Wahnfried ist zu sagen, dass er leider eines der schwächeren Elemente von Unterwegs in Düsterburg darstellt, weil seine Persönlichkeit einfältig und ideenlos ist - Er ist BÖSE. Nicht mehr und nicht weniger, und das, obwohl durchaus Hintergründe für seine Motivation angedeutet werden. Wahnfried aber ist so vollkommen und unrettbar böse und diabolisch, dass dies hier bereits schon wieder als ganz eigener Charakterzug ausgespielt und wirklich unterhaltsam inszeniert wird. Es ist kein nerviger und sicherlich kein blasser Antagonist. 


Das Gameplay - Tausend Wege führen nach Düsterburg

Es gibt viele besondere Elemente, die Unterwegs in Düsterburg von den meisten alten und vielen neuen Spielen unterscheidet, aber das in meinen Augen wichtigste Merkmal und der bedeutenste Kern dieses Spiels ist die epische Optionalität beziehungsweise Varianz der Welt. Entscheidungen in Videospielen sind eher oft als selten ein scheinheiliges Puppentheater, doch anders als bei Telltale, Life is Strange, Heavy Rain oder Until Dawn könnt ihr hier WIRKLICH Entscheidungen treffen, die allesamt spürbare und signifikante Konsrquenzen für eure Umwelt, wichtige Ereignisse und die Art, wie NPCs mit euch umgehen, nach sich ziehen. Fast jede kleine Aktion und jeder Dialog im Spiel verändert Variablen, welche sich manchmal bis zum Ende der Geschichte auswirken.  Es gibt für die meisten Haupt-, und Nebenquests mehrere mögliche Lösungen mit verschiedenen Auswirkungen, zahlreiche nicht absehbare Konsequenzen für eure Taten, ganze Hauptcharaktere oder Gebiete sind optional, viele Gegner kann man zu Verbündeten machen statt sie zu ermorden, es gibt mehrere Wege aus einer Stadt oder in ein Schloss hinein. Durch all das gestaltet sich das Gameplay UNGLAUBLICH variabel, und das endet nicht bei den Entscheidungen. 

Denn Unterwegs in Düsterburg bietet seinem Spieler wie schon angedeutet Wagenladungen voll Abwechslung - Wir haben die klassischen Adventureparts mit abzuschlachtenden Monstern und Wahnfrieds Spießgesellen, aber auch viele zugängliche Rätsel, Geschicklichkeitsspiele, dürfen in die Haut von Puschelhäschen schlüpfen, dürfen mehrmals Detektiv spielen, bekommen kreative Minispiele wie Schildkrötenrennen oder Boxen vorgesetzt. Und als wäre das nicht genug gibt es - und hier kann ich nicht genauer spezifizieren welche Art, weil ALLE Bereiche betroffen sind - so unglaublich viele Geheimnisse zu entdecken, dass man selbst nach dem zehnten Spieldurchlauf(!!) noch Neues findet.

 

Man wird als Spieler wunschlos glücklich eingedeckt mit gut-durchdachtem, abwechslungsreichen Gameplay. Keinen Platz hingegen gibt es in Unterwegs in Düsterburg für nerviges Levelgrinding. Ich meine, ihr könnt, wenn ihr wollt - Das Kampfsystem mit vielen eigenen Grafiken und tollen Animationen macht Spaß - aber das Spiel zwingt euch zu keiner Stelle, auch nur einen Kampf auf euch zu nehmen, der nichts zur Handlung beiträgt. Das Maximallevel erreicht ihr auch so. Hier einer der wichtigsten Unterschiede zum ideenlosen Vampires Dawn. 

 

Um das bunte Fantasie-Mosaik der Makerszene inhaltlich abzurunden, finden diverse literarische, historische oder makerbekannte Gastrollen ihren Weg ins Spiel, von Prominenten wie Frankensteins Monster oder Vampires Dawns Asgar über H.P. Lovecrafts 'Von Junzt' bishin zu damaligen Communitymitgliedern, die hier als stimmige NPCs installiert wurden. Vieles davon ist auch etwas besser versteckt, also haltet die Augen offen!

