Heute ist der 9.7.2019, und das bedeutet für mich in erster Linie, dass ich 25 Jahre alt geworden bin. In zweiter Instanz aber heißt es auch, dass heute mein Geburtstag ist.
So will es die Logik.
Menschen aller Art, und damit meine ich jetzt nicht mal Menschen aller Welt sondern schon alleine die unseres Kulturkreises, verbinden die verschiedensten Dinge und Aktivitäten mit ihren Geburtstagen. Allermeistens ist es ein freudiger Anlass der ordentlich gefeiert gehört, alle Freunde werden eingeladen und es wird eine fette Fehde geschmissen, nach Ibiza in den Urlaub geflogen oder eine spektakuläre Location angemietet, um diesen besonderen Tag noch lange in Erinnerung zu behalten. Wiederum andere Personen sind ruhiger veranlagt und fahren zu ihrer Familie oder laden nur ein paar Freunde zum Kaffee ein, und wiederum andere feiern gar nicht, aus den verschiedensten Gründen.
Ich befinde mich irgendwo dazwischen, mit klarer Tendenz. Ich glaube, richtig gefeiert habe ich meinen Geburtstag das letzte Mal mit 13 oder 14. Und seit ich 16 oder 17 bin, ist mein Geburtstag kein besonderer Anlass mehr, sondern ein Tag wie jeder andere, höchstens noch etwas deprimierender. Aber warum habe ich seit fast 10 Jahren keinen Geburtstag mehr gefeiert? Es ist noch viel, viel zu früh, um auf diesem Blog übermäßig viel über mich und mein Seelenleben preis zu geben, aber ich will zumindest anschneiden, dass es vor allem zwei konkrete Gründe gibt.
Der eine ist, dass ich das Altern fürchte wie die Fliege das Spinnen-Netz. Das Altern, und den Tod. Meine größte Angst, und das hängt sicher auch mit meiner zweiten Sorge zusammen. 25 mag für viele vielleicht noch relativ jung klingen, aber es ist nun offiziell das Alter, in dem ich mich nicht mehr junger Erwachsener nennen darf, zumindest nach gesellschaftlichem Verständnis. Es ist das Alter, in dem es auf 30 zugeht. 30. Aus meiner Perspektive unendlich alt. Unvorstellbar. Und es ist ein Alter, das ich so langsam auch als Halbzeit meines Lebens erkennen muss - Und ganz ehrlich, das bisherige Fazit ist ernüchternd, die Amazon-Rezension betrüge höchstens zwei Sterne. Aber das ist ein anderes Thema, jedenfalls ist das pure älter werden für mich kein Anlass zum Feiern, und ich verstehe auch die Aussage 'Herzlichen Glückwunsch' in diesem Kontext nicht. Glückwunsch zu was? Dass ich älter geworden bin? Das ist der Prozess des biologischen Verfalls meines Körpers, da steckt keine Eigenleistung drin abgesehen von der Tatsache, dass ich ein weiteres Jahr überlebt habe. Sicherlich nicht einfach in unserer Welt, aber sein wir ehrlich, ich lebe in Deutschland, was will ich euch schon von Überleben erzählen? Das ist auch der Grund, warum ich andere zum Geburtstag nicht beglückwünsche, sondern ihn zum überstandenen Jahr gratuliere. Schön, das mag dem ein oder anderen vielleicht etwas zynisch vorkommen, aber es steckt wenigstens ein Sinn und eine Intention dahinter.
Die eine und dominante Tatsache, weswegen meine Geburtstage in der Regel etwa so fröhlich und spaßig sind wie eine Autogrammstunde bei Mario Barth, ist die, dass ich einfach sehr, sehr einsam bin. Das ist zumindest meine Perspektive. Ich will und werde jetzt hier nicht ins Detail gehen, aber es genügt zu sagen, dass ich nur sehr, sehr wenige mir wichtige Menschen im Leben habe, und nochmal weniger, denen ich wichtig bin. Ich habe seit langer Zeit mit Depressionen und Schlimmerem zu kämpfen. Ich bin, ganz allgemein, kein glücklicher Mensch, und erinnere mich nicht an das letzte Mal als ich es war.
Alles halb so wild, alles nicht so schlimm, mir geht es gut, nur an Geburtstagen wird dieser Kontrast - Wie übrigens auch an anderen Feiertagen wie Silvester, Valentienstag, Halloween - schmerzhaft und brutal spürbar wenn man immer wieder mitbekommt und weiß, wie ausgelassen und in angenehmer Gesellschaft andere diese Tage begehen, bei ihren Liebsten sind die sich für sie interessieren und engagieren. Und dann wandert der Blick zu einem selbst, der wenn es hochkommt zwei Anrufe am Tag bekommt, bei dem auch nicht viel mehr zu hören ist als - Ihr ahnt es - 'Herzlichen Glückwunsch.' Toll. Natürlich gibt es auch bei mir den ein oder anderen Freund mit dem ich am Geburtstag etwas Zeit verbringen kann, gerade heute werden zwei Freunde bei mir sein, und ich will auf keinen Fall undankbar erscheinen für alles, was man hat. Selbst ein einziger Mensch kann doch genug sein, um einem den Geburtstag zu versüßen. Aber der springende Punkt ist doch für mich, und vielleicht ja auch für den einen oder anderen da draußen, dass ich ein unglücklicher Mensch bin. Und dass ich mich nicht dazu aufbringen kann, für einen Tag glücklich zu sein, nur weil meine Mutter mich vor 25 Jahren geboren hat. Ausgelassen eine Party zu feiern mit ein paar wenigen Bekannten und Freunden obwohl ich genau weiß, dass mich das nicht erfüllt und mir nicht reicht. Dann doch lieber gleich ganz lassen und sich wenigstens nichts selbst vormachen oder seinem Umfeld suggerieren, dass ja alles voll okay sei.
