Dienstag, 7. Juli 2020

Die deutsche RPG-Maker-Szene - Was ist das?






Die (deutsche) RPG-Maker-Szene ist seit den 90ern, vor allem aber den frühen 2000ern, eine der kleinsten Spieleschmiede-Nischen des Interners, die vor etwa 15 Jahren in den 2000ern eine kurze, aufregende Hochzeit genoss, welche allerdings mit jedem Jahr weiter abebbte. Jetzt, im Jahre 2020, ist zumindest die deutsche Community quasi-tot. Es gibt noch ein paar sehr wenige, große Entwickler, die mit dem Makertool arbeiten und ein paar letzte Projekte, die seit +-10 Jahren in Entwicklung sind, und dann wird es das auch allmählich gewesen sein. 

 
Was aber ist diese deutsche RPG-Maker-Szene überhaupt, was ist das besondere an diesem Retrotool und was hat es mit den zahlreichen, sehenswerten Makerspielen auf sich, die gerade heutzutage noch vor Furries, Pen & Paper und Sadomaso die wohl größte Nische des Internets darstellen, aber eigentlich so viel mehr Aufmerksamkeit verdienen? Nicht umsonst habe ich auf Denkbloggade die Kategorie RPG-Maker-Reviews. Lest hier zusammengefasst, was der RPG-Maker eigentlich ist, und warum die Spiele von damals nicht nur etwas für Nostalgiker sind. 



Vorab-Info:
Falls ihr einem professionellen, knackigen Video zu diesem Thema, das breitgefächerter und informativer an die sache herangeht, mehr zugetan seid als einem sperrigen Text, so empfehle ich euch hier wärmstens das Video vom Youtubekanal Blakebox: 


Es mag obskur erscheinen, dass ich hier einfach auf meinem Artikel faul auf ein Video verlinke, doch geht es hier nicht um Selbstdarstellung, sondern um Aufklärung. Ich habe Blake um Erlaubnis gebeten und kann nur betonen, dass sein Video vermutlich die bessere Zusammenfassung der Thematik bietet, wie ich sie nicht liefern könnte. Was ich liefern kann, ist eine persönliche Perspektive.






Inhaltsverzeichnis

1. Der RPG Maker
2. Die deutsche RPG Maker-Community
3. Vampires Dawn und die Bravo Screenfun
4. Der Abstieg
5. Die RPG Maker-Spiele - noch immer eine Empfehlung
6. Spielen oder Let's Play schauen?
7. Wo man sie herbekommt
8. Die internationale Community
9. Schlusswort





1. Der RPG-Maker - Ein Baukasten-Tool für Final Fantasy-Klone

Der RPG-Maker ist grundsätzlich ein ab den 80ern von ASCII/Enterbrain entwickeltes, simples Baukastentool zum Erstellen eigener Pixelspiele, das Anfang der 2000er durch den russichen Programmierer 'Don Miguel' als RPG Maker 2000 ins Englische übersetzt und somit einer breiteren Zielgruppe zugänglich gemacht wurde. Mit diesem RPG-Maker war und ist es ohne jegliche Programmierkenntnisse möglich, eigene Retro/-Pixelspiele zu kreieren. Ursprünglich war das Tool für simple Final Fantasy-Klone und Ähnliches gedacht, die internationale Community hat das in den 2000ern aber bereits immer weiter ad absurdum geführt, hat Horrorspiele genau wie aufwendige Action-Adventures oder sogar Visual Novels(!) am heimischen PC realisiert. 


