Dienstag, 25. Februar 2020

RPG-Maker-Review: Calm Falls II (2004) - Just another Silent Hill








Erstellungsjahr: 2004
Ersteller: Kelven 
Genre: Horror, Mystery, Drama
Spielzeit: Ca. 3 - 5 Stunden
Engine: RPG Maker 2000


Ein Großteil meiner bisherigen RPG-Maker-Berichte konzentriert sich auf die frühen Projekte des deutschen Szene-Moguls Kelven, was schlichtweg daran liegt, dass ich bisher vor allem Makerspiele der 2000er Jahre rezensiert habe - Und diese WURDEN nun mal vollständig von Kelven dominiert. Kelven, der einst so viele, zumindest grundsätzlich hochqualitative Spiele in seiner Freizeit veröffentlichte, dass die 'Makersklaven' die er im Keller haben müsse zu einem Vorreiter deutscher Internetmemes wurden, wenn auch nur in der Blase der Makercommunity. 

Ein solches Projekt ist auch Calm Falls II, welches zu unrecht den Anschein erweckt, ein Nachfolger zu sein - Calm Falls, im übrigen das zweite Projekt von Kelven nach 'Die Bücher Luzifers', war in sich abgeschlossen, technisch, spielerisch und optisch unglaublich rückständig selbst für die damalige Zeit und hatte inhaltlich nicht viel mit Calm Falls II gemein abgesehen davon, dass beide Spiele zu einem fragwürdigen Maß von Silent Hill inspiriert sind. 

Callm Falls II also funktionierte und funktioniert unabhängig von seinem Vorgänger und war für viele Spieler auch der erste beider Teile, der konsummiert wurde. Mir ging es genau so, und da dieses Projekt im Gegensatz zum Erstling auch etwas besser gealtert ist, habe ich es zuletzt, 16 Jahre nach seiner Veröffentlichung, nochmal durchgespielt um etwas darüber zu schreiben und zu überprüfen, ob man Calm Falls II heutzutage wirklich noch spielen kann. Nun ja, sagen wir mal so, können heißt nicht müssen.


Es sei gleich mal gesagt: Wer mit der Silent Hill-Reihe vertraut ist, der bekommt hier genau das: Eine Silent Hill-Kopie mit leicht veränderter, nicht besonders komplexer Geschichte und hauchdünnen Charakteren, die eigentlich nur Plotfunktionen darstellen. Der überschaubare Soundtrack ist entsprechend auch gleich aus diesen Spielen gerippt und die 'Andere Welt' in Calm Falls ist ein erschreckend identisches Abbild jener ikonischen, von Blut, rostigen Wänden und obskuren Gestalten durchzogenen Welt, welche die Silent Hill-Reihe kreierte. Wenn man diese Reihe und diese Art Spiel mag, bekommt man hier einen äußerst simplen, kurzweiligen 2D-Abgleger, der im Großen und Ganzen keinem weh tut - Tatsächlich aber fast ausschließlich über Nostalgie funktioniert.


Denn so wirklich gut ist eigentlich nichts in Calm Falls II - Egal in welchen Bereich man guckt, egal wie weit man im Spiel fortschreitet, es will sich keine Befriedigung einstellen. Das Gameplay ist hohl und uninspiriert, die Dialoge geistlose Abzüge staubiger Thriller-Romane und die Grafik bestenfalls zufriedenstellend, trotz selbstgemachter Zeichnungen, Grafiken und eigenem Menü. Und man muss es eben verzeihen können, dass absolut gar nichts übrig bleibt, wenn man alle aus Silent Hill geklauten Elemente entfernt.


Für Nostalgiker oder RPG-Maker-Veteranen kommt jetzt aber die interessante oder bekannte Anekdote: Damals wusste ich all das nicht. 




Calm Falls II ereichte mich als Kind wie so viele Abkömmlinge der deutschen Makercommunity damals über die Bravo Screenfun - Ich war vielleicht zehn Jahre alt. Silent Hill so wie der RPG Maker waren mir vollkommen unbekannt. Darum störten mich die Parallelen keineswegs. Darum habe ich die krude Technik nicht verstanden sondern war fasziniert vom Horror und der Geschichte. 

Je mehr man beim Spielen von CFII darüber nachdenkt, wie die Technik des Tools funktioniert, desto alberner wirken manche der als kleine Höhepunkte inszenierte Bosskämpfe weil man mittlerweile weiß, mit welcher Route das Monster einen verfolgt oder wie man es ganz leicht austricksen kann. 

Musikalisch fiel mir vor allem auf, dass in der gesamten Stadt immerzu das selbe, eine Silent Hill-Stück spielt, das aber
glücklicherweise so zurückhaltend und verträglich ist, dass es einen nie stört. Überhaupt ist die Umgebung unglaublich leblos - Man merkt dem Spiel sein Alter an. Nirgengdwo bewegt sich etwas, es gibt keine Soundeffekte, keinen Wind, keine Tiere und schon gar keine Menschen, die Kleinstadt Calm Falls wirkt unglaublich tot und vielleicht hilft das der Geschichte auch, aber es fühlt sich alles sehr rückständig an. Die Dialoge sind wie gesagt so sporadisch gehalten, dass sie immer nur das Allernötigste beinhalten und jedwede Gefühlsregungen oder gar eine Charakterisierung unseres Protagonisten Dave Sherlington bleiben aus. 

