2014 endete die zweite Ablegerserie des wahrscheinlich populärsten, westlichen Anime aller Zeiten, Avatar, in diesem Fall Die Legende von Korra. Für viele Fans hinterließ dieses vierte Staffelfinale ein Loch, für viele aber auch nicht - Der Konsens der Avatar-Gemeinde war, ist und wird wohl weiterhin sein, dass Korra die in vielerlei Hinsicht schwächere Serie als Vorgänger Aang ist. Ich stehe dem exakt andersherum gegenüber und bin leidenschaftlicher Verfechter beider Serien, würde Legend of Korra aber mit gesundem Abstand vor The Last Airbender einordnen. Das zu diskutieren wäre aber Thema eines eigenen Artikels.
Seit Juli 2017 wird Korra, wie auch Aang zuvor, als Comicserie fortgesetzt, eine dankbare Entwicklung, die Korra-Enthusiasten wie ich mit Freude zur Kenntnis genommen haben, nachdem wir alle die burschikose, eigenwillige Wasserstamm-Bändigerin über vier Staffeln in ihrer Entwicklung verfolgt haben, uns eingelebt haben in dieser futuristischen Fantasy-Welt, welche das Worldbuilding des Vorgängers exzellent weiterführte.
TURF WARS oder auch 'Revierkämpfe' war der erste Band dieser Fortsetzung, welchen ich als begehrte Library Edition bekommen konnte - zu einem stolzen Preis. Güldene 40 € blättert man für dieses Buch hin, und während sich die Veröffentlichung somit offensichtlich vor allem an Vollblut-Fans richtet, die das Korrasami-Shipping weiter verfolgen möchten, ist es auch die Aufmachung, die diesen Preis in meinen Augen rechtfertigt. Es werden alle drei, zuvor als Taschenbuch veröffentlichte Kapitel zusammengeführt.
Hier noch einmal die Rückseite und meine Hand zum Größenvergleich. TURF WARS ist riesig. Das Buch ist ein Monster, es ist unheimlich groß und richtig schwer, es fühlt sich wunderbar-wertig an und jede Seite ist dick und seidig-glatt. Eine Library Edition in der Tat, die zwar auch als günstigere Taschenbücher existiert, ich aber mit Freuden in einer solch prachtvollen Form in die Sammlung aufgenommen habe.
Die Handlung wurde für diesen ersten, einsteigenden Band simpel gehalten, da man sich hier, wie auch durch die Vorworte der beteiligten Autoren und der bisexuellen Künstlerin klar wird, zunächst erstmal auf die Ausrichtung der Comicserier konzentriert und diese ganz klar etabliert:
'LGBT - The Comic.'
Es geht hier vor allem um die romantische Liebesbeziehung zwischen Protagonistin Korra und Kollegin Asami, welche in der allerletzten Folge der vierten Staffel so gut es eben in einer Nickelodeon-Serie ging angedeutet wurde und damit wenig überraschend für hohe Wellen schlug. Ähnlich der GiveElsaAGirlfriend-Bewegung steht hier die Begeisterung hinter der Tatsache, dass große, weibliche Heldinnen auch divers oder eben lesbisch sein dürfen. Während ich empfand, dass die Macher in der letzten Staffel gut auf auf diese Entwicklung hingearbeitet hatten und mehr divers in unserer Popkultur ohnehin immer begrüßenswert ist, bin ich durchaus Fan von Korrasami - zumal der männliche Hauptcast von Legend of Korra nie wirklich mit Charismabomben bestechen konnte, das ist wirklich etwas, in dem The Last Airbender die Nase vorne hat. Wie dem auch sei, sowohl Verantwortliche als auch der Comic selbst machen von Anfang bis Ende klar, wo der Fokus auf der Comicfortsetzung liegt, und das ist die Romanze, das Verständnis um LGBT, die Toleranz für Andersartigkeit. Das wird in den Dialogen mal mehr, mal weniger subtil umgesetzt:
Tatsächlich schafft Autor Michael Dante DiMartino es aber, einen guten Spagat zwischen ernsthafter Handlung und LGBT-Messages zu kreieren, so dass die unterliegende Politisierung von Korrasamis wirklich schöner, homogener Beziehung nie zu direkt oder gar störend wird. Und ich meine, wer möchte bei solchen Bildern denn nicht dahinschmelzen?