 


Es werde Licht - Der letzte Akt

Verhältnismäßig kontrovers angesehen wird unter den Spielern der letzte Akt - Königsberg. Dieses Kapitel war ursprünglich nicht von Ersteller Grandy eingeplant, kam in der Vollversion dann aber doch hinzu, als Kollege Marlex ihn darauf hinweis, dass das Spiel sonst im Vergleich zur Demo nicht lang genug sei. Gedankt seis ihm, denn Königsberg ist als chronologisch letzter Abschnitt auch die schönste Umgebung im Spiel, an der man gerade im Vergleich zum Startgebiet hervorragend Grandys gesammelte Erfahrung sehen kann - Häuser, Natur, Innenräume - alles glänzt vor farbenprächtigem Retrocharme. Ebenso wird einem hier nochmal das weitgefächertste Gameplay mit dem größten Facettenreichtum im Spiel geboten, nicht zu vergessen ein Tag-Nacht-System, das vorher keine Rolle spielte. Die NPCs sind noch lebendiger und interessanter als zuvor, für sich gesehen ist Königsberg also die Perle des Projektes. Problematiscgerweise lässt sich jedoch kaum verschleiern, dass es überhaupt nicht zum Rest des Spiels passt und sich für manch einen wie ein gänzlich anderes Spiel anfühlt. Außerdem leidet Königsberg darunter, dass man storybedingt darin eingesperrt und sehr eingeschränkt in seiner Handlungsweise ist, wozu sich noch Zeitdruck und festgesetzte Tage die automatisch ablaufen gesellen. Last but not best gibt es für die nun gereifte und potente Heldenparty kaum noch Gegner und Kämpfe, dafür aber viel zu viel Geld und Heilmittel. Das Balancing hat in Königsberg leider den buchstäblichen Hafen verlassen, aber das sind alles in allem Tropfen auf sehr schönem Retrostein. 

Das spannende und treibende Finale schließlich ist einer der epischsten Climaxe im Makermedium, mit fantastischer Dramaturgie, perfekt-gewählter Musik, effektiv-vermittelter Panik und einer schweißtreibenden Kampfabgfolge. Auch hier macht man jedoch das spürbare Zugeständnis, dass die Gegner, allen voran der finale Boss, viel, viel zu einfach sind und den übermächtigen Helden kaum noch etwas entgegenzusetzen haben. Aber das reißt die Inszenierung raus, die das Finale eher zur glorifizierten Filmsequenz erhebt.


Enttäuschend und ernüchternd hingegen fällt dann das kurze und uninspirierte Ende aus, das einen kaum belohnt für die auf sich genommenen Mühen, einem die Möglichkeit verwährt das befreite Falkenburg bei Tag zu erkunden und auch sonst die Konsequenz vermissen lässt, welche Marlex in Vampires Dawn I und II etwa durch multiple Enden umgesetzt hat. Ein New Game+ gibt es auch nicht, wobei sich das gerade hier doch so sehr angeboten hätte, und so kann man Unterwegs in Düsterburg möglicherweise ankreiden, dass es in seinen letzten Atemzügen merklich schwächelt. 

Es ist jedoch meine Überzeugung, dass ihr - nachdem ihr diese Reise durchgemacht habt - darüber hinwegsehen und im Großen und Ganzen zufrieden sein werdet.

 

Erwähnenswert sind noch die Weltenbauprojekte - Eine Reihe von im Kaiserreich von Unterwegs in Düsterburg spielenden Fan-Makerspielen, welche die von Grandy erdachte Welt erweitern und füllen sollten. Viel ist daraus leider nicht geworden, doch es zeigt, welche Komplexität und Inspirationskraft dem Setting innewohnt.