Das Besondere war, dass der RPG-Maker so unheimlich barrierelos ist - Sein Baukasten-Aufbau ermöglichte es wirklich jedem Teenager und Hobby-Entwickler, sich eine eigene Geschichte zusammenzuklicken, Visionen umzusetzen und mit Gleichgesinnten Spiele auszutauschen. Die RPG-Maker 2000 und 2003, die noch in den 2000er Jahren in ihrer illegal-übersetzten und publizierten Version verboten wurden, so dass diese heute fast nirgendwo mehr (kostenlos) zu bekommen sind, dominierten für lange Zeit die Spiele-Entwicklung in der deutschen Maker-Community. Später kamen Nachfolger-Versionen wie der XP, Ace oder MV raus, welche deutlich weitere Möglichkeiten und Optionen boten, für viele mit ihrer 'moderneren' Grafik aber nicht mehr so viel mit dem Retro-Grundgedanken zu tun hatten und deswegen zunächst Nische blieben. 


Aktuell ist es in der im Sterben inbegriffenen deutschen Szene umgekehrt, die neueren, legalen und zeitgemäßen Versionen werden rege genutzt, von 2000/20003er-Spielen hört man kaum noch etwas. 


Auch ich habe wenig für die 'neueren' Maker und deren Projekte übrig, sondern schwelge in Nostalgie ob der Hochphase der 2000er, in denen viele extrem unbekannte Hobbyprojekte umgesetzt und veröffentlicht wurden, die man noch heute spielen kann. Bevor wir einen genaueren Blick auf diese Projekte werfen, verliere ich noch ein paar Worte über die Community. 




2. Die deutsche RPG-Maker-Community 


Ich werde hier weniger über die sozialen Aspekte der Community sprechen, da dies eine sehr subjektive Erzählung wäre, die auch gar nicht so viel zur Sache tut. Grundsätzlich gab es damals in meiner Wahrnehmung zwei große Anlaufstellen: 


Das heute noch existente, wenn auch scheintote RPG-Atelier als zentralle Sammelstelle deutscher Entwickler und Spieler und das entwas kleinere, 'schmutzigere' und verrufene RPG Maker-Quartier, welches vor wenigen Wochen nach jahrelanger Inaktivität endgültig vom Netz gegangen ist. Zum Quartier kann ich nicht viel mehr sagen, da ich dort nie selbst aktiv war, das RPG Atelier aber hat dereinst auf seiner Hauptseite alle von Fans entwickelten Makerspiele zum kostenlosen Download angeboten. Dann gab und gibt es noch das Forum, in denen die Spielevorstellungen, aber auch Gesprächsthread, Game Design-Diskussionen oder Entwicklungshilfen stattfanden. All das war eine sehr kleine Nische, bis ein nicht so kleines Internetwunder passierte.  





3. Vampires Dawn, die Bravo Screenfun und die Computerbild Spiele

Wenn ihr zuvor noch nie etwas über den RPG-Maker gehört habt, aber um die 20 - 40 Jahre alt seid, ist die Wahrscheinlichkeit dennoch groß, dass ihr schon mal 'Vampires Dawn' gehört habt. Zusammen mit dem etwas abgeschlagenen 'Unterwegs in Düsterburg' ist es das bekannteste deutsche Makerspiel, und das kommt nicht von ungefähr.  Zwar ist das Spiel nicht gut gealtert und aus heutiger Sicht fast unspielbar, damals aber bot es der noch jungen, deutschen Community eine ansprechende Erzählung, hochwertig-geklaute Musik, Spannung und eine für die Makercommunity bis heute so gut wie nonexistente Open World. Mit diesen Bestandteilen erreichte Entwickler Alexander 'Marlex' Koch bald Kultstatus, und das bemerkten auch die großen Magazine.



2002 nahmen sich die Computerbild Spiel und die Bravo Screenfun, beides sehr namhafte Spielemagazine ihrer zeit, ungefragt den kostenlosen Download von Vampires Dawn undp ackten das Spiel auf ihre CD. Beschwert hat sich Marlex nicht, denn der folgende, wasserstoffbombenartige Explosionsradius von Aufmerksamkeit und neuen Spielern so wie Entwicklern, die in den Wochen, Monaten und Jahren darauf das RPG-Atelier und andere Anlaufstellen fluteten, gilt bis heute als die Spitze der Bewegung. In dieser Zeit, so heißt es, wären mehr als 10.000 junge Menschen mit und um den Maker aktiv gewesen, es war eine beispiellose Hochzeit, die zwar nicht ewig hielt, der ganzen Nische aber einen Boost verschuf, der sich bis heute bemerkbar machte. Weitere RPG-Maker-Spiele folgten auf den beiden dreisten aber unbestreitbar bekannten Magazinen, unter anderem die Projekte von Großmaker-Mogul Kelven, Unterwegs in Düsterburg, Eternal Legends und und und, auch ich kam so zum ersten Mal mit dem Maker in Berührung - Mein allererstes Spiel war Eternal Legends von Square. 



