Samstag, 17. Juli 2021

RPG-Maker-Review - Vampires Dawn-Parodien Vampires Deaf & Vampires Dawn 2: Was wirklich geschah

 


RPG-Maker-Parodiespiele sind beinahe so alt wie das Medium selbst - Als fanbetriebenes Entwicklertool wurden damit gerade in den Kinderschuhzeiten der Community damals in den 2000ern oftmals unfreiwillig-komische oder auf ihre eigene Art und Weise schrullige Rollenspiele erstellt, welche häufig an Final Fantasy und Konsorten erinnern sollten. Und ebenso wie Final Fantasy hat auch der RPG Maker in dieser Zeit seine ganz eigenen Tropes, Klischees, Stereotypen und wiederkehrenden Elemente kultiviert, über die sich die popkultrell-geprägte Spielerschaft natürlich im Klaren war - Selbstironische Parodiespiele waren da nur der logische nächste Schritt.

Als größte und erfolgreichste Marke der deutschen RPG Maker-Bewegung zog natürlich auch Vampires Dawn einige dieser Pixel-Kabarettisten an, als eine Marke die in ihrer bluternsten Erzählung derartig viel Stoff für spöttische Neuinterpretationen bot, dass sie auch über feste Parodien hinaus immer wieder in Spielen dieses Mediums auf die Schippe genommen wurde. Unter so mancher Trashgame-Veräppelung wie etwa Vampires Peal verbarg sich aber auch mal die eine oder andere Lacher-Perle, und zwei davon möchte ich hier kurz vorstellen: Vampires Deaf und Vampires Dawn 2: Was Wirklich geschah, die beiden relevanten Vampires Dawn-Parodien.

Zwar gibt es allerhand allgemeine RPG-Maker-Genreparodien (Beispiele dafür wären Quest for Whatever I + 2, Rpg Maker Cutscenes, Sonnenschauer, Ritter on the Run, ...) doch diese Spiele beschäftigten sich beide recht explizit mit der Vampires Dawn-Marke, auch wenn sie das auf sehr unterschiedliche Wege taten. 


Vampires Dawn 2: Was wirklich geschah von Jander


Der 2. Teil von Marlex' Vampir-Trilogie bot 2005 unbestritten die stärkere Geschichte und interessantere Welt als sein Erstling, und so verwunderte es nicht, dass eben diese Geschichte am ehesten auf die Schippe genommen wurde. VD2: WWG ist ein selbstablaufender Parodie-Film, bei dem man nur Textboxen weiterzudrücken hat, der explizit und ausschließlich für Kenner der Vorlage funktioniert. Chronologisch werden intensive Szenen des Originals hier durch den blutfreien Kakao gezogen und ins Absurde verdreht, etwas das für Neulinge schlichtweg keinen Mehrwert bietet weil sie den Kontext nicht kennen - Aber das ist bei Parodien ja oft der Fall. 

Insgesamt kann ich VD2: WWG aus heutiger Sicht kein gutes Zeugnis mehr ausstellen, weil die Situations-, und Dialog-Komik über weite Strecken recht platt und pointenlos daherkommt und selbst für eingefleischte Fans des Franchises wenig unerwartete Ulks verborgen sind. Vor allem wenn Jander die Wortwitze weglässt und einfach absurde Szenen animiert, ist dann aber doch mal ein Lacher drin.

Das Spiel teilt sich auf 2 verschiedene Ordner auf, was nicht nur vollkommen unnötig, sondern am Ende auch der traurigste Witze am Projekt ist: Die 2.Hälfte wurde nie vollendet, so dass das Spiel dann einfach mit der Nachricht 'Ich hab keine Zeit mehr zum Makern, ciao' endet. Danke Jander, für die Erinnerung der Vergänglichkeit dieses Mediums. 

Für VD-Fans der ersten Reihe, an denen dieses Schmankerl vorbeiging, ist es für die 1-2 Stunden dennoch einen Blick wert. 


Vampires Deaf von !Zero! 


 

Der eigentliche Star ist Vampires Deaf. Auch dieses Spiel teilt sich unnötigerweise in 2 Hälften auf, die jedoch beide überzeugen können. Vampires Deaf widmet sich zwar Vampires Dawn, dazu kommen aber gleich nochmal zwei andere Maker-Größen der damaligen deutschsprachigen Community, Unterwegs in Düsterburg und Dreamland. Derartig gestärkt mit der Dreifaltigkeit der Nostalgie parodiert sich Vampires Deaf munter durch die verschiedensten Makerwelten, inkludiert dabei immer mal wieder weitere bekannte Titel und schafft es obendrein auch noch, eine irgendwie ganz eigene, absurde Atmosphäre und Handlung aufzuziehen. Auch Vampires Deaf ist ein selbstablaufender Film, und obwohl eine Option für automatische Textboxen wünschenswert gewesen wäre, ist der Humor hier stärker als in VD2: WWG oder vielen ähnlichen Parodien. Größtenteils natürlich infantil, aber für Makerkenner regelmäßig mit gelungenen Gags garniert. Außerdem ruscht es nie zu sehr ins Vulgäre, was immer respektabel ist. 

Obwohl diese Parodie irgendwie ihre ganz eigene, verrückte Welt auf die Beine stellt, besitzt die Handlung wenig-überraschend kaum einen roten Faden, so dass die Hauptcharaktere nur durch wahllose Zufälle immer wieder übereinanderstolpern - Ein durchaus amüsantes Konzept, das im Großen und Ganzen auch aufgeht.

Optisch bietet diese kleine, alte Parodie so viel mehr als man erwarten würde, es gibt viele nette Schauplätze, darunter einige wirklich einprägsame Orte, und zahlreiche liebevolle Animationen und eigene Pixelkunstwerke. Der Eindruck vom Spiel ist im Rahmen des Genres hochwertig, auch mit dem bemühten Hauptmenü.

Die Musik enthält viele popige Midis aus kommerzielen Quellen wie damaligen Musikcharts, vor allem das Stück Californication ist für mich ikonisch mit Vampires Deaf verbunden und DAS Theme dieses Spiels.

Mit 'Deleted Scenes' und im Maker versteckten Entwicklernotizen gab es dann sogar noch ein paar belohnende Extras oben drauf. 

So ist Vampires Deaf zurückblickend eine gelungene Parodie, die einen angenehmen Spagat aus akzeptablem Humor, toller Kulisse und ulkiger Atmosphäre vollbracht hat - Für 90 bis 120 Minuten Spielzeit. Für Makerkundige eigentlich ein Muss.



Persönlich würde ich VD2: WWG heutzutage mit 4 von 10 und Vampires Deaf mit 6 von 10 Punkten bewerten, aber darum geht es gar nicht so sehr: Es sind kleine, selbstgemachte Franchise-Parodien, die vor allem damaligen und heutigen VD-Fans immer noch Freude bereiten können, und das - sei es nun 2002 oder 2021 - ist in jedem Fall immer der Kerngedanke des RPG-Makers gewesen.

Ich bedanke mich, dass ihr dieses kleine Review verfolgt habt, hoffe ihr habt eure Freude mit den Spielen und werde sicherlich bald auch mal die allgemeinen Parodien des Mediums adressieren.


Bis dahin!


- Yoraiko