Fazit

Unterwegs in Düsterburg ist unter den Titanen der deutschen Makercommunity nur die ewig-zweite Geige -> Unverdient! Denn im Gegensatz zum unbekömmlichen Vampires Dawn und unzeitgemäßen Vampires Dawn II ist es exzellent gealtert und auch heute noch ein erzählerischer Brecher, der danach schreit, als Roman umgesetzt zu werden. Schwächen zeigen sich vor allem in der vielerorts eingerosteten Grafik und einigen aus der Mode gekommenen Designentscheidungen, doch diese gehen in Ideenreichtum, Abwechslungsfülle, einer beispiellos-variablen Spielwelt und überraschend-vielschichtig geschriebenen Herzmensch-Charakteren unter. Die Spielzeit besitzt keine epischen Ausmaße, was die Spielerfahrung zusammen mit dem nonexistenten Grindingzwang und der Möglichkeit das Spiel wenn man möchte mit alternativen Lösungen in der Hälfte der Zeit durchzuspielen noch zugänglicher macht. Genre-Ausflüge in fürchterlich-effektiven Horror sind ebenso vertreten wie goldene Comedy-Momente. Die Detailverliebtheit und Entwicklerfreude zeigt sich nicht nur in den unzähligen Geheimnissen, sondern auch in den ausnahmlos interessanten NPCs und den ansprechenden Comicartworks und Zwischensequenzen. Die Story hält für den geduldigen Spieler eine überraschende Tiefe bereit, die auch vor emotionalen Hochschlägen nicht zurückschreckt. 

Unterwegs in Düsterburg wird von nicht wenigen Spielern als das beste deutsche RPG Maker-Spiel aller Zeiten eingestuft, und gemessen an der Summe seiner Teile und dem Jahr, in dem es erschien, ist das eine Einschätzung, die ihr ernst nehmen solltet - Dieses Projekt hier ist die Referenz für den RPG Maker. Wollt ihr nur ein Rollenspiel spielen, spielt dieses. Ihr müsst gerne lesen, natürlich, aber was ihr lest, ist spannend und unterhaltsam. 




9 von 10 Postkutschenstationen für Unterwegs in Düsterburg
-> Yoraiko hat nie aufgehört, dich zu lieben!

 




- Yoraiko






 




Sonntag, 6. Dezember 2020

RPG Maker-Review: Vampires Dawn 2 Ancient Blood (2005) - Repititiver Open World-Klassiker

 


Erstellungsjahr: 2005
Ersteller: Marlex
Genre: Fantasy, Mystery, Adventure, Open World
Spielzeit: Ca. 40 Stunden

Engine: RPG Maker 2003
Offizieler Trailer: KLICK


Obwohl das 2001 erschienene Vampires Dawn: Reign of Blood bis heute als einer der Urbegründer der Popularität der deutschen RPG-Maker-Szene gilt und noch immer gerne von Nostalgikern gespielt wird, war es der 2005 erschienene zweite Teil, welcher Vampires Dawn als Marke eine eigene Identität, eine übergreifende Welt und längerwährende Popularität sicherte. Es ist Vampires Dawn 2, das die meisten Identifikationspunkte der Marke in sich vereint und letztendlich dafür gesorgt hat, dass aktuell endlich der dritte Vampires Dawn-Ableger in den Startlöchern steht. Vampires Dawn 2 sollte damals nicht Nachfolger, sondern Franchise-Flagschiff werden, was sich auch durch die in so gut wie allen Punkten gesteigerte Qualität zum Erstling niederschlug. Im Gegensatz zum 2020 beinahe unspielbar-veralteten VD1 ist VD2: Ancient Blood außerdem solide gealtert und trotz vieler repititiver, kruder Elemente noch immer eine grundsätzliche Empfehlung, und das auch als Einstieg in die Marke ohne Vorwissen.  

 

Zwar ist der Wiederspielwert aufgrund der alles in allem hanebüchenen Story und dem uninspirierten Gameplay deutlich niedriger als bei ähnlichen Makergrößen wie Mondschein, Unterwegs in Düsterburg oder Feuer um Mitternacht... doch einen Spieldurchlauf hat Ancient Blood definitiv verdient, mit vielen auf dem Maker einzigartigen Features und unterhaltsamen Ideen.