Der immense Erfolg des RPG-Ateliers und des Makers um diese Zeit herum erklärte sich nicht nur durch die stetig steigende Bekanntheit durch weitreichende Veröffentlichungen - denkt zurück. Es waren die frühen 2000er, in denen das Internet noch in den Kinderschuhen steckte und omnipräsente Informationen über alles und jedes noch nicht breitflächig gestreut wurden. Keine Reviews, kein Youtube, keine Spieltests. Nur die gute, alte Spielezeitschrift. Wir hatten nichts, wussten nicht was wir spielen sollten und hatten nicht das Geld, uns viele der wenigen guten, kommerzielen Titel zu leisten. 


Und dann war da das RPG-Atelier, ein Tor zu buchstäblich hunderten, kostenlosen Spielen zum sofortigen Download, die nur darauf warteten, von uns verschlungen zu werden. Waren diese meisten dieser Hobbyprojekte gut? Nein, die einfache und anspruchslose Natur des Makers merkte man vielen seiner schludrig-hingespuckten Spiele auch an. Störte uns das? Nein, wir waren anspruchslos, denn wir wussten es doch nicht besser. Wir konnten nicht nur endlos spielen, wir konnten unsere eigenen Spiele erschaffen. Umsonst. Und sie auf einer belebten Communityplattform teilen. Das RPG-Atelier war Steam, bevor Steam es war. 


Doch wie die Zeit und auch das Internet voranschritt, kamen die Probleme.






4. Der Abstieg - Eine Tragödie in mehreren Akten

Die heutige Community ist fast tot, zumindest in Deutschland, und zählt vielleicht noch einige dutzend nennenswerter Entwickler. Wie aber konnte es dazu kommen? Das ist eine Chimäre mit vielen Köpfen.

Zunächst: Die RPG-Makerspiele, insbesondere der 2000er und 2003er, nutzten größtenteils illegal gerippte Ressourcen. Das war damals in 90 % der Spiele der tenor, vom großen unterwegs in Düsterburg bishin zum kleinen Butterbäcker-RPG. Alle Ressourcen wie Grafiken, Musik, Sounds geklaut aus kommerzielen Projekten wie Final Fantasy, Chrono Trigger oder anderen OST-RPGs. Das störte damals niemanden, denn es war ja eine kleine Fanspiel-Community, aber unter anderem darum konnte man die damit entwickelten Projekte in keiner Weise vertreiben, was sicherlich mit dazu führte, dass viele, viele Hobbyentwickler den Aufwand einer Vollversion unterschätzten und irgendwann die Flinte ins Korn warfen - mit einer schrumpfenden Community und keinem möglichen gewinn lohnten sich hunderte Stunden Arbeit nicht mehr. Darum gibt es unheimlich viele Demos im Makerspektrum, aber ungleich wenigere Vollversionen.

