Donnerstag, 11. Juli 2019

Spiel-Review - Lollipop Chainsaw (PS3)




 
 Ich mag unorthodox. Es ist unorthodox, als zeitlich und chronologisch erstes Spielereview auf diesem Blog den guten, alten Trashklassiker Lollipop Chainsaw zu nehmen. Aber da es sich auch hierbei nicht um ein neu angefertigtes, sondern mehrere Jahre altes Review handelt, ist der Aufwand gering genug, diesen Schritt zu wagen. Bevor ich neue Sachen verfasse gilt es, jene alten aus dem Internet zusammen zu sammeln. Nur anpassen und etwas erneuern werde ich diesen Bericht hier. Und damit gebe ich dann auch ab.


Es ist nun schon einige Wochen her, dass ich diesen Titel quasi durchgespielt habe, auch wenn er natürlich darauf ausgelegt ist, immer und immer wieder gespielt zu werden.
Lollipop Chainsaw kam das erste Mal durch Game One auf meinen Schirm, wo es aber eher negative Kritik als stumpfsinnig-blödes Blenderspiel erhielt. Reviews waren dagegen schon positiver geprägt, ich jedenfalls wurde neugierig. Und ich kann sagen, dass ich persönlich die überwiegend negativen Meinungen zu LC nicht teilen kann. Das Spiel ist in einem gewissen Sinne stumpf, ja, aber es macht Spaß. Am Anfang haut man mit der Kettensäge nur ziellos in die Zombiemassen, aber je mehr Kombos und Upgrades man sammelt, desto kreativer kann man die untote Meute außeinandernehmen, Glitzerjagden veranstalten, und die Welt retten. Von der hinzukommenden Kanone gar nicht zu sprechen, welche die Kettensäge in Puncto Metzelspaß fast noch übertrifft. Oder die Nick-Tickets, welche einem Sonder-Kombos geben. Abgesehen davon gibt es zwischendurch immer wieder kleine Minispiele und Ähnliches, um Abwechslung reinzubringen, was ich sehr angenehm fand.

Besonders positiv hervorzuheben sind die Endbosse. Im Ernst, die sind einfach klasse. 

Und das auch noch aus der Sicht von 2019. Wie die sechs Überzombies am Ende jedes Levels hier individualisiert und in Szene gesetzt werden ist einprägsam und erinnerungswürdig, ihre effektgeladenen Kämpfe machen ausnahmlos alle Spaß und sind so schwachsinnig inszeniert, dass man sie eigentlich nur feiern kann. Mein Favorit ist Lewis Legend, welcher jedes Mal, nachdem man ihn niedermetztelt und glaubt den Kampf endlich geschafft zu haben, wieder aufsteht und sich irgend eine neue Technik für seinen Elefantenpanzer aus dem Allerwertesten zieht. Vom Schwierigkeitsgrad sind sie auch allesamt sehr gut ausbalanciert und mit etwas Mühe schaffbar. 

Die Story und die Charaktere sind... nun ja, eben das, was sie unweigerlich sind in einem spiel bei dem es darum geht, dass eine heiße Cheerleaderin mit Kettensäge Zombies tötet. Strunzdoof, schwachsinnig und sehr gewollt komisch. Aber ich fand es charmant. Die gemeine Meinung ist, dass Juliet einem mit ihren Sprüchen und Dialogen nach einiger Zeit auf den Zeiger geht. Das konnte ich so nicht bestätigen. Wenn man sich damit abfindet, dass sie eine marmeladenblöde Protagonistin mit mehr Vorbau als Hirn ist, hat man seine Freude mit ihr. Die Kommentare passen entweder auf herrliche Weise zum Geschehen oder sind komplett wahllos. Na ja, und gegen ein inbrünstig gerufenes What the Dick?! lässt sich ohnehin nicht viel sagen. Der eigentliche Held ist aber Nick. Von dem sprechenden Kopf bekommt man am laufenden Band Sarkasmus, Ironie, Zynismus und weitere Köstlichkeiten der Gesprächsvielfalt serviert, seine Kommentare sind fast jedes Mal einen Schmunzler wert. Es hat mir übrigens gefallen, dass Juliets Familie nicht zum bloßen Zombiefutter oder Off-Material verkommen ist, sondern tatsächlich sinnvoll und hilfreich in die einzelnen Levels integriert wurde. Und wer über solche Werte hinaus etwas vom Plot und eventueller Charaktertiefe erwartet, der ist im falschen Spiel gelandet. 

Die Kostüme sind recht cool, die Tortenkirsche ist natürlich Shiro aus Deadman Wonderland. Dieses Gimmick ist sehr gelungen. 