Seid ihr heutzutage auf der Suche nach einem Makerspiel-Klassiker, der optisch, musikalisch und storytechnisch immer noch grundsolide gealtert ist und als Vorzeigewerk der damaligen Sprünge in der Messlatte von Spielen herhalten kann, könnte VD2 etwas für euch sein: Das Gameplay ist im Mittelteil zäh, Konzepte wie das Verwandeln von Menschen in Vampire, das Erobern von Schlössern mit Armeen oder das Beeinflussen eurer Menschlichkeit sind jedoch Stärken, die ihr so nur in Vampires Dawn findet. 



Ancient Bloods Handlung & Welt - TITEL

Die Geschichte von Vampires Dawn I war zu Anfang atmosphärisch und dicht, rutschte aber noch im ersten Drittel in einen losen, roten Faden von zusammenhängenden Events ab, die selbst mit viel Nächstenliebe nur bedingt als Story bezeichnet werden konnten. Während Vampires Dawn II hier in eine ähnliche Richtung marschiert ist - Extrem viel Story zu Anfang, dann ein paar lose Events, und schließlich das Ende - wirkt das ganze deutlich stimmiger und kohärenter, weil die Welt sich so lebendig anfühlt.

Die Welt von Vampires Dawn 1 war, bedingt durch die lieblos-gestalteten Städte & Gebiete, die Isolation der Heldengruppe und den frustrierenden Schwierigkeitsgrad, eine lebensfeindliche und kalte Angelegenheit. Wohl hat man sich da nirgendwo so wirklich gefühlt, und darunter litt auch die Story. Die Welt von Vampires Dawn 2 ist bunter, lebendiger, größer, komplexer und viel besser durchdacht. 

 

In VD1 war die Welt nicht mehr als loses Mittelalter, hier in Vampires Dawn II jedoch hat Marlex eine Fantasy-Welt erdacht, die vor allem von den Fraktionen der bösartigen Elrasmagier, dem Clan der Heiligen Krieger und eben Vampiren beherrscht wird. Auch Dämonen, Werwölfe, Söldner und Pharaonen spielen wichtige Rollen, so dass insgesamt einfach viel mehr passiert und zu erzählen ist. 

 

Vampires Dawn 2 folgt direkt dem wahren Ende des ersten Teils, in dem Valnars und Alaines vampirisch-adoptierte Tochter Jayna vom wiederbelebten Vampir Asgar verdorben und dazu gebracht wird, ihre Zwangseltern zu verraten. Dabei befreit Asgar versehentlich einen uralten Elras-Schattengeist, der seinen Körper übernimmt und einen längst vergessenen Plan in die Wege leitet, in dem er die gesamte Welt mit einem mächtigen Zauber in den Zustand von vor tausenden Jahren zurückversetzt - Die Zeit der neun Schlösser des Heiligen Clans und der neun Bruchstücke der Elrastafel, welche den sadistischen Schwarzmagiern zusammengesetzt unendliche Macht bescheren würde.

Valnar, Asgar und Alaine müssen sich einmal mehr zusammentun, um beiden Fraktionen die Stirn zu bieten und in ihre alte Welt zurückkehren zu können...  


Wie gesagt gibt es in VD2 viele Fraktionen, relevante Charaktere und Rassen. Der Clan der Heiligen Krieger etwa wird vor allem für den in VD2 neuen, menschlichen Semi-Hauptcharakter Nyria Erys relevant, welche den Weltenwandel überlebt hat und sich dem Clan als Kriegerin anschließt, ehe sie auf ihre Schwester Jayna trifft, die mittlerweile von Asgars Elrasgeist besessen ist. Der Heilige Clan ist eine recht generische Polizei-Fraktion in dieser mittelalterlichen Welt, die mit wenigen, signifikanten Charakteren und noch weniger Einfluss auf die Story leider eher blass bleibt und somit eine vertane Chance darstellt - Das gilt im übrigen auch für den Charakter Nyria ansich, aber dazu weiter unten mehr. 