Das Ressourcenproblem wurde für das RPG-Atelier Ende der 2000er zum ersten Nagel im Sarg, da die auf der Hauptseite angeboteten Makerspiele immer noch der Hauptgrund für einen einigermaßen regelmäßigen Besucherstrom führte, von denen dann viele ins Forum fanden. Aufgrund ihrer Zusamensetzung stellten diese Spiele allerdings eine rechtliche Grauzone dar. Zwar interessierte sich niemand wirklich für diese angebotenen, kostenlosen Retrospiele, und rechtliche Konsequenzen waren für die Seitenbetreiber nicht zu erwarten, doch nachdem ein einzelner User, der dem Atelier feindlich gesinnt war, eine Abmahnung wegen der angebotenen Downloads ins Aussicht stellte, entschied sich das RPG-Atelier dazu, sämtliche angebotenen Spiele permanent zu entfernen, um kein Risiko einzugehen. Ein fataler Schritt und beispielloser Einschnitt in die Aktivität und bekanntheit der deutschen Community, welcher sich vermutlich ähnlich schädlich auswirkte wie der nach dem ScreenfunBravo-Hype abklingende Strom neuer Gesichter. Neugierige Spieler blieben aus, weniger User fanden das Forum, der Sterbeprozess begann.

Kurze Zeit später organisierten Benutzer des RPG-Ateliers innerhalb des Forums mehrere eigene, privat-organisierte Spiele-Download-Listen, welchen zwar die Strahlkraft der Hauptseite fehlte, die aber immer noch viele wiederkehrende User und Neulinge ins Forum lockte, und manche zum bleiben animierte.

Bis das RPG-Atelier einige Jahre später in seiner unendlichen Weisheit auch diese Downloadlisten samt und sonders entfernte und vom Netz nahm, ebenso wie es Downloads aus Spielevorstellungen entfernte, so dass die Letzte, atelierinterne Anlaufstelle für Spieledownloads verschwand, und mit ihr jeglicher Grund für Interessierte, das Forum zu besuchen.





 Der Anime-Maker-Hybrid Switch Alternate: Virus of Ragnarök 


Zwar ist das rein-theoretische und äußerst unrealistische Risiko, dem sich die Seitenbetreiber nicht aussetzen wollten, verständlich, doch kann man auch jetzt, rückblickend, noch die Frage stellen, ob es das wirklich wert war, das eigene Todesurteil zu unterschreiben - RPG-Maker-Spiele mit komplett selberstellten Ressourcen waren ungleich aufwendiger zu produzieren.

Die Auswirkungen dieser Einschnitte zeigten sich schnell, die ohnehin seit Jahren zurückgehende Aktivität verschwand fast über Nacht gänzlich aus dem Forum, Neulinge wurden zu einer Seltenheit, und die zunehmend elitäre und in Teilen toxische, kleine Inselcommunity des Forums tat ihren Rest, um viele angestammte User und Entwickler zu vergraulen und Neulinge draußen zu halten.

Dass das Atelier demzufolge jetzt, 2020, mehr als tot ist und nur noch auf sehr wenige, leuchtfackel-ähnliche Entwickler und Projekte baut, und sich eingestehen muss, dass es den eigenen Niedergang entscheidend nitzuverantworten hat, möge man bewerten, wie man möchte. Es ist tragisch, aber nicht unverdient.

Erschwerend hinzu für diese Umstände kommt die Tatsache, dass es heutzutage deutlich weniger Gründe gibt, ein Makerspiel überhaupt anzufassen - durch Contributions-Plattformen wie Steam, Videoportale wie Youtube oder den gesamten Rest des Internets sind wir permanent VOLLKOMMEN ÜBERFÜLLT mit Angeboten, Spielen, Filmen und (kostenlosem) Content, der um unsere Zeit ringt. Damals waren RPG-Makerspiele die wundersame, kostenlose Alternative zur drohenden Langeweile. Heute sind sie eine Nische der Vergangenheit, die allein mit den tausenden Pixelindiespielen nicht mehr mithalten können. Vor allem Nostalgiker treibt es zu den deutschen Makerspielen jener goldenen Tage zurück, und ein solcher bin auch ich.

Aber der Wert von Makerspielen beschränkt sich nicht auf schnöde Nostalgie, nein.