Und auch die Musik ist hervorzuheben, weil sie mit vielen Stücken aus den 80ern und 90ern so einige Ohrwürmer im Gepäck hat. Nachtrag aus dem Jahre 2019: Die Musik ist die mit Abstand größte Stärke dieses Spiels. Während Lollipop Chainsaw alles in allem nur so mittelgut gealtert ist, ist der Soundtrack, womit ich ausschließlich die Musikstücke der Bosskämpfe meine, welche alle ein anderes Musikgenre repräsentieren, eine kreative Glanzleistung. Noch heute höre ich diese Stücke rauf und runter, mit Betonung auf Mariskas Battletheme. Selbst wenn ihr Lollipop Chainsaw niemals spielen werdet, sucht auf Youtube nach den Boss-Themes. Ich meine... hört euch das dochmal an:
Killabilly
Mariska

Auch was Inhalt & Langzeitmotivation angeht, kann ich mich nicht beschweren. Die Levels sind darauf ausgelegt, immer wieder durchgespielt zu werden, es gab massig freischaltbare Inhalte und reichlich Antriebe, weiterzuschlachten. Ein zusätzlicher Herausforderungs-Modus, individuelle Schwierigkeitsgrade... ja. Ich habe Lollipop Chainsaw jetzt seit über einem Monat und immer noch Spaß damit. Wenn ich alle Trophäen freigeschaltet habe, werde ich es wohl nicht mehr so oft spielen, aber für den Preis hatte ich lange Freude damit.
 

Das waren überwiegend Pro's. Leider hat Lollipop Chainsaw auch allerhand Schattenseiten. Zunächst werden den Levels oft ihre Schlauchigkeit vorgeworfen. Das störte mich allerdings nicht, schlimmer fand ich da die Länge der Abschnitte. Man kann ansich nicht aus einem Level heraus ohne es komplett abzuschließen, und dafür braucht man immens lange, weil alle Level abgesehen vom Prolog eine ordentliche Dauer aufweisen. Einfach mal schnell ein paar Zombies schnetzeln ist also nicht drin, wenn man nicht gerade immer wieder den Prolog spielen will. In dieser Hinsicht ist die Schlauchigkeit sogar ein Segen. Hilfreich ist es da auch nicht gerade, dass die Item-Shops exklusiv in den Levels zu finden sind, so dass man frisch verdiente Münzen nur ausgeben kann, wenn man sich gleich wieder in die Zombiejagd stürzt. Was mich aber wesentlich mehr stört, mich oft an den Rande der Verzweiflung brachte und für den ein oder anderen in die Ecke gedonnerten Controller sorgte, ist der mitunter brutal-dämliche Schwierigkeitsgrad. Das Spiel ist sauschwer. Auf leicht. Ja, auf leicht. Oder besser gesagt, es hat zwei Eigenschaften, die es unfair und frustig machen:
1.Viel zu penible Quicktime-Events
2.Blinsenblöde Minispiele

Die Quicktime-Events sind die Pest. Ich will gar nicht zählen, wie oft ich wegen denen meinen Fernseher angebrüllt habe. Ich habe nichts gegen Events, die mir einige Sekundenbruchteile Zeit lassen, um eine angezeigte Taste aufzunehmen und zu drücken, aber Lollipop Chainsaw blendet sehr oft völlig aus dem Nichts irgendeine Taste ein, und wenn man diese nicht genau im selben Moment der Anzeige drückt, heißt es sofort Game Over. Also keine Quicktime-Events, sondern Instant-Events. Im Normalfall muss man dann einen großen Abschnitt nochmal machen. Das hat sich beim allerletzten Bosskampf auf die Spitze getrieben, als nach einem nervenaufreibenden Gefecht gegen Killabilly beim Finisher ... drei? vier? QTE's nacheinander eingeblendet werden, von denen jede dich ins Nirvana schickt und man den kompletten Kampf nochmal neu machen muss. So kam ich zu der Freude, den Endkampf sieben mal am Stück zu beschreiten, bevor ich mir die glücklicherweise immer selben Events aufgeschrieben hatte und auch richtig eingeben konnte. Ich war nicht nur einmal kurz vor dem Explodieren. Wer immer im Entwicklerteam diese Idee hatte, gehört zersägt. Sieben Mal. Das Andere sind die teilweise sehr ungünstigen, aber für den Levelfortschritt obligatorischen Minispiele. So muss man in Level zwei etwa Zombie-Nick auf einem Baseball-Feld mit dem Gewehr vor angreifenden Zombies schützen. Das ist nur leider schwierig, wenn er drei Runden ums Feld rennen muss, konstant zehn bis zwanzig Untote auf ihn einstürmen und man selbst erstmal immer wieder Munition einsammeln und sich natürlich auch noch verteidigen muss. Oh, oder die lustige Idee mit der Dynamit-Torte, die man vor fünf Seiten heranstürmenden Bombenzombies schützen muss weil sie sonst hochgeht. Wenn es eine Trophäe für hundertfaches Game Over gäbe, ich hätte sie nach wenigen Spielstunden verdient.

Trotz der stellenweise extrem frustigen Spielmechanik aber wurde ich immer wieder motiviert, weiterzumachen, und habe es nicht bereut. Mit Lollipop Chainsaw bekommt man ein stumpfes, buntes, motivierendes und simples Zombie-Metzelspiel, welches durchaus eine große Individualität und grenzenlos unterhaltsame Bosskämpfe besitzt. 

Kein überragendes, aber dennoch ein gutes Spiel.





6/10 Kettensägen für Lollipop Chainsaw


- Yoraiko 

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