Auch die bösen Elrasmagier, die in VD1 keine Rolle gespielt haben, werden hier als sinistre Bedrohung aufgebaut und nach und nach beleuchtet, bleiben im Endeffekt aber leider BÖSE, BÖSE BÖSEWICHTE, DIE BÖSE LACHEN UND DIE WELTHERRSCHAFT WOLLEN - und nicht mehr. Pinkie & Brain hatten da mehr Charakter. 


Die Story ist, das hat Marlex einmal selbst erzählt, genau wie in VD1 nicht von Anfang an in allen Details geplant - Stattdessen hat er ein Ereignis abgeschlossen, sich überlegt wie er jetzt weitermachen möchte und seine Geschichte somit während dem Schreiben entwickelt. Das merkt man an vielen Stellen, hauptsächlich an der sackgroßen Hülle und Fülle an Logikfehlern und Ungereimtheiten innerhalb der übergreifenden Geschichte, aber es ist DENNOCH beeindruckend, wie Marlex hier mit viel Zurechtbiegen und Geschick quasi aus dem Nichts eine solide Fantasywelt mit vielen ineinandergreifenden Konzepten aus dem Boden gestampft und diese in vielen Aspekten mit seinen Vampiren aus dem ersten Teil verknüpft hat - Auf Weisen, die man wirklich nicht kommen sieht. Neben dem grßen Startbatzen von Story wird man an einem losen Faden durch mehrere Events geführt, die leider regelmäßig hinter Levelsperren oder ähnlichen Plotmauern verborgen sind.

Im letzten Akt der Handlung warten einige coole Twists und eine der längsten Climax-Szenen im Makermedium auf euch, die insgesamt eine stimmige Dramaturgie und sogar leichte Spannung mitbringt.


Auch Vampires Dawn 2 bringt sechs verschiedene Enden mit, welche davon abhängen, ob ihr ein GUTER oder ein BÖSER Vampir wart und auf welchem der drei Schwerigkeitsgrade ihr spielt. Wer jetzt vermutet, dass das den Wiederspielwert erhöht, irrt, denn die einzige Änderung sind eben diese Enden. Die Anzusehen lohnt sich aber, denn Marlex hat im Gegensatz zu den sechs Enden des Vorgängers eine ordentliche Schippe in punkto Dramaturgie, Inszenierung und schwarzem Humor draufgelegt, so dass einige Konklusionen des zweiten Teils nicht nur überraschend, sondern auch unerwartet-befriedigend ausssehen.

Als letzten Punkt spreche ich hier die herausragende Questrückschau vor der letzten Szene des Spiels an, in der ihr zu treibender Musik die Ausgänge all euren Tuns in den Nebenquests der Welt beobachten könnt - Quests erfüllt, nicht erfüllt? Auftraggeber getötet, betrogen? Es macht Spaß, hier rückblickend das Gefühl vermittelt zu bekommen, man hätte etwas verändert. 




Die Charaktere - 'Ihr seht ganz schön blass aus.'

Vampires Dawn war nie eine Marke, die von ihren Charakteren gelebt hat - Weil Marlex bei allem Respekt nicht gut darin war, sie zu schreiben und zum Leben zu erwecken. Das zeigte sich 2019 mit der Demo von VD3 schmerzhafter als je zuvor. Die meisten Charaktere sind platte Klischees, wie etwa der gutherzige und kantenlose Krieger Valnar oder die moralische Hochinstanz Alaine, welche im gesamten Spiel einzig und allein dafür zuständig ist, Valnar und Asgar zu rügen und Anstand zu repräsentieren. Asgar hingegen ist nicht umsonst das Maskottchen des Franchises, denn er ist der einzige von Marlex Charakteren, der mit seiner kompromisslosen Selbstüberschätzung, dem rabenschwarzem Humor und seiner kultivierten Brutalität tatsächlich auch als eigenständiger, unterhaltsamer Charakter angesehen werden darf, der aller fünf Minuten einen vulgären Spruch auf den Lippen trägt. Erst mit Vampires Dawn 2 wuchs er zu wahrer Größe an, aber der Rest vom Cast? Blass. 

