Freitag, 27. Dezember 2019

Apex Legends Bericht 2 - Weihnachtsevents und Suchtverfall


Im Oktober brachte mich ein unglückseliger Freund mit einer unbedachten Empfehlung zu meinem ersten Battle Royal-Game, welches für mich bald zum Ventil für Stress, Frust und Erschöpfung durch Arbeit, private Projekte und hohe Selbstansprüche werden sollte. Apex Legends wurde wohl oder übel zum Teil meines Alltags und schon damals habe ich erzählt, dass ich diesem einfach-zugänglichen Spielprinzip trotz meiner langjährigen und noch bestehenden Verachtung des Battle Royal-Genres nur allzu schnell verfalle. Das ist mittlerweile passiert. Ich bin Apex-Süchtig. Na ja, mehr oder weniger. Ich möchte ein wenig darüber reden, und auch über das Weihnachtsevent, das noch bis zum 2. Januar stattfindet.

Im ersten Beitrag habe ich Apex grundlegend vorgestellt. Das ist nun nicht mehr nötig - Ich bin ein routinierter und versierter Spieler mit über 170 Kills und über 300 Spielen geworden. Ich habe so ziemlich alle Funktionen des Kampfsystems verinnerlicht, die recht große Weltkarte kennengelernt und bin neben meinem festen Maincharacter Wraith(=Blind Waifu) noch auf die peinlich-plakative Französin Wattson und den wenig gymnastikbegeisterten Caustic umgestiegen. Außerdem habe ich mein PS4-Headset seinem ursprünglich-angedachten Zweck zugeführt und meinen Spielen noch eine zusätzliche strategische Komponente verpasst, indem ich mit meinen Teamkameraden spreche. Macht gleich nochmal viel mehr Spaß. Man kann und will nicht aufhören.

Ich denke, ich bin in den letzten Wochen und Monaten apexsüchtig geworden. Definitionen für Sucht sind unter Anderem:  
krankhafte Abhängigkeit von einem bestimmten Genuss- oder Rauschmittel.

Übersteigertes Verlangen nach etwas, einem bestimmten Tun.

Ersteres trifft in meinem Fall nicht wirklich zu, Zweiteres schon eher. Ich habe in den letzten 2 Monaten manchmal aller drei, manchmal aller zwei und seltener jeden Tag 2-3 Stunden Apex gespielt. Das erscheint vielleicht nicht übermäßig viel im Kontext von Sucht, aber für mich ist es untragbar viel, einfach viel zu viel, kurz gesagt. Und dass ich süchtig bin, mache ich auch an anderen, entlarvenden Faktoren fest - Ich vernachlässige für Apex andere Pflichten und Hobbies bis zu einem gewissen Grad. 
Heute abend noch einen Text für den Blog schreiben? Ach komm, lieber erst mal zwei kurze Runden Apex. Dieses neue, düstere Rollenspiel anfangen, das schon lange hier rumliegt? Das mach ich demnächst, jetzt erst mal Apex. 
Es ist symptomatisch und besorgniserregend.
Und dabei macht Apex noch nicht mal wirklich glücklich - Ja, das Spiel macht einen Heidenspaß. Ja, der Winterzug-Modus ist viel, viel gelungener als das damalige Halloween-Event und durch das schnelle und barrierelose Suchen und Finden von Spielen gerät man in eine Euphorieschleife, die einem ständig neue Chancen offeriert - Nur noch ein spiel. Diesmal schaffst du es! 

Aber Apex ist eben ein Battle Royal. Man spielt gegen viele andere Menschen, die einen in meinem Fall meistens auf die hanebüchensten Weisen auf die Matte knallen und aus dem Spiel werfen. Ich bin souverän geworden, aber da Shooter nun wirklich nicht mein Genre sind, haben meine Fähigkeiten ihre Grenzen - Ich sterbe in Apex. Sehr, sehr, sehr oft. Manchmal in fünf Spielen hintereinander. Aber am schlimmsten sind die Spiele, in denen ich 20 Minuten überlebe, dann auf meinen ersten Gegner treffe, sterbe, auf die Uhr gucke und mich frage, was ich gerade die letzten zwanzig Minuten gemacht habe - Nein, drei Stunden. Der Abend ist vorbei, aber wofür?

Spiele wie Apex Legends oder League of Legends (Legenden sind im Battle Royal-Genre wohl beliebt...) sind Fluch und Segen. Sie sind so erfolgreich eben WEIL das Gameplay ein solch verführerischer Fluss des Spaßes und winkenden Erfolges ist, aber man verliert sich auch sehr schnell in ihnen. Der Freund, der mich zu Apex brachte, berichtete mir ironischerweise unlängst davon, dass er gegen seinen Willen aktuell jede, wirklich jede freie Minute mit League of Legends verbringt. Ich möchte nicht auch dort landen. Also, in dieser Sucht, nicht in LoL. Wobei ich in LoL auch nicht landen möchte. Es gibt schon genug krebserregende Dinge denen ich mich täglich aussetze, da muss ich mich der LoL-Community nicht auch noch nähern.

