Montag, 7. Oktober 2019

Durchgelesen - Schneewittchen Party

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Agatha Christie ist jeder Person auf dieser Erde, die in ihrem Leben schon mal ein Buch in den Händen gehalten hat, ein wohlbekannter Begriff. Die wohl berühmteste Kriminalautorin der Welt hat in ihrem Leben viele, sehr viele Werke veröffentlicht, und während ich bereits einige der Populärsten wie den Orient Express oder die politisch wenig korrekten Zehn kleinen Negerlein vor längerer Zeit gelesen habe, trieb es mich Anfang 2018 auch zum wenig namhaften 'Schneewittchen-Party', das mir von der Familie geschenkt wurde, weil ich die vorher genannten Bücher sehr mochte. Hoch waren meine Erwartungen nicht, aber verriet mir der Klappentext bereits, dass hier abermals Agatha Christies männliche Antwort auf Sherlock Holmes, Hercule Poirot, das Ermittlungszepter schwingen würde. Poirot hatte ich im Orient Express kennengelernt, wo er mir als Identifikantionsfigur sehr sympathisch wurde, und so freute ich mich darauf, hier nochmals von ihm zu lesen. Lesen könnt ihr hier wiederum, dass Schneewittchen-Party für alle Freunde seichter Krimiliteratur und insbesondere Fans von Agatha Christie durchaus eine Lesung wert ist. Neulinge im Christe-Kosmos jedoch fangen besser mit den bekannteren (und besseren) Büchern an, da sie sonst von dem hier eher kruden Schreibstil abgeschreckt werden könnten. 

Die Handlung
Als eine junge Witwe in einer verschlafenen Kleinstadt eine Kinderparty ausrichtet, auf der die halbe Nachbarschaft samt dutzenden Schützlingen versammelt ist, kommt es zur Tragödie - Ein Kind wird in einem Wasserfass, das für das Apfeltauch-Spiel vorgesehen war, ertränkt vorgefunden. Niemand will etwas gesehen haben. Wer hat das Mädchen auf der Party ermordet, und warum?

Wie gesagt, niedrige Erwartungen hatte ich an dieses Buch. Und tatsächlich gestalteten sich die ersten fünfzig Seiten für mich recht zäh, und ich habe es nur langsam geschafft, mich durch die Vorstellung zahlreicher Charaktere, deren Namen ich einfach nicht zuordnen konnte und ständig wieder vergaß, dem Etablieren der Kleinstadt und ihrer Gemeinde und den Hintergründen der Feier durchzukämpfen. Aber irgendwann hat die Ermittlung Poirots mich dann doch ein wenig in ihren Bann gezogen, wenn man von der Party weggeht und das Ganze etwas mysteriöser und vielschichtiger wird - Ein geheimnisvoller Naturpark, durch den regelmäßig ein wunderschöner Mann stolziert, ein verschrobenes und seltsames Mädchen, das sich ebenfalls in den Tiefen des Parks aufhält und alles über jeden zu wissen scheint, und die Hintergrundgeschichte des Opfers, die deren Ermordung erklärt. All das ist letztendlich viel interessanter als die anfängliche Prämisse, und so wird man hier durchaus für sein Durchhalten belohnt, mit einigen überaus interessanten Charakteren und einigen spannenden Dialogen. Im Folgenden werde ich noch etwas zu meiner eigenen Theorie zur Auflösung während des Lesens schreiben, das betrifft nur den nächsten Absatz, seht das bitte als potentielle Spoilerwarnung.

Als das Mädchen Miranda ihren ersten, längeren Auftritt hatte, war ich mir sicher, dass sie die Mörderin ist. Das Einzige, das mich daran hat zweifeln lassen ist, dass ich nicht geglaubt habe, dass Agatha Christie eine kleine Psychopathin als Täterin inszeniert, ihre Zeit war einfach zu früh dafür. Als es am Ende dann mehr und mehr um Miranda ging, hatte ich mich schon gefreut, hier überrascht und bestätigt zugleich zu werden, leider kam es dann doch etwas anders, was schon ein wenig enttäuschend war. Ich hatte die Auflösung so nicht kommen sehen, aber sie war für meine Begriffe auch nicht sonderlich geschickt eingearbeitet, und letztendlich nur ein Schulterzucken wert. Dennoch, der Weg dahin im letzten Drittel des Buches war unterhaltsam. 

Das Buch trägt vor allem der Charakter des Poirot, den ich immer noch sehr schätze, und mehr als einen Sherlock Holmes für charismatisch halte. Am Ende war es ein deutlich belangloseres Buch als And then there was no one oder Orient Express, aber für das einmalige Lesen ging es vollkommen in Ordnung. Ich mochte die zeitgenössische Sprache, die sich hier wie in allen von Agatha Christies Büchern durch die Seiten zieht, und in der so einige schöne Satzkonstruktionen unterkommen.

Ein Must-read ist dieser Titel sicher für niemanden, aber einem Schinkenroman oder Bahnhofs-Thriller ist auch dieses bescheidenere Werk der Kriminalkönigin einspruchslos vorzuziehen. 



5/10 Äpfel für Schneewittchen-Party




- Yoraiko

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