Dienstag, 16. Juli 2019

Film-Review - The Purge 3 Election Year (2016)




Man ist sich innerhalb des Purge-Franchises uneins, welcher nun der beste Vertreter der Reihe ist - Teil 2 oder 3. Da das hier aber mein Blog ist, ist diese Frage zufriedenstellend geklärt - Teil 3 ist mit einigem Abstand der beste Purgeteil, weil er seine Stärken am meisten ausspielt, einige seiner Schwächen persifliert und sich generell einfach kein Stück für hinderliche Logik interessiert. 

Wir haben wie zuvor einen dankbaren Grundplot: Das Wahljahr steht an in Amerika, und endlich gibt es eine Senatorin, die die Purge abschaffen will. Das wollen sich die neuen Gründungsväter, die hinter der Purge stehen, natürlich nicht gefallen lassen, und so sorgen sie dafür, dass die aufstrebende Politikerin in der Purgenacht umgebracht werden soll. Bewahren davor kann sie nur der Sergeant, den wir schon in Teil 2 begleitet haben.

Und damit möchte ich ohne Umschweife den Übergang zu den großen Stärken des dritten Teils kommen, der nach 2 holperigen Vorgängern endlich seine Rezeptur gefunden zu haben schien - Erst einmal erfahren wir in Election Year unheimlich viel von der Welt, es wird sich Zeit genommen, das Konzept in einigen interessanten Details weiterzuerzählen und vor allem Fragen zu beantworten, die man sich unweigerlich gestellt hat. So sehen wir am Anfang des Filmes so genannte Mord-Touristen, also Menschen aus anderen Ländern, die während der Purge nach Amerika kommen, um an ihr teilzunehmen. Ein naheliegender Gedanke. Wir sehen, dass es Aufstände gegen die Durchführung der Purge gibt, erleben mehr von der Berichterstattung drumherum. Das entmystifiziert dieses alternative Amerika etwas und lässt das Ganze weniger hanebüchen erscheinen. 

Ich sagte außerdem etwas von persiflierten Schwächen. In den vergangenen zwei Filmen hat man gemerkt, dass die Bösewichte in Purge manchmal wahnsinnig, manchmal bescheuert, meistens aber bar jeder Logik sind, wie der Rest der Filme. Stolz kann man nun von Election Year behaupten, dass ausnahmslos jeder Antagonist eine reine, stark überspitzte Parodie seiner selbst ist. Man gab sich gar nicht mehr die Mühe, echte Menschen mit seichten Zwischentönen zu inszenieren, sondern hat sich gesagt 'Scheiß drauf' und einfach comic relief-artige Superschurken in Szene gesetzt.

Da haben wir zum Anfang den Gründungsvater-Senator, der während der Sitzung im weißen Haus ganz beiläufig und konsequent Begriffe wie 'Fotze', 'Schwanzlutscher', 'Hurensohn' und 'Nigger' benutzt. 
Da haben wir den Söldner-Supernazi, der neben seiner fetten Militärausrüstung bis zum Erbrechen mit White Power, Hakenkreuzen und ähnlichem tätowiert ist und mit seinen blonden Haaren und blauen Augen aussieht, als wäre er direkt aus einem schlechten Geschichtsbuch geschlüpft. 
Da haben wir das Candybar-Girl, eine dezent-instabile Teenagerin, die einen Ladenbesitzer auseinandernehmen will weil sie keinen Schokoriegel klauen durfte, und konsequent herumbrüllt als hätte man ihr Kokain und Stromdrähte gleichzeitig intravenös verabreicht. 
Da haben wir den Präsidentschafts-Kandidaten für die Gründerväter und einen creepy Purgepriester, die während einer Messe völlig abdrehen, sich fast vollsabbern und herumhüpfen wie Schimpansen in ihrem Wahn, sich von ihrer Wut zu befreien. Bei beiden fragt man sich, wie diese gestörten Individuen eigentlich die anderen 364 Tage im Jahr in die Gesellschaft integriert werden können. 