   




5. Die RPG-Maker-Spiele - Noch immer eine  Existenzberechtigung

Ich erwähnte, dass der RPG-Maker im Grundgedanke ein Baukasten zum Erstellen von Rollenspiel-Klonen der damaligen SNES-Zeit war. Allgemein ist es also so, dass Fans und gebliebene Freunde dieser alten Retrop-Klassiker ebenso wie Fans von Pixelspielen und Oldschool-2D-RPGs im Makerfundus von damals und heute immer noch fündig werden können.

Da man das Tool allerdings auch schon immer für medium-atypische Genrespiele wie Horror, Sci-fi oder Comedy benutzt hat, finden sich auch für Neueinsteiger bestimmte Juwelen, die gut gealtert sind. Unterstützend zu diesem Beitrag habe ich hier eine Übersicht der für mich signifikantesten (Nicht Besten!) Makerspiele erstellt.



Mal abgesehen von dem nostalgisch-trashigen Charme, der den meisten nur so mittelguten, deutschen Makerspielen aus heutiger Sicht anhaftet und sie spielenswert macht, setzte sich der Hauptreiz dieser Spiele aus guten Stories und toller Inszenierung zusammen. Makerspiele funktionieren in 99 % der verfügbaren Titel über Textboxen, Sprachausgaben sind quasi nonexistent. Insofern sind diese Spiele in ihren Darstellungsmöglichkeiten begrenzt, so dass umso mehr Wert auf Stories, Charaktere und die ideale Nutzung vorhander Mittel gelegt werden musste.

Ich vergleiche alte Makerspiel-Klassiker gerne mit einem ruhigen Sonntagsfilm oder einem guten Buch: Setzt euch während einem verregneten Tag zusammen mit einem heißen Tee und vielleicht noch ein paar Keksen vor euren PC, startet ein gut geschriebenes Makerspiel und genießt das Spielgefühl eines anderen Jahrzehnts, den Kontrast zur neonfarbenen Explosionskultur hochauflösender Actionspiele. Ja, Nostalgie für Pixelspiele im Allgemeinen spielt eine Rolle, aber gerade das Horrorgenre zum Beispiel ist auch heute noch dermaßen unterpräsentiert in der Videospielehistory, dass GUT GESCHRIEBENE Pixel-Horrorspiele mit ansprechender Atmosphäre dermaßen viele rare Schlagwörter in sich vereint, dass sie 2020 genau so Ultranische und begehrt sind wie 2002 - das altert nicht.






Ein weiterer Punkt, der den einzigartigen Reiz von Makerspielen ausmacht ist, dass sie - zumindest die älteren RPGs der Generation 2000+2003, welche aber ohnehin der Großteil und die Besten sind - gänzlich unkommerziel und komplett über wirkliche Leidenschaft funktionieren. Und das merkt man den Besseren auch an. Hier gab es keine Deadlines, keine finanzielle Motivation, keine Schematas alteingesessener Entwicklerteams. Hier gab es nur Fans und Gamer, die in ihrer Freizeit mit Blut, Schweiß und Leidenschaft Hobbyspiele für andere Fans zusammengebaut haben, um, ihre persönliche Vision umzusetzen, und das oft mit beeindruckenden Ergebnissen, vergleicht man diese mit heutigen, kommerzielen Indiegames, hinter denen teilweise ein Dutzend Programmierer stehen. Und Makerspiele sind kostenlos.


Und vergessen wir nicht, dass Makerspiele nicht installiert werden müssen - entpackt sie, startet das Spiel, fertig. Für viele ältere Spiele ist einmalig das kostenlose Runtimepackage zu installieren, was 2 Minuten dauert. Simpel.