Wie also geht es für mich weiter? Gestern habe ich nach einer längeren Apex-Session das von Spielern und Presse hochgepreiste Hellblade begonnen und für eine Stunde gespielt. Es war eine schöne Stunde, eine ruhige Stunde, eine Stunde in der ich neue, faszinierende Eindrücke sammeln konnte. Das verstärkte meine Überlegung und meine Gedanken, die ich mir selbst vorwerfe, wenn ich 'endlosen' Spaßerlebnissen wie Apex nachgehe - Denke darüber nach, was du alles in der Zeit tun könntest, in der du Sucht X nachgehst. Wie viele andere Videospiele hätte ich vorantreiben können statt in Apex zu sterben? Wie viele tolle Artikel schreiben oder wie viele großartige Anime sehen? Stattdessen habe ich Apex gespielt und damit vielleicht auch Spaß gehabt. Aber ich habe mich nicht weiterentwickelt. Ich habe nur Lebenszeit vergeudet und bin dem Tod ein Stück näher gekommen.

Ich denke, ich muss bald einen Schlussstrich ziehen. In meinem Leben, in dem es von nichts weniger gibt als Zeit, spielen viele Zeitfresser eine Rolle - Anime, Spiele, Cartoons, Filme, Bücher wollen konsumiert und bestenfalls rezensiert werden, Geschichten werden von mir geschrieben und Freunde und Familie muss ich ab und zu tatsächlich auch ab und zu mal noch sehen. Vielleicht ist all das wichtiger als Apex. Vielleicht ist das Leben zu kurz um Apex zu spielen. Natürlich muss es nicht nur Apex sein. League of Legends. Terraria. Fighting Games. Stardew Valley. Was ihr wollt. Kennt ihr Terraria? Vor vier oder fünf Jahren schenkte eine Freundin es mir für Steam und spielte es mit mir. Ich verfiel in einen vorher nie da gewesenen Rausch und wies einige Monate später 500 Stunden Spielzeit auf - Ich wusste nicht, wo die hin waren, hatte aber alles erreicht und gebaut was ich wollte und entschloss, Terraria zu beenden und nicht wieder zu spielen. Bis heute bin ich nicht zurückgekehrt und bereue es nicht. Meine Apexerfahrung ist von 500 Stunden freilich weit entfernt. Aber ich denke, es ist Zeit für diesen Schritt zum Schnitt. 
Mein Ziel ist, nach dem Winterevent am 2. Januar permanent mit Apex aufzuhören und es von meiner PS4 zu löschen - Ich hatte eine unerwartete, schöne Zeit. Aber jetzt ist es angemessen, weiterzuziehen. Nach dem Winterevent. Und so abstrus es vielleicht auch erscheinen mag, ich möchte dieses Winterevent jetzt noch kurz vorstellen.

Wie gesagt ist dieses mit seinem neuen Spielmodus 'Erobere den Weihnachtszug' in so ziemlich jeder Hinsicht gelungener als die Frustparade und Balancingkatstrophe zu Halloween - Das Prinzip ist eine simple King of the Hill-Abwandlung: Drei Teams(!!) werden auf einen auf der weihnachtlich dekorierten Weltkarte umherfahrenden Zug losgelassen, der erobert werden will - Entweder ihr seid für eine gewisse Zeit das einzige Team auf dem Zug oder ihr tötet alle anderen - Beides bringt euch einen Punkt ein. Das Team, das zuerst drei Punkte hat, gewinnt. Dabei entfällt das übliche looten, weil jeder Charakter jeden Tag ein anderes, festgesetztes Inventar hat.

Der Reiz am Weihnachtszug ist klar - Im Gegensatz zum aufgeblähten und fordernden Battle Royal-Modus, bei dem ein Tod in den meisten Fällen bedeutet, dass ihr quitten könnt wenn ihr nicht 20 Minuten auf einen Respawn warten wollt, ist dieser Modus klein und schnell - Werdet ihr getötet, bekommt ihr in dreißig bis sechzig Sekunden die nächste Chance. Verliert ihr mal, habt ihr immer noch genug Chancen, selbst Punkte zu holen. Das Kämpfen gegen wenige Gegner auf engem Raum(Dem Zug) macht auch viel mehr Freude und beschwert deutlich mehr Erfolgserlebnisse als wenn ihr gegen 80+ Gegner auf einer gigantischen Karte bestehen müsst. So hat jemand wie ich es schon geschafft, vier mal in Folge der Weihnachtszug-Champion + Kill-Spitzenreiter zu werden. Durch die Mechanik mit den festen Inventars spart man sich zudem das zähe Looten und schafft Ungerechtigkeiten zwischen Spielern aus dem Weg - Jeder hat die selben Chancen und es geht um den Skill. Zwischen den Respawns kann man die Charaktere auch durchwechseln. So bleibt der Modus frisch und kurzweilig. 