 

Nyria Erys, der menschliche Hauptcharakter den Marlex in VD2 versucht hat zu etablieren, wirkt am Anfang interessant, ist jedoch nur unwesentlich mehr als die 'toughe, unabhängige Kriegerin die niemanden braucht.' Es hilft nicht, dass man um sie zu spielen und ihre Geschichte zu verfolgen am Anfang des Spiels immer wieder die Perspektive von den Vampiren weg wechselt, mit denen man doch nun endlich gerne mal losspielen würde. Hat man ihre Abschnitte abgeschlossen verschwindet Nyria bis zum Ende der Geschichte im Nichts und trägt dann auch rein gar nichts mehr zur Handlung bei - Für mich der vermutlich größte Makel an Ancient Blood, auch wenn Marlex nun in VD3 wieder probiert, Nyria prominenter zu etablieren. 

 

Jinnai ist ein interessanter Intrigant, Pharao Ustra eine mysteriöse dritte Partei, die Elras wie gesagt so langweilig wie sie nur sein können, die wenigen relevanten Charaktere des Heiligen Clans hat man ebenfalls nach zwei Minuten durchschaut und sonst ist da nicht viel. Ronak, Asgars tollpatschiger Stiermensch, ist wieder mit dabei und liebenswert wie eh und je. Potentiell-interessante Charaktere wie die Hexerin Alyda oder ein Seelenfresser werden schlichtweg ignoriert oder verheizt. 


Die Charaktere haben einen großen Sprung im Vergleich zum Erstling gemacht, keine Frage, aber das hat wohl eher mit dem allgemein gestiegenem Niveau von VD2 zu tun. Abgesehen von Alaine geht einem niemand auf die Nerven, aber man darf eben auch keine Charakterentwicklungen erwarten.



Gameplay - Open Fetchquest

Vampires Dawn 2 ist bis heute das einzige, vollwertige Open World-Spiel der deutschen RPG Maker-Szene. Das war damals ein dickes Ding, lockt aber heute auch niemanden mehr hinterm Ofen hervor, weil in der VD2-Welt ohnehin fast alles hinter Bedingungen versteckt ist - Erobere erst die Stadt, erobere erst das Schloss, gehe erst hierhin, gehe nicht über los, ziehe keine 3000 Filar ein. 


Eine der größten Einstiegshürden ebenso wie der prominenteste Grund gegen einen zweiten Durchlauf dürfte die Tatsache sein, dass das Intro bzw. der Weg zur Open World sich in VD2 je nach Auslegung fünf bis zehn Stunden(!!!) hinzieht. In diesen Stunden passiert die Story, wird die Welt zusammen mit den neuen Charakteren etabliert und immer wieder die Perspektive gewechselt. Das Gute ist, dass einem das beim ersten Spieldurchgang kaum auffällt.


Habt ihr die Open World erreicht, besteht das Gameplay vor allem aus einem sich neunmal wiederholenden Kreislauf - Truppen sammeln, Schloss erobern, Schlüssel für die Schlosskeller finden, Grinden, Schlosskeller durchqueren, Bruchstück finden. In diesem Kreislauf ist wenig Varianz und das ist das größte Manko an Vampires Dawn 2. Das Burgenkampfsystem ist aufwendig animiert und es macht eine Weile lang Spaß, dabei zuzusehen, wie sich Vampire, Elras und Clan in Stücke sprengen, aber Gameplay existiert hier leider nicht, man kann nur Abwarten. Die verschiedenen Einheiten wie Söldner, Vampirkrieger, Werwolf usw. haben alle verschiedene Werte, letztendlich benutzt man oftmals aber ohnehin nur gekaufte Söldner, weil diese im Gegensatz zu den Vampiren unendlich oft vorhanden sind unds man seine wenigen Vampire nicht verheizen möchte. Ärgerlich ist, dass die beiden Fraktionen Elras und Clan sich natürlich nicht gegenseitig angreifen, sondern nur die Burgen des Spielers, weil das Script dafür vermutlich zu aufwendig war.