Süß. Ähem. Die Rahmenhandlung ist wie schon gesagt eher einfach gehalten und kann sich deswegen inhaltlich auch nicht wirklich an der Serie messen - ist aber nicht schlimm, stört niemanden, denn hier ging es ja wie gesagt erst mal darum das Comicverse zu etablieren. Wir begleiten Korrasami dabei, wie sie direkt nach dem Serienfinale(!) eine friedliche Urlaubsreise durch die Geisterwelt unternehmen, welche jedoch abrupt endet, als sie nach Repuplic City zurückkehren und ein Großkonzern das spirituelle Tor ziwschen den Welten zum Freizeitpark umfunktionieren will. Dann sind da auch noch die Bandenkriege und der zentrale Antagonist des Comics, Schläger und bald Halbmensch Tokuga, der Repuplic City mithilfe der in Staffel 4 zurückgelassenen Kriegsgeräte von Kuvira unterwerfen und als Geisel nehmen will.
Die Handlung besitzt seichte Spannungsmomente, brilliert aber vor allem darin, sich natürlich an die Serie anzufügen und sich ganz und gar nicht wie ein 'Gimmick' anzufühlen. Es werden Bezüge wie die Invasion von Kuvira oder die Beziehung von Asami zu ihrem Vater eingebracht, die diesen Comic stimmig ins Große Ganze einfügen. Klar, der Banden-Emporkömmling Tokuga ist weder ein Equalizer-Amon noch eine Unifier-Kuvira, aber das will man hier auch gar nicht erreichen, darum passt das schon. TURF WARS bietet gute Dialoge, tolles Worldbuilding, einige interessante, neue Gesichter, angenehme Entwicklungen zwischen den handelnden Personen, einwandfrei-hochwertige und prachtvolle Zeichnungen, die zwar nicht an die Bildgewalt der Vorlage heranreichen, diese aber im Comicmedium würdig vertreten.
Dem Antagonisten Toguka wird nicht mehr screentime eingeräumt als unbedingt nötig, er bekommt keine wirkliche Tiefe oder Motivation abgesehen davon, dass er ein fieser Schurke ist, aber all das kann man angesichts dem Angelpunkt von TURF WARS verzeihen, zumal das Ende des Bandes auch ein comeback für Tokuga offen lässt.
Der Comic liest sich trotz seiner Massivität schnell und flüssig durch, es gibt so gut wie keine Längen und das trotz der Tatsache, dass hier alle drei TURF WARS-Taschenbücher zusammengeführt wurden. Im Anhang gibt es noch Konzeptzeichnungen, kleine Extra-Artworks und Kommentare der Macher. Eigentlich ist der Comic ein Rundum-Sorglos-Paket für Fans, und das ist auch genau das, was bewirkt werden sollte. Nicht mehr und nicht weniger.
Fazit
Es gibt keine große Streitigkeit darüber, wer hier abgeholt werden soll: Große, überzeugte Fans der Airbender-Nachfolgeserie Korra. Wer gar 40 € für einen überdimensionierten Comicwälzer ausgibt, mit dem man einen Erdbändiger töten könnte, der stellt keine Fragen. Der will einfach. Ohne jede Vorgeschichte oder Zusammenfassung gibt man sich gar nicht erst die Mühe, eventuelle Neulinge ins Boot zu holen - und das ist gut so. Denn so unbekannt wie die Comicserie nunmmal leider ist, ist es schon ein Wunder, wenn ein adäquater Teil der Korra-Fanbase den seinerzeit mitbekommen hat.
Ich empfehle jedem, der mit der Serie Legend of Korra wirklich etwas anfangen konnte, der die Charakterentwicklung der Protagonistin mit Freude verfolgt hat und sich auch für ihre Romanze mit Konzernlady Asami erwärmen kann, hier reinzusehen - sei es in den kostengünstigen drei Taschenbüchern oder der wahrscheinlich bis 2100 halbtbaren Library Editon. Es ist ein Gesamtpaket das Fans grinsen lässt und keinem vor den Kopf stößt. Erwartet (noch?) keine komplexe Meerestiefe in den Dialogen oder der Handlung, erwartet als traurige Fans des Serien-Abschlusses gebauchpinselt zu werden.
Die Fortsetzung 'Ruins of an Empire' die sich mit dem Erdkönigreich beschäftigt, welches in Staffel 4 von Kuvira unterworfen wurde, ist bereits seit 2018 in Bearbeitung, leider aber noch nicht als Library Edition erschienen. Sobald es soweit ist werde ich mich dieser widmen und herausfinden, wohin die Beziehung dieser beiden starken Frauen geht und ob die Handlung der Comics doch noch zu der Serie aufschließen kann.
Bis dahin aber bin ich mit TURF WARS vollends zufrieden. Einfach herzerwärmend.
8 von 10 Creeping Crystals für Legend of Korra -
TURF WARFS
- Yoraiko
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Lass mich doch wissen, was du denkst!