Dienstag, 16. Juli 2019

Spiele-Review - Utawarerumono: Mask of Deception (PS4)




Kürzlich habe ich die Visual-Novel mit Strategie-Rollenspiel-Einschlag beendet, und als jemand, der sich viel mit VNs beschäftigt, unter anderem auch professionell, möchte ich so einiges über Utawarerumono - Mask of Deception loswerden, das bereits der zweite Teil der Heldenlied-Reihe ist. 

Den Plot werde ich an dieser Stelle nicht zusammenfassen, weil das einfach zu lange dauern würde. Nur so viel, wir wachen mit einem jungen Mann, der später Haku getauft wird, mitten im Nirgendwo ohne Erinnerungen auf und werden bald von dem nichtmenschlichen Mädchen Kuon gefunden. Statt hier ein ausuferndes Review abzuliefern, möchte ich viel lieber über meine persönlichen Gedanken zum Spiel sprechen. 

An und für sich spinnt die VN eine solide, greifbare Fantasywelt mit durchaus durch die Platte hinweg sympathischen, wenn auch einfach gestrickten, Charakteren. Es gab keinen Charakter des Haupt-, oder näheren Casts, den ich nicht wenigstens sympathisch fand. Das ist für Medien aus Japan ein kleines Wunder in sich. Mehr noch, Archetypen wie Rulutieh oder Kuon sind so fluffig-plüschig-weich geschrieben, dass sie einem eigentlich zwangsläufig ans Herz wachsen müssen, wenn man denn eines hat. Auch die meisten Nebencharaktere empfand ich als sinnvoll in die Geschichte integriert. Besonders interessant sind dabei die späteren Eight Pillars so wie die beiden Wächter des Landes Yamato, bei denen eigentlich schon ab dem ersten Auftritt klar war, dass mindestens einige von ihnen zu Antagonisten werden. Ich kenn' mein Anime1x1. 
Die Antagonisten hingegen, und solche die es im Laufe des Spiels werden, sind allesamt so unfassbar flach, langweilig und eindimensional, dass man meint, ein Erstklässler hätte sie rasch zwischen zwei Unterrichtseinheiten zusammengeschrieben. Besondere Erwähnung findet dabei der Häuptling des Barbarenvolkes Uzurusha, der die Böser Bösewicht-Kunst des 'Alles und jeden töten um zu zeigen wie böse man ist' perfektioniert hat, und damit von der ersten Szene an eine pure Witzfigur darstellt. Wo man sich auf der Seite der "Guten" also darum bemüht hat, Tiefe zu schaufeln, ist davon auf der Gegenseite nichts zu spüren, was die ganzen Konflikte innerhalb der Story extrem abflachen lässt. 

Ich möchte aber das Hauptproblem Utawarerumonos adressieren: Das Spiel ist eine Visual Novel. Abgesehen von dem durchaus soliden, spaßigen Kampfsystem, das in viel, viel, viel zu wenigen Gefechten innerhalb der Story zum Einsatz kommt, liest man nur. Es kann im Genre also schnell Langeweile aufkommen wenn das, was man erzählt bekommt, nicht spannend oder unterhaltsam ist. Das ist es bei Utawarerumono oft leider nicht. Das Spiel besteht zu 30 % aus Story und zu 70 % aus unrelevantem Filler-Slice of Life. Süßigkeiten Einkaufen, zusammen Kochen, Fanservice. Und während ich eine gewisse Portion dieser Inhalte definitiv für Charakter-Ausfleischung und mehr Einblicke in die Welt zu schätzen weiß, wurde es hier maßlos übertrieben. Und wenn diese Füllinhalte wenigstens noch gut wären oder irgend eine Konsistenz hätten, aber man hat das Gefühl, man bekommt wirklich nur infantile Gespräche mit niedlichen kleinen Animemädchen vorgestzt. Na gut, aber wären diese wenigstens nicht auch immer dann eingestreut, wenn gerade was wirklich Wichtiges passiert ist - Man will wissen, wie es weitergeht, es ist gerade spannend, die Story hat Fahrt aufgenommen - Pustekuchen, viel Spaß mit 60 Minuten nebensächlichem Herumgeplänkel. Ein solch furchtbares, zähes und tröges Pacing ist der größte Feind jeder Visual Novel, und macht einem das Spiel merklich madig. 