Innerhalb der Städte bzw. mit menschlichen NPCs steht euch ein Ringmenü mit folgenden Optionen zur Verfügung: Blutsaugen, um eure Magiepunkte aufzufrischen, Umwandeln, um den Mensch in einen Gegenstand zu wandeln, Ansprechen, Gedankenlesen und natürlich Verwandeln - Das Schaffen von Vampiren macht Spaß, das Sammeln von Truppen war damals auf dem Maker ein echtes Novum und ist es ehrlich gesagt bis heute, vor allem da ihr eure verwandelten Truppen auch in die Prty aufnewhmen oder in euren eroberten Schlössern ansprechen könnt. Der Wehrmutstropfen war, dass es in der Welt von Vampires Dawn 2 immer viel zu wenige verwandelbare NPCs gab, so dass es kaum möglich war, alle neun Schlösser zu besetzen geschweige denn die wenigen Vampire in den Schlachten einzusetzen ohne diese sofort zu verlieren.  

 

Die vielen Nebenquests in Städten und anderen Orten sind ebenfalls deutlich gelungener als in Vampires Dawn 1, nicht zuletzt wegen dem hübschen Questlog, dennoch bleiben sie meist simpel. Hier bekommt man gute Erfahrungspunkte, jedoch natürlich nicht genug, um nicht ständig Grinden zu müssen.


Dann ist da noch das Foltersystem, mit dem ihr in schlachten gefangene Feinde gefügig hebeln könnt. Das ist eine süße, kleine Abwechslung, die zwar nicht übermäßig komplex, aber auf jeden Fall unterhaltsam ist. 

Die überall in der Welt versteckten Geheimnisse, von denen es 1250 gibt, befinden sich in Regalen, Schränken oder Fässern. Dies erzwingt das ikonisch-berüchtigte 'VD2-Entern', bei dem man in jedem Haus alles andrücken muss, um Geheimnisse zu entdecken. Eine aus heutiger Sicht reichlich alberne und schon immer nervige Mechanik.


Der Menschlichkeitswert, der sich etwa mit dem Erfüllen von Quests, Töten&Verwandeln von NPCs oder Lügen verändert, ist eine gute Idee, die aber leider abgesehen von den sechs Enden so gut wie nichts beeinflusst und deswegen auch überflüßig wirkt.


Das Kampfsystem ist sicherlich Geschmackssache, aber die aufwendig-animierten Kampfgrafiken von VD2-Künstler DAmore gehören in meinen Augen mit zu dem Besten auf dem Maker 2003 und machen auch heute noch was her. Mir hat das Kämpfen immer Spaß bereitet, das Zauberlernsystem ist ebenso wie das Skillsystem gelungen und kein Vergleich zur rauchenden Ruine von VD1. 

 

Zuletzt ist das Füllen von Asgars Schloss als Basis mit nützlichen NPCs und Geräten aus aller welt eine spaßige Nebenangelegenheit, auch wenn viele offensichtliche Funktionen wie ein Heil-, oder Waffenhändler vergessen wurde.

Die Overworld plagt einen noch immer mit Random Encountern, in den Gebieten wurden diese aber Marlex sei Dank durch sichtbare Gegner ersetzt.



Optik & Welt:

Die Open World von Vampires Dawn 2 ist massiv. Es gibt zahlreiche versteckte Orte, was leider wie auch in VD1 wieder dahingehend ungünstig ist, dass man diese niemals alle finden wird, ohne jeden Millimeter der Karte abzusuchen, und das mit Random Encountern. 