Der Hauptmodus indes hat auch ein paar Updates bekommen - Neben den erwähnten Weihnachtsdekorationen auf der Winterkarte gibt es jetzt ein großes Partyschiff des Charakters Mirage, auf dem quasi eine Silvesterparty gestartet werden kann und der so eine Art LOOTHUB ist - Hier landen in fast jedem Spiel die meisten Gegner, oft zwischen 10 - 15 Spieler. Es ist ein riesiges Chaos und ein einziges Blutbad, quasi ein Battle Royal im Battle Royal, oder anders gesagt, es ist eine fantastische Idee, bei der man entweder sofort stirbt weil einem von überall Kugeln um die Ohren fliegen oder man selbst um sich ballert während Discomusik und tanzende Hologramme durch die Szenerie knallen. 

Es ist schade und gut zugleich, dass auch diese Änderungen zusammen mit dem spaßigen Modus im Januar wieder sinnloserweise für immer weg sein werden - Ich verstehe ehrlich gesagt die Logik hinter zeitlich begrenzten Spielmodi nicht - Wenn man sich die Arbeit macht, einen neuen Modus zu programmieren der problemlos das ganze Jahr über Spaß machen kann und der eine Alternative zum immergleichen Hauptmode darstellt, WARUM in aller Welt sollte man diesen nur für ein paar Wochen zugänglich machen? Warum sie nicht im Spiel lassen und dieses so nach und nach mit variantenreichen Modi füllen um mehr zu sein als nur ein weiteres Battle Royal? Wie gesagt, es entzieht sich meinem Verständnis. Aber ich bin dankbar dafür, sonst würde ich vielleicht noch mehr Zeit in Apex versenken. 

Eine letzte Sache, die ich Respawn Entertainment, den Entwicklern von Apex, und natürlich auch dem übergeordneten EA vorwerfen und entgegenspucken möchte, sind die Mictro Transactions. Im ersten Beitrag noch von mir als überaus fair bezeichnet rümpfe ich mittlerweile über die Politik bezüglich Echtgeld in Apex die Nase - Ich habe mich damals geirrt. Man kann viele Inhalte wie Skins, Töne, Posen, Sprüche und so weiter eben nicht mit Ingame-Währung Freischalten, sondern nur mit Echtgeld-Münzen, die man kaufen muss. Zu Events wie dem jetzt wieder stattfindenen Winterevent gibt es immer eine große Menge themenspezifischer Kostüme, Waffenskins und dergleichen. Alles davon muss zu vollkommen überteuerten Wucherpreisen gekauft oder mit geradezu unmöglichen Ingame-Materialmengen freigeschaltet werden. Stellt euch mal vor, ihr gebt 20 € für ein Kostüm aus, weil es keinen anderen Weg gibt, ranzukommen. Und die Apex Packs, die man in späteren Leveln nur noch sehr, sehr selten bekommt, enthalten auch meistens nur Schund oder unverschämt geringe Mengen Ingame-Währung. Respawn Entertainment mag von den Micro-Transactions leben, aber die unverholen berechnende Methodik die dahintersteht, optische Inhalte ausschließlich über Geld möglich zu machen wenn man nicht ewig grinden will, ist übel und bestenfalls fragwürdig.

Oh, und ich meine - Ich wäre sogar mal bereit gewesen, 3-4 Euro für ein Wraith-Kostüm auszugeben als Dank dafür, wie viel Spaß Apex mir bringt - Ging aber nicht, weil es die coolen Kostüme aus irgendwelchen Gründen nur in zeitlich-begrenzten Events gab, die lange vorbei sind. Eh okay Respawn Entertainment, dann behalte ich mein Geld eben. Denken ist nicht so eure Stärke, oder?
Riecht mir nach einer Denkblockade.

Ha!

Falls ihr mit dem Gedanken spielt, Apex anzufangen oder schon Teil der Community seid - Es ist ein ehrlich gutes Battle Royal. Ich bereue meine Zeit mit diesem Game nicht. Aber seid euch bewusst, es ist eben auch nur das - Ein Battle Royal. Mehr als kurzweiligen Spaß, kurzlebige Erfolgserlebnisse und einen immer vehementer werdenden Erfolgsdrang kann und will es euch nicht geben. Jeder muss selbst entscheiden, ob es das wert ist, ein gutes Rollenspiel, zwei tolle Filme oder eine interessante Serie dafür liegen zu lassen.

Ich habe das bereits. 

- Yoraiko













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