Samstag, 21. Dezember 2019

RPG Maker-Review: Alex III (2014)




Kelven ist, das weiß man vielleicht nur wenn man sich in der winzigen, deutschen RPG Maker-Szene auskennt, einer der, wenn nicht DER größte Hobbyentwickler dieser Subkultur. Mit Genres wie Fantasy, Horror und auch Humor landete er früher regelmäßig große Hits und lieferte kostenlose Spaßgranaten ab. Vor allem in jüngerer Vergangenheit allerdings stolperte der verschrobene Genius auch mal öfter über seine eigenen Ambitionen und es entstanden durchmischte bis einschränkungslos grottenschlechte Spiele. Vor allem der Humor Kelvens hat sich mit der Zeit geändert, wurde stumpfer, einsilbiger, erwartbarer. Die tragische Krönung dieser Rückentwicklung eines Entwicklers, der sich für bauchmuskelzerreißend-lustige Titel wie 'Sonnenschauer' oder 'Zauberer & Prinzessin' verantwortlich zeichnet, stellte 2014 das Folgeprojekt 'Alex III' dar. Der dritte Teil einer kleinen satire-Comedy-Reihe, die gängige Klischees des Makergenres auf den Arm nahm. Die ersten beiden Teile, die viele Jahre zurücklagen, waren durchaus amüsant und besaßen trashigen Charme.


Wie also präsentierte sich dem eventuell zurückkehrenden Spieler oder leidenschaftlichem Kelvenfan der ambitionierte, lange erwartete dritte Teil von Kelvens Nischencomedy? Das lässt sich in zwei Worten zusammenfassen:
Nicht lustig.

Parodie. Das ist es, als was Kelven den neusten Ableger seiner Alex-Reihe verkauft. Und doch ist es genau das, was Alex III schlicht und einfach nicht ist. Es gibt verschiedene Arten einer Parodie, die Häufigste soll in irgendeiner Form lustig sein. Genau diese Art hat Kelven auch hier einsetzen wollen, ohne Erfolg. Das Intro hat wirklich hübsche, witzige Momente, in denen ich Schmunzeln oder sogar kurz Lachen musste, weswegen ich auch einen guten, ersten Eindruck vom Humor sammeln konnte. Danach werden die parodierend gemeinten Gags allerdings permanent und tatsächlich konstant schlechter derartig flach, unkreativ und stumpf abgefeuert, dass ich mich wirklich, wirklich, wirklich und ohne bösen Willen fragen musste, wer über so etwas Lachen kann. Das war Humor für Zehnjährige, solch einer, der in einer KIKA-Sendung von einem kostümierten Maskottchen in übertrieben hoher Stimme und furchtbarer Betonung wiedergegeben wird. Also, von der Präsentation her. Versteht mich nicht falsch: Holzhammer-Humor muss nicht schlecht sein. Wenn ich an Sonnenschauer sowie Zauberer & Prinzessin denke, so erkenne ich, dass Kelven schon immer den Holzhammer-InsGesicht-Humor für seine Spiele wählte. Nur tat er das in der Vergangenheit fantasievoll, kreativ und mit Hingabe, ja man merkte förmlich, dass der Ersteller dabei seinen Spaß hatte. Und in Alex III? Da kommen viermal im Spiel NPC’s auf einen zugerannt und erzählen einem tragische Geschichten, die durch ihre Stumpfheit lustig sein sollen. Vier Mal der selbe Witz. Ohne Pointe.

Aber hey, der mangelnde Humorfaktor ist etwas, das einen nicht beim Spielen stört und auch irgendwo auf den Geschmack geschoben werden kann, viel schlimmer und fataler ist hier - in einer Parodie! - das Kampfsystem. Ich habe seit meiner Kindheit viele, sehr viele Makerspiele durchgespielt. Sicherlich 70 % der deutschen Datenbank bis 2010. Und in den allerwenigsten davon - In Aktuellen schon GAR NICHT - gab es ein solch gigantomanisch in den Sand gesetztes Ekel-Balancing wie hier. Alex III darf sich rühmen, eines der drei nervigsten Kampf-Gameplays aller Zeiten zu besitzen, das schließt kommerziele Spiele ein. Davon abgesehen, dass das Standard-KS des Maker-Tools lieblos, eintönig und beinahe standbildhaft umgesetzt wurde, ist der Schwierigkeitsgrad, vorallem normaler Gegner, derartig pervers hoch, dass man mit noch so viel Entschlossenheit herangehen kann wie man möchte, man wird nach spätestens einem Dungeon wieder komplett die Nase voll haben vom Spaß. Die Bosse scheuen sich nicht, übermächtige Gruppenangriffe vier, fünf Mal hintereinander einzusetzen, und das mit Schadenswerten, die dem Gesamtwert der Helden gefährlich nahe kommen. Allein für dieses Balancing würde Alex III den Titel zum nervigsten Spiel 2014 für mich außer Konkurrenz verdienen.

