Donnerstag, 25. Juni 2020

Ersteindruck - Vampires Dawn Reborn Techdemo (RPG Maker)






Die RPG Makerspiele Vampires Dawn und Vampires Dawn 2, die in den frühesten Jahren der deutschen RPG-Maker-Szene von Alexander 'Marlex' Koch erstellt wurden, zählen bis heute zu den großen Königsklassikern und Mitbegründern der Bewegung. Unter anderem durch ihre Veröffentlichungen in der Zeitschrift Bravo Screenfun verschafften sie dem Makertool für einige Jahre eine schwindelerregende Bekanntheit. Während beide Spiele als Klassiker anerkannt sind, rümpft man heute eher die Nase über das veraltete Gameplay und die eingerosteten Mechaniken. 

 
Vampires Dawn 2 ist gemeinhin etwas besser gealtert als Teil1, und wurde vor einigen Jahren von mir selbst in einem opulenten und extensiven Remake grunderneuert und in ein im wesentlichen neues Spiel verwandelt. Dies passiert nun auch mit Vampires Dawn 1, auf eine noch sauberere, frischere und aufwendigere Art und Weise. Das Projekt 'Vampires Dawn: Reborn' von Kirimoar soll das hoffnungslos in die Jahre gekommene VD1, welches aus aktueller Sicht unspielbar ist, auf den Stand der Zeit heben und neue Spieler ansprechen. Ich habe mir die bisher veröffentlichte Techdemo von 30 Minuten Spielzeitlänge angesehen, um ein Gefühl für das Projekt zu bekommen. 





Alt vs. neu
Vampires Dawn leidet aus heutiger Sicht vor allem an folgenden Gameplay-Fossilien:
Unerträgliche Random Encounter auf der Welt und in jedem Gebiet, eine extrem lose und beliebige Handlung, permanenter Grinding-Zwang, ein gängelndes Tag-Nacht-System so wie fragwürdiges Balancing. Aber auch die Grafik ist unter aktuellen Gesichtspunkten selbst Nostalgikern schwer zu verkaufen. 

 
All diese Schatten der Vergangenheit möchte Kirimoar mit Neuzeit-Frische und viel Blingbling austreiben, so dass die Grafik vollkommen neu erstellt ist und die ganze Enginge mit dem modernen RPG Maker MV einige Vorteile dem alten 2000er gegenüber aufweist. Die Features klingen vielversprechend. 

 
Für alle potentiell-interessierten Spieler sage ich an dieser Stelle, dass die Demo Spaß macht, einen validen Ersteindruck bietet und eure 30 Minuten Zeit wert sind. Wenn ihr Vampires Dawn oder Vampire im allgemeinen mögt, hier ist der Link zur Vorstellung:
https://rpgmaker-mv.de/forum/thread/828-vampires-dawn-reborn/
Nun aber zur eigentlichen Techdemo und dem eher kleinteiligen Feedback für den Entwickler. Reden wir zuerst über das Offensichtlichste, das angesprochene, neue Design.



Von Killer zu KiKa

Das Design von VD war mit dem Titlescreen, den Charakterportraits und den Grafiken vor allem zweckmäßig. Zu seiner Zeit reichte das aber, um schaurige Atmosphäre zu kreieren. Mit Kirimoars Hochglanzfassade für VD: Reborn gibt es das nicht mehr, da wird sich um einen astreinen AAA-Eindruck bemüht. Während das 'verstaubte' 2000er VD mit seinem zusammengewürfelten Gruselstil aber zumindest einen gewissen Charme auf mich ausübte, empfinde ich das neue Design als zwar deutlich stimmiger und hochwertiger, aber auch als handzahmer. Der Titlescreen ist effektvoll zusammengesetzt, will aber nicht die selbe, düstere Abgesangs-Stimmung aufkommen lassen wie der des Originals - das mag aber auch nur Kenner dessen betreffen. Stattdessen wirkt er beinahe verspielt, und weckt bei mir irgendwie Assoziationen von KiKa und wie dieser Sender Vampire präsentieren würde. Mona der Vampir lässt grüßen. 