Aaaber... all diese Comicfiguren sind tierisch unterhaltsam. Und darauf hat man spekuliert, und sie wie den Rest des Films bunter, lauter, verrückter gemacht. Die Szenerie tropft ebenfalls davon über: Unvergessen die ikonische Szene, in der ein mit Lichterketten geschmücktes Auto die Straße entlangfährt, anhält und 'PARTY IN THE U.S.A.' von Miley Cyrus spielt, während das Candybar-Girl aussteigt. Oder die Szene, in der eine Straßengang martialische Kolosseums-kämpfe mit Schwertern und Morgensternen vollführt. Oder eben die Purgekirche, in der der Höhepunkt des Filmes stattfindet. Alles ist morbide, alles ist düster und absurd, wenig davon ergibt Sinn, aber darum hat man sich im dritten Teil einer solchen Reihe zurecht nicht geschert. 

Es gibt aber durchaus realistische und starke Ankerpunkte im Cast von Election Year: Waren die 'Guten' in den ersten beiden Teilen nicht mehr als lauwarme, unsympathische Abziehbilder, funktioniert das für mein Gefühl hier diesmal deutlich besser. Im Fokus stehen neben der sympathischen Senatorin, die von der großartigen Elizabeth Mitchell profitiert, die sie spielt, eine Gruppe von farbigen Personen, die einen kleinen Laden betreiben und als sozial-schwache Schicht stark von der Purge betroffen sind. Diese Charaktere sind auch nicht viel mehr als gängige Archetypen, aber sie verhalten sich nicht strunzdumm, wir als Zuschauer können ihre Entscheidungen und Motive nachvollziehen und sie waren mir sympathisch. Eine wichtige Entwicklung für den dritten Teil.

Eine letzte Sache sei noch angemerkt - Ich erwähnte, wie wenig bewusste Aufmerksamkeit der Logik in diesem Film zukommt. Und grundsätzlich ist das auch in Ordnung, denn es ist ein diesmal gelungenes Style-Feuerwerk, das einen bitterböse unterhält, aber vor allem auf den Anfang muss ich in diesem Kontext doch nochmal eingehen. Abgesehen von dem wie immer starken Anfang hatte CinemaSins recht, als sie das Safe House der Präsidentschaftskandidation abgestraft haben - Es ist ein Purgefilm. Es muss dazu kommen, dass unsere Protagonisten auf offener Straße sind. Wie aber soll das gehen, wenn der Sergeant, ihr Leibwächter, ein Safe House mit Wachen, Sicherheitskameras und allem drum und dran einrichtet? 
Ganz einfach: Nicht nur ist es anscheinend unmöglich, mehr als ein schwaches Dutzend Männer für die zukünftigte Präsidentin zu bekommen, nein, man muss diese auch noch VOR der Haustür, schön in einer Reihe aufgestellt platzieren, damit sie für jeden vorbeikommenden Purger wie Hühner auf der Stange sitzen. Ach ja und NATÜRLICH... sind 2 von 3 der engsten Vertrauten der Senatorin Verräter im Lager des Feindes, die man vorher nicht hatte ausreichend überprüfen können. Absolut. So bummsbesoffen die Mittel sind, die handelnden Akteure auf die Straße zu treiben, so knüllig-unterhaltsam ist dann das Gewaltenfeuerwerk, das sich dort entspinnt. 

Election Year ist der beste Purgefilm, denn er macht nicht länger Kompromisse oder biedert sich irgendjemandem an, er ist schmutzig, bescheuert, grell und morbide, ohne aber seine Identifikationsfiguren zu vernachlässigen. Zwar nutzt auch er das Potential seiner Prämisse nicht vollends aus, er kommt dem Ideal aber verdächtig nahe, und ist alles in allem einfach ein cooles Gewaltfeuerwerk eines vollkommen bescheuerten Amerikas. Auf den Nachfolger und das große Finale der Purgereihe freue ich mich. Solltet ihr Election Year übrigens sehen wollen, solltet ihr mindestens den zweiten Teil gesehen haben, da es diesmal tatsächlich relevante Verbindungen gibt. 

7/10 Candybars für The Purge: Election Year


Yoraiko  

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