Interessant für mich war ein Phänomen, das denke ich viele Spieler, die in den 80ern und 90ern aufgewachsen und mit alten RPGs in Berührung gekommen sind nachvollziehen können: Calm Falls II ist überraschend kurz. Ich habe immer mal Abends reingespielt und war nach einer knappen Wochen durch, das hatte ich anders in Erinnerung. Warum? Weil ich damals mit den spielerisch überaus simplen gänzlich unproblematischen Bossen länger zu kämpfen hatte, weil ich mir mehr Zeit nahm die leeren Gebiete anzustarren, weil alles so viel ominöser war.

Spielt man Calm Falls II an einem Stück durch, spielt man vielleicht 3-4 Stunden daran. Das Spiel ist kurz und das ist angesichts seiner Qualität sicher auch gut so.

Das Gameplay kurz zusammengefasst: Ihr geht von Punkt A nach B, sprecht mit Personen und müsst in verschiedene Orte eindringen. Diese Orte werden immer von kleinen Hindernissen blockiert, die man lustigerweise anders aus dem Weg schafft als in den meisten RPGs: Während man meistens kombinieren, finden oder herstellen muss, geht man hier - Kein Scherz! in einen von zwei Läden, um sämtliche Werkzeuge und Geräte einfach mit Dave Sherlingtons anscheinend dicker Geldbörse zu kaufen, die man braucht. Okay Kelven, warum nicht? Ebenso amüsant ist der explizite Hinweis am Anfang des Spiels, dass man Gegenstände im Menü selbst verwenden muss und dies an den Stellen nicht automatisch passiert - "Das ist Gameplay,
keine umständliche Gängelung!". Nicht zuletzt bemerkenswert, weil die Itemsan willkürlichen Stellen im Spiel eben doch automatisch eingesetzt werden. Tja, so war das damals...



Abschließend möchte ich eigentlich nur noch zwei Dinge zur Story sagen: 
Einmal, es gibt gewisse Dinge die ein Autor niemals, unter gar keinen Umständen tun darf. Eine davon ist, dass der Protagonist wichtige Informationen für die Handlung durch Zufall findet.

Wie es der Kelven so wollte, passiert es vier oder fünf Mal in Calm Falls II, das Dave übereinen Zeitungsartikeloder Ähnliches auf einer Straße (!!!) stößt, der ihn voran bringt. Man könnte darüber mit neuzeitlichem Entsetzen über die damalige Entwicklung den Kopf schütteln aber wenn man gaaaaaaaaanz großzügig ist könnte man das auch als gewolltes Plot-Device auslegen, das auf den Twist am Ende hinarbeitet.



Als Kind war ichd avon absolut geflasht. Ich habe es nicht kommen sehen, auch wenn die Art solcher Plots ebenso im Silent Hill-Universum beheimatet war. Und seltsamerweise,
obwohl man als Spieler so gut wie keine Verbindung zu Protagonist Dave Sherlington aufbaut, tat er mir damals in der letzten Szene unglaublich leid und das hat mich wirklich für Wochen beschäftigt - Die Erinnerung an diese Szene hat mich nie verlassen. Sie blieb mir irgendwie immer im Kopf, obwohl sie so extrem minimalistisch ist. Auch diesmal bekam ich wieder eine leichte Gänsehaut, es ist einfach die tragisch-triste, psychologische Komponente, die Kelven hier am Ende verbaut hat und die kaum ein Happy End zulässt - Ein Konzept, das auf eigentlich jede Art von Geschichte anwendbar ist und deswegen auch funktioniert hat.



Fun Fact: Der Game Over-Screen ergibt mit der Auflösung im Hinterkopf auch befriedigend viel Sinn.


Fazit

Calm Falls 2 ist ein Projekt für Nostalgiker und Retro-Horrorfans mit ein paar Stunden Zeit für ein schrulliges Silent Hill-Fanprojekt. Optisch nicht besonders gut gealtert hat Kelven zumindest mit einigen netten Effekten, hübschen Splatter-Grafiken und solider Umgebung dafür gesorgt, dass das Spiel nicht hässlich ist, musikalisch wird man effektiv in die frühen 2000er zurückversetzt und spielerisch... gibt es keinerlei Anspruch. Ihr lauft herum, drückt Knöpfchen, lauft vor Monstern weg. Und dürft immerhin in diesr Reihenfolge mit Brechstange, Messer, Axt, Morgenstern, Sense und Kettensäge kämpfen - Wuu, cool! Ob man als makerfremder Horror-, oder Pixelfan jetzt unbedingt dieses Werk von Kelven betrachten muss? Das glaube ich eher nicht. Wer das Projekt von damals kannte oder alle Werke Kelvens spielen möchte, der kann durchaus nochmal reinschnuppern. Alle anderen beginnen vielleicht doch lieber mit den besseren Horrorausflügen Kelvens wie etwa 'Alice'. 



5/10 Hautklumpen für Calm Falls II

- Yoraiko 



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