 
Das setzt sich für mich fort - und da komme ich zu einer sehr subjektiven Kritik - wenn ich mir das neue Design von Antagonist Abraxas ansehe, der in dieser Demo seinen ikonischen Auftritt absolviert. Der Abraxas in Vampires Dawn damals war durch sein ausdrucksloses Gesicht in seiner Darstellung beschränkt, wirkte aber gerade dadurch wie ein unnahbarer, geheimnisvoller und 'mächtiger' Charakter. Für mich macht das das Wesen dieses Charakters aus, diese kühle Arroganz.

Der neue Abraxas aus Reborn, mit seinen comichaften Augenringen und seinem unheimlich bösen Lachen wirkt wie eine Karikatur aus... nun ja, einem Vampircartoon. Wenn ich diesen Charakter sehe weiß ich, das ist ein Bösewicht den ich irgendwann vermöbeln werde. Diese Gedanken hatte ich im Original nicht, auch nicht als ich älter war. Aber das wird reine Geschmackssache sein.


Ansonsten ist es schade, dass Valnar wie im Original immer noch eine Zukunftsvision hat, die überhaupt keinen Sinn ergibt, auch wenn diese hier deutlich eleganter gelöst wurde.



Draw me like one of your dead girls 
Abgesehen von diesen kleinen Schnitzern ist das Redesign tadellos - Valnar und Aysha passt das neue Gewand wunderbar, die Umgebungen sind stimmiger, atmosphärischer, zeitgemäßer. Regen und Gewittereffekte sind genau wie passende Sounds, etwa Ayshas oder Valnars Schrei oder schließende Türen, ein Gewinn für das Spielgefühl.

 
Die Musik ist grundsätzlich eine unheimliche Verbesserung den geklauten Midis von dazumal gegenüber und lassen VD: Reborn weniger wie ein Makerspiel als viel mehr wie ein gutes Indiespiel erscheinen. Kritisch anzumerken ist, dass sie manchmal noch nicht passend eingesetzt wird, wie ich finde. Die Szene von Ayshas Entführung etwa wird begleitet von epischer Aufbruchsmusik. Außerdem ist die hochwertig-orchestrale Musik stellenweise fast schon zu dominant über dem eher leisen Geschehen wie einer regnerischen Nacht. 

 
Definitiv beeindruckend und als mein Highlight dieser Techdemo empfinde ich die endgültige Vernichtung von  Aysha durch Abraxas. Im Original war dies eine billig verarbeitete Blutszene, hier in Reborn aber zeigt Kirimoar seine Animationsmuskeln und präsentiert eine grausige Abfolge, die regelrecht weh tut. Kinky. 


Das neue Kampfsystem kann natürlich nur eine Verbesserung dem Original gegenüber sein, und die Animationen sind hübsch und vielversprechend, die Musik sehr treibend. Einen unanimierten Gegner über den Bildschirm zu bewegen ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber das ändert sich später ja vielleicht auch noch. 


Zuguterletzt ist es überaus schade, dass es dem Ersteller und dem Betatester nicht möglich war, selbst diese kurze Techdemo bugfrei zu gestalten bzw. ein reibungsloses Durchspielen zu ermöglichen. Gleich zu Anfang geriet ich automatisch in einen Bug, der mir das Weiterspielen unmöglich machte, eine Antwort auf mein Hilfegesuch im Thread blieb aus. Ich löste das dann über ein Walkthrough-Video auf Youtube, und das ist ja auch nur eine Techdemo, aber schade, nichtsdestotrotz. 




Fazit - Wir dürfen gespannt sein
Zwar wird Vampires Dawn: Reborn in diesem Stil sicher nicht wie das Original ein düsteres Gruseladventure werden, aber der neue Hochglanz-Stil macht definitiv Lust auf mehr, es ist ja auch nicht schlecht, sich vom Original zu unterscheiden. Die Umgebungen wirken lebendiger, das Kampfsystem zeitgemäßer, als es im veralteten VD1 der Fall sein könnte. 


Wenn Kirimoar noch an den etwas groben Details seiner Präsentation arbeitet, wird man hier vermutlich einen würdigen, weiteren Eintrag des VD-universe bekommen.




- Yoraiko





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