Das Kampfsystem habe ich schon erwähnt, und während es über 80 % der Zeit zu einfach ist, gibt es hier und da plötzliche Sprünge in der Schwierigkeit, die man nicht ohne weiteres Grinden überwinden kann. Der letzte Boss sei hier genannt, der in seiner Stärke absurd war und meine gesamte Gruppe mit drei Schlägen ausradiert hat. Mehr Kämpfe innerhalb der Geschichte hätten hier geholfen. Oder ein besseres Testen der Schwierigkeit...

Außerdem als einer der größten Makel herausstellen möchte ich den Soundtrack des Spiels. Denn ohne es nachzuprüfen kann dieser nicht aus mehr als zehn Stücken bestehen, die einem immer und immer und immer wieder ans Ohr gelegt werden. Dabei habe ich allen voran ein Trauma von dem einen, ernsten Track davon getragen, der jedes Mal einsetzt wenn die Stimmung schwerer wird und mit Panflöten und anderen fernen Blasinstrumenten einen so monotonen und langweiligen Klang erzeugt, dass ich meinen Fernseher schon nach dem dritten Mal muten wollte. 

Die größere Story mit ihren Twists ist relativer Fantasy-Standard, nichts, das man so oder ähnlich nicht erwartet, aber solche Geschichten zehren ohnehin eher von ihren Charakteren. Positiv aufgefallen sind mir dabei eigentlich so ziemlich alle Angehörigen Kuons, sein es die 'Mütter' des Inns oder ihre Schwestern die wir aus Teil 1 kennen, allesamt waren sie meine Lieblingscharaktere und haben zusammen mit der Protagonistin herzerwärmende Szenen abgeliefert. Denn neben den wenigen, urkomischen Szenen sind die friedlichen, liebevollen Interaktionen zwischen sich nahestehenden Charakteren die größte Stärke von Mask of Deception. Die Optik ist hübsch, vor allem die ab und zu eingestreuten Artworks wissen zu gefallen. Der Zeichenstil ist nichts besonderes, aber er reicht vollkommen aus für die Geschichte. 

Apropos Geschichte... das Ende konnte mich emotional leider überhaupt nicht fangen. Das liegt zum einen daran, dass das tragische Ereignis für mich meilenweit im voraus abzusehen war, und zum anderen daran, dass es nur mit Hilfe von viel Dummheit auf mehreren Seiten zustande kam. Die angesprochenen Charaktere wissen, dass sie gemeint sind. Wer mit so viel hingeschriebener Blödheit und Fahrlässigkeit seiner Charaktere ein trauriges Ende erreichen muss, der sollte doch nochmal seine schreiberischen Fähigkeiten hinterfragen. Und dann, als es passiert ist, bekommen wir von den Charakteren, die seit 30+ Stunden mit uns bekannt sind nicht mal wirklich eine emotionale Reaktion, mit Ausnahmen. Das war mir alles zu wenig, weswegen der Abspann mich mit einem Schulterzucken zurück ließ. 

Insgesamt ist Utawarerumono: Mask of Deception mit seinen für mich 36 Stunden Spielzeit fraglos kein starker Vertreter des Genres: Ich bin oft beim Lesen eingeschlafen, und das Spiel tut nicht viel, um dem entgegenzuwirken. Die wenige Story muss man sich mit vielen, mühsamen Belanglosigkeiten schwer erkämpfen, die Charaktere wirken, gerade in ernsten Situationen, nicht wie die hellsten Glühbirnen, gerade Protagonist Haku, und die Antagonisten sind Comicganoven. Der Vorgänger war hier eigentlich in so ziemlich jeder Hinsicht stärker, und die Auftritte alter Charaktere erinnern daran. Ich bin nicht übermäßig scharf darauf, den Nachfolger zeitnah zu spielen, und deswegen werden da wohl einige Monate ins Land ziehen. 

Was ich noch vor mir habe sind die Extra-Herausforderungen, aber ich glaube nicht, dass die viel an meinem Eindruck ändern werden.


5/10 Masken für Utawarerumono: Mask of Deception


Yoraiko  

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