Das ist hier aber dann doch etwas mehr als eine Ode an das Selbstmitleid, ich möchte daraus meine Schlüsse ziehen, was Geburtstage für Menschen wie uns so unangenehm macht. Denn natürlich verbirgt man seine Stimmung, sein Unglück tagtäglich vor dem Umfeld und der Familie, und diese versteht dann nicht, warum man denn nicht feiern will. Man sei doch noch in einem Alter, in dem man seinen Geburtstag feiert. Wenn sehr, sehr seltenerweise doch mal ein Bekannter bzw. Freund von sich aus, unaufgefordert(!) fragt, ob er vorbeikommen soll oder man feiern möchte und man darauf gar nicht so Lust hat, hat man den Salat. Jetzt erklär mal, dass du deinen Geburtstag nicht magst ohne grob oder unsensibel zu sein und den anderen zu verprellen, der vielleicht ein völlig zufriedener, glücklicher und lieber Mensch ist der ein ganz normales Verständnis von Geburtstagen hat und das nicht in Einklang bringen kann damit, warum du an deinem Freudentag so ein verdammter Miesepeter bist du Arschloch. Es ist schwierig. Und es ist natürlich sehr viel wert wenn man jemanden hat, der einen da versteht. Es mag abgehoben klingen, aber nur jemand der unglücklich ist kann jemand Unglücklichen verstehen. Das ist weder Dramatik noch Geschnulze, es ist eine Erfahrung, die ich in den letzten acht Jahren gemacht habe, und an der nicht zu rütteln ist.
Werden wir mal etwas weniger negativ und reden noch kurz über Geschenke. Auch hier händelt es jeder anders. Die einen finden es materialistisch und verschwenderisch, die anderen freuen sich schon drei Monate vorher darauf und zermartern sich das Hirn darüber, was sich ihre Freunde wohl Tolles einfallen lassen. Ich muss sagen ich freue mich sehr über Geschenke, umso mehr wenn sie zeigen, dass derjenige sich in irgend einer Form Gedanken gemacht oder sich mit mir beschäftigt hat. Denn so halte ich es auch, wenn ich jemandem etwas schenke. Es muss Mühe hinein, es müssen Gedanken hinein, es soll etwas Besonderes sein das der Person zeigt, dass ich sie gern habe.
Nun muss ich leider gleich wieder etwas grau in grau werden. Ich hoffe alle Bekannten und Angehörigen verzeihen mir wenn ich nun dieses und jenes übergehe bzw. vergesse, aber bei mir ist es in der Regel so, dass ich nichts bekomme, dass ich mir nicht auch explizit gewünscht hätte, oder nur etwas sehr Simples. Ihr wisst schon, Süßkram, etwas Hobby-Bezogenes aus dem örtlichen Spieleladen. In den allermeisten Fällen aber einfach gar nichts, meine Mutter mal ausgenommen. Das hängt zum einen damit zusammen, dass ich nicht so viele Bekannte habe, zum anderen damit, dass meine Freunde alle wenig Geld und Zeit haben und zuletzt... na ja, das ist nur meine Theorie, aber zuletzt sicher auch zu großen Teilen, dass ich niemandem wichtig genug bin, um sich mal ernsthaft Gedanken über ein Geschenk zu machen. Und dann gehe ich online auf Seiten wie Reddit oder Facebook und sehe stangenweise Beiträge und Fotos von anderen Leuten an ihrem Geburtstag.
Guck mal, was für eine epische Game of Thrones-Torte mit Thron und allen 67 Hauptcharakteren darauf aus Marzipan mir meine Frau gemacht hat.
Schaut, mein Kumpel hat mir zum Geburtstag eine Bibliothekskollektion meines Lieblingsautoren in erster Auflage geschenkt!
Oh seht nur, ich musste weinen und schluchzen vor Freude, als meine Ehefrau mich mit einem Urlaub in Italien zum Geburtstag überrascht hat.
Ja.
Okay okay ich weiß, man soll sich nicht mit anderen vergleichen, und vor allem nicht undankbar sein. Ich bin den Menschen dankbar die an mich denken, und das lasse ich sie auch wissen. Aber was ich mir aus diesen Einblicken in andere Geburtstage, in andere Leben mitnehme sind nicht die Sachen die sie bekommen, sondern die offensichtlich tiefen Gedanken und Zuneigungen, die dahinterstehen. Wenn dir jemand so etwas schenkt, dann liebt er dich. Er schenkt dir nicht etwas, weil er eine gesellschaftliche Konvention erfüllen, seine engebildete Pflicht dir gegenüber abtragen oder sein Gewissen beruhigen will.
Er macht dir ein Geschenk, weil er dich liebt, und will, dass du das an deinem wichtigsten Tag im Jahr weißt.
Und ist es an unserem Geburtstag letztendlich nicht genau das, womit wir überschüttet werden wollen? Liebe?
Für die, die das Privileg haben, sie auch zu bekommen und hoffentlich wertzuschätzen -
Herzlichen Glückwunsch.
- Yoraiko
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