Was ist die Ausrede für den Humor und vorallem die Kämpfe seitens Kelven? ‘Sie sind teil der Parodie’.

Nein. Es sei gestattet, mir an dieser Stelle einmal anzumaßen, ganz deutlich zu sagen: So funktioniert eine Parodie nicht. Wirklich nicht. Etwas Schlechtes, Nerviges, Unerträgliches, Langweiliges und Verhasstes zu nehmen und dann genau so in seine Parodie einzubauen, nur um zu zeigen, wie originalgetreu man es parodiert, ist fernab jeglicher Vernunft. Das will kein Mensch haben, denn wenn man eine humoristische Parodie spielt, erwartet man, kreativ und leichtherzig mit bekannten Elementen auf ganz neue Weise unterhalten zu werden. Niemand, wirklich niemand würde mit der Einstellung herangehen, von einer Lahme Kämpfe-Parodie schlicht und einfach Lahme Kämpfe zu bekommen. Das ist nicht lustig, das ist nicht kreativ, das ist keine Parodie mehr, es ist genau so unerträglich wie eine eventuelle Vorlage. Ich meine, nehmen wir Kalkofes Mattscheibe. In dieser zum Schreien komischen Satire-Sendung wird in kurzen Clips das Dümmste und Schwachsinnigste aus dem deutschen Fernsehen parodiert, höchst amüsant und einfallsreich. Würde diese Sendung funktionieren, wenn man schwachsinnige, arschlahme und unfassbar dumme Sendungen schwachsinnig, arschlahm und unfassbar dumm kommentiert? Fände das irgendwer witzig? Um nur mal ein Parodie-Beispiel zu nennen. Man kann als Parodierender seinen Spielern gewisse Vorlagen einfach nicht antun, weswegen man sie bearbeiten muss, will man eine gute Parodie abliefern. Abgesehen davon, dass ich kein Makerspiel kenne, das tatsächlich so miserabel ausbalanciert ist wie Alex III, obwohl Kelven nicht müde wird, andere klassische Spiele als Ausrede vor das Balancing zu schieben.

Ganz allgemein merkt man dem Spiel an, dass Kelven entweder selbst keine große Lust darauf hatte oder alles nur sehr schnell hingeklatscht hat. Die Dialoge wirken gezwungen, kurz und in etwa so anspruchsvoll wie eine Folge TV Total in Textform, die Dungeons sehen aus, als hätte Kelven erst übermorgen mit dem Mappen angefangen und der Grafikstil sagt mir - Nur ganz persönlich - überhaupt kein bisschen zu und kommt nicht gegen Kelvens sonstige, kreative Grafikpracht an, weswegen Alex III auch optisch sein mit Abstand schwächstes Spiels ist, mir zufolge.

Doch hat Alex III nur negative Punkte? Nein… die Musik ist episch. Allein das Titeltheme hätte mir fast die Hosen ausgezogen vor Klanghaftigkeit. Das Kampftheme würde in einem Action-Kampfsystem gut zur Geltung kommen und auch die Dungeon-Themes waren mitunter ein Gedicht. Großartige musikalische Inszenierung, welche an dieses Spiel leider komplett verschwendet ist. Die Artworks gefielen mir teilweise auch gut, allen voran das von Bösewicht Algos. Das Intro war sehr lustig und unterhaltsam. Wenige, sehr wenige Szenen waren schmunzelwürdig. Dann hört es leider schon auf. Und das, wo ich dem Titel positiv und händeringend gewillt gegenüberstand wie man es nicht Glauben würde.

Was kann ich also abschließend zu Alex III sagen? Das Spiel ist ein bisschen wie eine RTL-Doku Soap; kein bisschen lustig und trotzdem muss man manchmal Schmunzeln. Wenige Szenen sind amüsant, die Musik ist purer Sex für die Gehörgänge, das Intro stimmt einen amüsiert auf das Kommende ein. Danach sollte man Abschalten. Der Humor des Spiels ist geradezu schmerzhaft unlustig, gewollt und auf eine sehr junge Zielgruppe zugeschnitten, die Grafik überhaupt nicht das, was man von Kelven kennt und liebt, das Balancing eines der größten und nervenaufreibendsten Desaster in der Geschichte des RPG-Makers.

Würde ich also sagen, Alex III ist ein schlechtes Spiel? Mindestens.

Würde ich es weiterempfehlen?

Nicht mal Leuten, die ich hasse.

Hat es Stärken? 

Ja, die hat es.

Ist es eine gelungene Parodie? 

 

Ich will letztendlich nicht behaupten, Alex III würde keine Abnehmer finden. Wer weiß. Es gibt sicher ein paar bereitwillige Fans, denen Fips Asmussen zu lustig geworden ist… in diesem Sinne, einen feuchtfröhlichen Spaß wünsche ich euch mit Sonnenschauer oder anderen, besser gealterten Titeln von Kelven, mit denen ihr viel und lange Lachen könnt. Nur lasst die Finger hiervon. Bitte.

- Yoraiko

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