Das Mapping und Design von Vampires Dawn 2 war ein Riesensprung zu Vampires Dawn und auch heute noch sehr gutes Mittelmaß, aufwendige Schilder, Menüs und Einblendungen verstärken einen semi-professionellen Eindruck. Die neun Schlösser sind trotz vorkommender Dopplungen sehr verschieden und teilweise (Ardos) gelungene Augenweiden, die neun Städte haben ebenso Alleinstellungscharakter und bieten neben zahlreichen Inhalten jeweils eine ganz eigene Atmosphäre. Außerdem gibt es tolle Details wie etwa eine versteckte Weihnachtsstadt oder Ruinenstädte aus der Welt von VD1. 

Asgars Schloss als Basis ist noch immer recht unübersichtlich und viel zu aufgeblasen für den wenigen Inhalt, muss sich jedoch keinen Vergleich mehr mit der konfusen, kafkaesken Ganghölle des Erstlings gefallen lassen. Zusammen mit dem Flug-, und Teleportzauber der Helden eine gelungene Basis.


Es gibt viele abwechslungsreiche Dungeons, darunter Vulkane, Wüstentempel, Pyramiden, Schiffe, Sümpfe, Eisfelder, Höhlen... eine gesonderte Erwähnung verdient der Elras-Enddungeon, der gerade zum Schluss einige raffinierte Designelemente beinhaltet und sich insgesamt sehr 'anstrengend' und 'intensiv' anfühlt. 

Die Musik von Vampires Dawn 2 nutzt ähnlich wie Vampires Dawn 1 eine breite Mischung aus kommerzielen Midis, alten JRPGTönen und vereinzelten, eigenen Kompositionen. Diese musikalische Untermalung funktioniert insgesamt gut, weitaus besser als bei anderen Makerspielen dieser Zeit. Marlex bewies hier, dass gut geklaut manchmal eben doch schlecht gemacht schlägt.



Fazit

Vampires Dawn 2 ist insgesamt ein noch immer anständig-gealtertes Flaggschiff für das gerade in der Generation 20+ noch immer äußerst beliebte VD-Franchise. Alles war höher, weiter, bunter, aufwendiger als im ersten Teil und so kann man immer noch mit VD2 einsteigen, etwa um sich auf VD3 vorzubereiten, für das man definitiv Vorkenntnisse benötigt. Natürlich hat Vampires Dawn 2 auch große Schwächen wie das neunfach-repititive Gameplay, das endlose Eposintro, der omnipräsente Grindingzwang oder die nichtssagenden Charaktere. Das alles geht aber erstaunlich wohlgefällig in der Masse von Features, Möglichkeiten und coolen Überraschungen unter. Vampires Dawn 2 ist für euch als kostenloser Klassiker zu empfehlen, wenn ihr Zeit mitbringt oder euch nicht scheut, den in Asgars Schloss versteckten CHEATBAUM zu nutzen. Vielleicht wäre ja ein Lets Play ein Weg für euch, das ganze Grinding auszulassen? 


Zuletzt noch eine unvermeidbare Empfehlung in eigener Sache: Zusammen mit einem kleinen Team habe ich in etwa zwei Jahren Arbeit unter Zustimmung von Marlex ein Remake von Vampires Dawn 2 angefertigt, welches nicht nur annähernd alle oben angesprochenen Schwächen ausmerzt, sondern auch mit 300 % mehr Content aufwartet, Story und Charaktere fast vollständig verändert und alles im Spiel etwas mehr an heutige Standards anpasst. Ihr findet dieses Remake hier im offizielen Vampires Dawn Forum: https://www.vampiresdawn.org/forum/viewtopic.php?f=24&t=40624


Für das originale Vampires Dawn 2 jedoch würde ich aus heutiger Sicht folgende Punktzahl vergeben: 



  6 von 10 Bannsteine für Vampires Dawn 2: Ancient Blood




- Yoraiko