Montag, 25. November 2019

Manga-Review: Ousama Game - Spoiler: Lest es nicht.



Manchmal fragt man mich, warum ich meine Zeit darauf verschwende über Sachen zu schreiben, die ich gar nicht mag. Oft lässt sich das mit Leideschaft, brennendem Zorn oder tiefliegender Enttäuschung erklären. Bei Ousama Game ist dieser Beitrag aber einfach nur ein literarisches Kopfschütteln, das ich mit allen Menschen teilen möchte, die dieses konkurrenzlose Fertigsuppen-Schweißgemisch aus beschissener Story und noch mehr beschissener Ausführung ebenfalls gelesen haben. Und mit denen, die es hoffentlich nicht mehr lesen - Lasst es bitte sein. Das ist die Quintessenz dieses Beitrags. Eine wertvollere Verschwendung eurer Zeit wäre es, jemanden zu entführen, einen scheiß Baum zu pflanzen der eh in ein paar Jahren von einem Bauprojekt platt gewalzt wird oder euch lustige Gifs von in den Tod stürzenden Kindern auf Reddit anzusehen. Da auch ich freilich Besseres zu tun habe, als einen großen Haufen Hundekot vorne an der Tafel zu erklären, halte ich mich kurz. Nein, wirklich. Und ich werde einfach eine vollkommen spoilerhaltige Zusammenfassung der Ereignisse wiedergeben um euch zu zeigen, dass Ousama Game so unglaublich bescheuert ist, dass man es schon wieder respektieren muss. Ich mach nur Spaß, dieser Dreck verdient alles, aber keinen Respekt. Haha

2. All supernatural or preternatural agencies are ruled out as a matter of course.

Was das ist? Das ist die 2. der 10 Mystery-Regeln des Ronald Knox, einem Mystery-Autor des frühen 20. Jahrhunderts, der eben jene Regeln für alle Krimis und Mystery-Geschichten aufstellte. Selbst wenn wir diese Regeln nicht kennen, beachten wir sie doch unbewusst - Nichts, aber auch wirklich gar nichts ist ein solches No-Go wie einen ernsthaft aufgebauten Thriller mit "MAGIEEE!!WUHUUUU~" zu erklären. 
Ihr ahnt es: 
Ousama Game hats nicht beachtet. Weder das noch irgend eine andere Regel des Storytellings oder auch nur gesunde Menschenverstandes. 

Der Plot ist denkbar simpel:
Die 32 jugendlichen Schüler einer Klasse bekommen eine SMS des geheeeeeeeimnisvollen Ousama, der sie zu einem Königsspiel zwingt - Fortan erteilt er ihnen auf diesem Wege immer extremere Befehle, die sie ausführen müssen - Oder sie sterben. An diesem Setting ist wirklich nichts neu oder kreativ, aber als grundsolider Thriller kann das schon funktionieren - Hat es hier nur leider nicht, weil der Autor Nobuaki Kanazawa, der den Protagonisten übrigens 1:1 nach sich benannt hat(!) offensichtlich nicht voraus geplant sondern einfach drauf los geschrieben hat. Über vier Bände lang entspinnt er einen 'WER AUS DER KLASSE IST OUSAMA?'-Plot, der auch tatsächlichtrotz seiner Flachheit 2-3 Bände lang einigermaßen gut funktioniert - Auch wenn mir bereits auf den ersten paar Seiten klar war, wen der Autor ursprünglich als Täter geplant hatte, bevor er beschloss einfach auf die Logik zu scheißen und Magie zu benutzen - Protagonistenfreundin Chiemi. Das wird in den ersten drei Bänden überall stark angedeutet und ist einfach ein so uraltes Klischee, dass die dem Helden nahestendste, unschuldigste Person der Täter ist, dass das hier unvermeidbar erschien. Aber selbst das wäre weniger schlimm als die tatsächliche Lösung gewesen. Schnell merkt man, dass es keine realistische Lösung für die immer absurderen Tode der Schüler geben kann - Da verbrennt einer aus dem Nichts, dem Nächsten fällt der Kopf ab und wiederum einem Anderen platzen Hände und Füße. Während man sich bei den ersten Toden durch Erhängen oder Selbstmord noch den Kopf darüber zermartern kann, wie Ousama das bewerkstelligt hat, stellt sich schnell heraus, dass jeder logische Gedanke hier verschwendet ist - MAGIC. 