Vielleicht ist es bei den meisten älteren RPGs heute kein Argument mehr zu sagen, dass man sich während und nach dem Spielen direkt in Foren o. Ä. mit den Entwicklern austauschen konnte, für Feedback, Hilfegesuche, Lob, Fragen und Kritik. Aber damals, vor ein paar Jahren noch, war das ein Feature, dass sich einfach vollkommen von der lebensfeindlichen Entwickler-Spieler-Beziehung der Gaming-Industrie unterschied. Selbst der bescheidenste Indie-Entwickler ist seinen Spielern selten so nah wie es der Ersteller eines Makerspiels in einem Forum war. Und kann man sich für die neueren Makerspiele begeistern, ist es in Anlaufstellen wie dem MV-Forum noch immer ein wichtiger Punkt. Oder im nicht mehr ganz so lebendigen Projekt. Ihr könnt für Entwickler betatesten, könnt Feedback geben, Impulse setzen und ihre Projekte bis zu einem gewissen Grad mitgestalten.

 

Es ist immer ein Spielemedium und eine Szene gewesen, die vom gemeinsamen Miteinander und der Leidenschaft für die Fanentwicklung lebte.




6. Spielen oder Let's Plays schauen

Die deutsche RPG-Maker-Let's Play-Szene ist ein so großes und schwieriges thema, dass man sie in einem eigenen, epischen artikel besprechen könnte, wenn man denn wöllte. Kurz gesagt haben sich im Laufe der Jahre viele bekannte LPer mit Foren wie dem RPG-Atelier zerstritten, etwa wegen polemischer Kritik sagt die eine Seite, oder wegen toxischer Mobbildung sagt die Andere. Darum soll es hier aber nicht gehen.

Es gibt heute nur noch wenige, aktive Maker-Let's Player, weil es sich eben nicht lohnt und eher eine herzensangelegenheit ist. Wer aber keine Lust hat, sich erst Makerspiele im Internet zusammenzusuchen(Siehe Download-Link weiter unten!) und hineinzuspielen, der kann auch auf die Videoproduzenten jener Zeit zurückgreifen, denmn einige Let's Player waren so gut darin, was sie taten, dass sie das rustikale Produkt mit ihrer Stimme und Präsenz enorm aufwerteten. Allen voran für mich zu nennen ist da TrueMG, vielleicht der bekannteste LPer von Makerspielen dieser Zeit, der leider auch irgendwann metaphorisch von uns gegangen ist. Zu empfehlen sind etwa unter vielen Videoreihen das LP zum Horror-Klassiker Dreamland R, die komödiantisch-epische Allreise oder für brüllend-trashige Komik solche Juwelen wie die Zombie Insel.


Falls ihr Videos mehr zugetan seid als selber Hand anzulegen, sucht nach dem Spiel eurer Wahl auf Youtube und ihr werdet jemanden finden, der sich für euch damit beschäftigt hat. Die deutsche Makerszene konnte, gemessen an ihrer Größe, damals eine beeindruckende LP-Szene aufweisen. Bis sie diese vergrault hat. Nun, nichts passiert zufällig.






7. Wo man sie herbekommt

Es mag rechtliche Grauzone sein, es mag verwerflich sein, aber welchen Sinn hätte dieser aufklärende Artikel, wenn ich euch am Ende nicht einen Zugang zu allen Makerspielen gewähre, die es wert sind, gesehen zu werden? Soll ich euch aufbührden, selbst danach zu googeln? Am Ende gibt es eh nur noch eine Anlaufstelle, die ihr finden wollt, und das ist


Das RPG-Maker-Archiv

Hier finden sich meines Wissens nach alle relevanten (deutschen) RPG-Makerspiele, die man irgendwie archivieren konnte, jeweils mit schöner, eigener Seite, Download aller verfügbaren Versionen, Screenshots und Beschreibung. Nachdem so gut wie alle anderen, deutschen Anlaufstellen im Laufe der Zeit den rechtlichen Bach runtergegangen sind, ist dieses fangemachte Archiv ein Gottesgeschenk, für das man als Nostalgiker und Makerenthusiast zutiefst dankbar sein sollte.



Ist es nicht verwerflich, all diese Spiele aus illegalen Ressourcen dort anzubieten?