Es ist keine Person, die hinter dem Todesspiel steckt - Wie wir in einer schnell zusammengekritzelten Erklärung auf den letzten Seiten des fünften Bandes erfahren, ist es eine virusartige Künstliche Intelligenz, welche die Weltherrschaft erlangen will und die mit Suggestion, ja Suggestion die Tode derer verursacht, die die Befehle lesen - Natürlich, wer kennt es nicht, Suggestion kann dafür sorgen, dass wir in Flammen aufgehen, erblinden, sich unsere Hälse wie Schraubstöcke verdrehen und unsere Köpfe platzen. Natürlich, warum sich auch die Arbeit machen, sein aufgebautes Mysterium sinnvoll zu erklären? Klar - Dass die Schüler vier Bände lang Nachforschungen und Ausschluss-Verfahren wie Spiele und psychologische Tricks anwenden, um den Ousama in der Klasse zu enttarnen und den Leser miträtseln zu lassen, ist im Kontext, dass das alles ja eigentlich vollkommen bedeutungslos und unwichtig war vielleicht ein gaaaanz kleeeiiiiin wenig KACKENDREIST, bedenkt man, dass der Manga sonst buchstäblich nichts hat, das man ihm positiv auslegen könnte - 

Die Zeichnungen sind nicht horrend hässlich, aber auch ein oder zwei Kontinente entfernt von prachtvoll, was sie in die wenig ruhmreiche Schublade der Mittelmäßigkeit steckt. Zwar versucht der Autor, sich mit den durchtriebenen und wahnhaften Gesichtsausdrücken der unter Todesdruck stehenden Teenager von anderen Genrewerken abzuheben, die Tatsache, dass diese jedoch genau wie das Verhalten der handelnden Personen maßlos überzeichnet und comichaft komödiantisch sind, macht die Darstellungen nicht nur albern sondern unfreiwillig komisch und lässt ihn gleich wieder auf dem Arsch landen.

Der Realismus und die Nachvollziehbarkeit der Charaktere ist von Anfang an - Selbst bevor es surrealistisch und schwachsinnig wird - quasi nicht gegeben, womit Ousama Game sich ganz klar als überspitzte Satire lesen ließe, wenn es sich nur nicht so schrecklich ernst nehmen würde. Klar, die Schüler dieser Klasse befinden sich im Klassenraum einer Schule, die wie so oft in solchen Settings VERLASSEN von Lehrern oder anderen Lebewesen zu sein scheint - Unterricht gibt es nicht. Reagiert irgendjemand außer ihnen darauf, dass einer nach dem anderen spektakulär abkratzt? Irgendwelche GERINGFÜGIG GRANTIGEN Eltern oder die Polizei? Nein, selbstverständlich nicht. Die Polizei tut das, was sie in rettungslos-bescheuerten Mangakrimis immer tut - 
Ähm aber liebe Polizei, was hat das mit Glauben zu tun? Ihr könnt Handys untersuchen, Daten zurückverfolgen, MIT ANSEHEN WIE EIN JUGENDLICHER NACH DEM ANDEREN AUS DERSELBEN SCHULKLASSE DAS ZEITLICHE SEGNET - Fällt euch da nicht ein Muster auf? Sicher, dass man den Schülern nicht glauben kann und einfach Däumchen drehen sollte? Die Existenz von Gott, einer Autorität die sich in den letzten 5000 Jahren verdächtig selten auf öffentlichen Veranstaltungen der Kirche hat sehen lassen hat was mit Glauben zu tun, das systematische Abschlachten von psychologisch-instabilen Teenagern ist ein beobachtbarer Fakt, selbst wenn das Schulgebäude verlassen ist und irgendwo im Nirgendwo stehen muss.

Abgesehen davon habe ich auch schon nach dem ersten Band in ein Forum geschrieben, dass das Verhalten der Jugendlichen selbst auch nicht besser ist - Es sind kaum zwei Befehle im Ousama Game vergangen, da DREHEN die Ersten Schüler vollkommen ab und werden zu psychopathischen Grenzfällen, bei denen man sich fragt, warum sie nicht gleich bei der Geburt in eine unter Starkstrom stehende Gummizelle geworfen wurden. Nein lieber Nobuaki Kanazawa, Menschen funktionieren nicht so. Nein, auch nicht in Extremsituationen. Wir rasten nicht gleich aus und gehen uns alle an die Gurgel wie läufige Gorillas in der Paarungszeit, wir verhalten uns wie zivilisierte Menschen und gehen zur Polize-ACH VERDAMMT!! 

Auch die Tatsache, dass alle Schüler bereits nach den ersten Erhängungs-Selbstmorden der Klasse das Ousama Game als unumgänglichen Zwang wahrnehmen, der sie in jeder Situation und mit jedem Mittel töten kann, sich gleichwohl aber sicher sind, dass der Täter unter ihnen in der Klasse ist, ist vollkommen bummsbescheuert  - Sie ERKENNEN SOMIT AKTIV DIE TATSACHE AN, DASS ES EINEN GOTT UNTER IHNEN GIBT, DER HERZSCHLÄGE, SPONTANE SELBSTENZÜNDUNGEN UND GLIEDMASSENABTRENNUNGEN verursachen kann. Was, ist das hier die Welt von Death Note? Man sollte meinen, echte Menschen würden zunächst nach rationalen Erklärungen suchen als sich wie die Überlebenden einer Apokalypse dem Spiel zu unterwerfen. Und ja, alle 32 sind altbekannte, käseflache Stereotypen ohne nennenswerte Tiefe oder Sympathie, es gibt im Manga keinen Charakter, dem man die Daumen drücken möchte - Alle sind nervig, oder Arschlöcher, oder einer Anstalt oder dem örtlichen Tierheim entlaufene Psychopathen oder alles davon.