Man muss es rational sehen: Makerspiele verwenden in ihrer Essenz und Masse Ressourcen aus größtenteils sehr alten Rollenspielen wie etwa Chrono Trigger, Secret of Mana, Lufia usw. Niemandem, aber auch wirklich niemandem wird durch diese Spiele, deren Verfügbarkeit oder die geklauten Ressourcen geschadet. Es gibt keinen finanziellen Verlust, und sein wir ehrlich, kein ernstzunehmender Entwickler, Indie oder nicht, würde in popligen Makerspielen eine Konkurrenz sehen.

Dass Recht keine Ermessensfrage sondern eine Grundsätzlichkeit ist, ist in sozialen Netzwerken wie Foren nachzuvollziehen und deswegen kann man etwa dem RPG-Atelier nicht in aller Endgültigkeit einen Strick daraus ziehen, dass sie das Risiko einer Abmahnung nicht eingehen wollten. Finde ich es aber verwerflich, dass ein Team um ein zentrales Archiv sich dennoch traut, hunderten, wenn nicht tausenden selbstgemachten Fanspielen ein Zuhause zu bieten, die sonst für alle Ewigkeit in den Weiten des Internets verloren wären und niemandem jedmals mehr zugänglich gemacht werden könnten?

Nein. Ich sende den Verantwortlichen Handküsse.





8. Die internationale Community

Seid ihr des Englischen mächtig, öffnet sich für euch nochmal eine ganz andere Welt, denn die internationale Community ist noch immer aktiv und rege in einem Maß, dass es nicht mit der deutschen Blase vergleichbar ist. Da ich mich aber mit internationalen Makerspielen bis auf wenige Ausnahmen nicht auskenne, hier nur ein kurzer Verweis auf eine der bekanntesten Anlaufstellen:

RPG Maker . net






9. Schlusswort 




RPG-Makerspiele waren, sind und werden zunehmend Nische sein. International passiert in dieser Nische noch viel, aber in der deutschen Community werden entweder noch letzte Mammusprojekte beendet, wenige, idealistische Personen bleiben aktiv(RPG-Atelier) oder man wandte sich vollkommen den neueren, kommerziel umsetzbaren Makern um(RPG Maker MV).


Das ist aber kein Grund, nicht ab und zu zurückzuschauen und herauszustellen, dass manche von Einzelpersonen entwickelte Makerspiele in ihrer Qualität und liebevollen Detailgenauigkeit so manche kommerziele Games damals wie heute in den Schatten stellen können. Noch immer gibt es Perlen, noch immer Spielenswertes, das vor allem

dem geneigten Retropixel-Wiederholungstäter ein Genuss sein kann.


Leider - und das ist das Hauptproblem der Sache, des RPG-Ateliers - wissen nur sehr wenige Menschen davon. Sehr, sehr wenige Leute kennen den Maker oder die Spiele, und die Meisten stammen eben noch aus jener Zeit. Es fehlt an Aktualität, es fehlt an Präsenz. Diese Nische ist, zumindest in ihren älteren Modellen, dazu verdammt auszustereben. Und das wird bald passieren.


Ich hoffe sehr, dass ich mit diesem Artikel einen kleinen, sehr kleinen Teil dazu beitragen konnte, Deutschlands kleinste Entwicklersparte wieder in Erinnerung zu rufen, ein paar Personen mehr zugängig zu machen und darauf hinzuweisen, dass es dort, hinter den sieben Addblockern, bei den sieben Browsern, eine Spielewelt gibt, die - halte man von ihr was man wolle - einzigartig ist. Nicht zuletzt deswegen verfasse ich Maker-Reviews, nicht zuletzt deswegen habe ich selbst mit Let's Plays begonnen.





Gebt Makerspielen eine Chance. Dann öffnen sie für euch eine ganz neue, alte Welt rustikaler Retroreisen, die euch in dunkelster Winternacht am lauschig-warmen Youtube-Kaminfeuer und dem günstigen aber unschlagbaren K-Classic-Pfefferminztee ein wohltuendes Gefühl in der Herzgegend verschaffen werden. 



- Yoraiko 











Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Lass mich doch wissen, was du denkst!