Am Ende müssen natürlich unbedingt alle 32 sterben - Auch wenn die Bandzahl von 5 das mit einem Ousama Game pro Tag gar nicht hergibt - Also zieht der Autor sich einfach lustige Befehle aus dem Hintern, wie dass niemand mehr weinen darf, weil er sonst gegen die Regeln verstößt und stirbt - WIE PERFIDE!

Nur Protagonist und Self-Insert Nobuaki hat natürlich eine meterdicke Beton-Plotarmor, so dass jeder reißerische Cliffhanger und vermeintlich dramatische Schicksalsschlag sein Wohlbefinden betreffend am Ende eines Bandes oder Kapitels mit einem Augenrollen des Lesers im Nichts verpufft - Furzgeräusch inklusive

Am allerbesten aber wird es, wenn der Einzeller-Autor sich gegen Ende nicht mal mehr die Mühe macht vorzutäuschen, er würde hier irgendetwas im voraus planen oder überdenken, ehe er das Script auf die Blätter kratzt - So wird der Protagonist am Ende von Ousama vermeintlich zum Tode verurteilt um den Leser zu täuschen und sich als eine Fake-SMS einer Mitschülerin herausstellt. WARUM sie das tut, wird berechtigt gefragt - Und von jemand anderem buchstäblich mit der Aussage  
"IST DOCH JETZT EGAL, FREUT EUCH EINFACH!" abgeschmettert. 
Genau, Herr Kanazawa. Ist doch jetzt egal
Danke.

Das Ende ist hohl, inhaltsleer und unbefriedigend wie der gesamte Rest dieser gescheiterten Geschichte und damit ein passender Abschluss für einen der schlechtesten und dummdreistesten Manga, die ich je gelesen habe - Begann als klischeehafter aber solider Thriller, wurde sehr schnell zu einer überzeichneten Gruselparodie, für die sich sogar Tim Burton und der Geschichten aus der Gruft-Moderator in die Fötus-Position schämen würde, und entwickelte sich aus dem Blauen heraus zu einer Fantasy-Science-Fiction-Horrorstory ohne jeden Sinn und Verstand, bei der weder Leser noch Autor irgendeine Ahnung haben, was das jetzt eigentlich sollte und wozu nochmal die Bände eins bis vier nötig waren. 

Und weil das jetzt doch wieder viel zu viel Text war - ES TUT MIR LEID - hier noch ein paar schöne Bilder aus Ousama Game - Subtile Emotionen zwischen den Zeilen, mitreißend auf Papier gebannt wie es nur ein Hitori Renda kann - So unfähig der Gute auch ist, er hat mein Miteid dafür, dass er diese Geschichte bis zum Schluss illustrieren musste, die ihm als 'Spannender Psychothriller' verkauft wurde. Wenn es dich tröstet, Hitori - Du wurdest genau so verarscht wie wir alle. Wenigstens hast du Geld dafür bekommen. Und jetzt zurücklehnen und Genießen. 




 
Und heute bei 'Sätze die wir selten hören': 
"DU SCHLÄFST JETZT MIT MEINER FREUNDIN,
DU SCHWEIN!!





  


... 









Quasi ein Best of the Scheiße. Damit hat man den Manga eigentlich auch schon durchgelesen.
Der Anime ist übrigens nicht besser sondern noch schlimmer - Ich komme nie aus dem Staunen heraus ob der Tatsache, dass sich die extremsten Zustände noch steigern bzw. verschlimmern lassen - Aber die AfD gibts ja auch. Die über allem liegende Scheißigkeit dieses Manga hat sich leider, wie es so oft der Fall ist im Kommerz, nicht in seinem Erfolg niedergeschlagen - Er war ein Kassenschlager und hat mehrere Spin off-Serien hervorgebracht, was einem denkenden Wesen wieder mal ein mahnendes Beispiel dafür sein dürfte, dass manche von uns Menschen einfach strunzdumm, anspruchslos und zufrieden sind, so lange nur ordentlich Blut spritzt und viel CAPSLOCK verwendet wird. Ob sich das nun an Ousama Game, Pokemon Sword&Shield, Sword Art Online oder South Park fest macht ist letztendlich doch nur eine Frage des Geschmackes.

Also, warum nochmal stecke ich so viel Zeit in Dinge, die ich nicht mag? Keine Ahnung. Aber lieber das als nochmal Ousama Game lesen zu müssen.

- Yoraiko






Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Lass mich doch wissen, was du denkst!