Samstag, 28. September 2019

Serien-Review: The Boys (2019) - 'I am the Homelander. I can do whatever the f*ck I want.'


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 TL;DR:
 Wer Superhelden mag, sie einmal ganz anders erleben will oder Klein-Gegen-Groß-Crimestories mag, bekommt hier mit 8 Folgen keinen zu langen Einstieg in eine Comicverfilmung, die auf jeden Fall keinem weh tut. 

Meine Einstellung zu Superhelden ist in etwa die Selbe wie die zu Pornos - Es macht Spaß, sie sich ab und zu anzusehen, manchmal kommt was Gutes dabei raus, aber meistens sind sie mir egal und ich verstehe die Begeisterung darum nicht. Superhelden sind für mich die traurigen Kopien von Manga-Helden, nur in weniger kreativ und mit albernen Kostümen. Ich konnte westlichen Comics und dem Superheldenkosmos also noch nie etwas abgewinnen, und das hat sich auch mit der großen Marvel-Revolution nur unerheblich geändert. Sicher, ein Deadpool oder ein Winter Soldier sind schon mal ganz großartige Popkorn-Unterhaltung, aber für mich gibt es keine seelenlosere, flachere Popkorn-Unterhaltung als Marvelfilme wie Avengers. Entsprechend versuche ich also, die Cape-tragenden Weltenretter so gut es geht zu vermeiden. Kürzlich hat mir nun aber mein Mitbewohner die Serie 'The Boys' wärmstens ans Herz gelegt. Mit der Beschreibung, es handele sich um eine Serie von bösartigen Superhelden die machen was sie wollen und eine Gruppe einfacher Leute erhebe sich gegen sie hat er mich eingefangen. Das klang interessant: Das Superhelden-Konzept ins Gegenteil verkehrt, quasi eine düstere, dystopische Vision von Superhelden, die gar nicht so super sind, und gegen die die Gesellschaft etwas unternehmen muss. Spannendes Setting. 

Um es mal vorweg zu nehmen: Das hatte ich leider doch etwas falsch verstanden. 

The Boys - Handlung und Charaktere

Wir befinden uns in einer Welt, in der es ein paar wenige Superhelden, Sups genannt, gibt, die im Dienste der Gesellschaft stehen und wie Superstars gefeiert und vermarktet werden. Dabei dreht sich die Serie um die berühmtesten von ihnen, die sogenannten SEVEN, sieben Superhelden die für den Megakonzern Vordt arbeiten und von Homelander angeführt werden, der psychopathischen Version von Superman und dem wohl mächtigsten Lebewesen der Welt. 

Unser Protagonist ist der junge und verträumte Hughie, der als kleiner Berater in einem Technikhandel ein unbedeutendes aber zufriedenes Leben fristet. Bis bereits in der ersten Folge bei einem alltäglichen Gespräch mit seiner Freundin Robin auf dem Bürgersteig diese in buchstäblich tausende kleine Fetzen zerstückelt wird, als der Flash-Abklatsch A-Train superschnell durch sie durchrennt. Dies setzt bei Hugie einen Rachefeldzug in Gang, den er zusammen mit einer alten Dingdreher-Bande von hartgekochten Veteranen im Laufe von in Staffel eins 8 Episoden durchziehen wird, um die zutiefst korrupten und moralisch verkommenen Seven endlich zu Fall zu bringen, allen voran den selbsternannten Gott Homelander. 


Ein starker Anfang, der schnell abflacht
 
Das Wichtigste zuerst: The Boys ist keine düstere Serie. Bei der Beschreibung meines Mitbewohners hatte ich mit etwas wirklich Düsterem im Sinne von Jessica Jones gerechnet, aber leider versteht sich diese Serie eher als schwarze Komödie. Die Humorelemente, das habe ich erwartet und so war es auch, haben mich vor allem in den ersten drei Episoden kein einziges Mal abgeholt und sind mir immer leicht störend aufgefallen, zum Glück aber nicht so, dass es einen wirklich rausreißen würde. Später wird das besser, der Rest aber nicht. Fängt die Serie auch vielersprechend und mit hohem Tempo an,zieht sie nach 2-3 Folgen sehr stark die Handbremse an und streckt sich, TROTZ der niedrigen Folgenanzahl, ab der Hälfte sehr. Was mich dabei vor allem gestört hat ist, dass das hier KEINE Superheldenserie ist. Das ist KEINE Rachegeschichte oder gar eine Dystopie, in der eine kleine Gruppe frustrierter Unterdrückter versucht, gegen die Supermonster zu kämpfen. Es ist im Grunde ein Heist-Thriller. Nach den ersten Folgen beschränken sich die Handlungen der Protagonisten fast nur noch auf Geheimhaltung, Spionage, Informationsbeschaffung, Manipulation und Sabotage, dabei nutzen sie als Basis ein kleines, heruntergekommenes Anwesen und müssen permanent aufpassen, ihre Gesichter nicht öffentlich zu zeigen. Die Serie ist da wirklich sehr ruhig und geht sozusagen realistisch vor in der Bemühung der titelgebenden 'Boys', Wege zu finden wie man dem Megakonzern Vordt und seinen Seven schaden kann. Das kann man mögen, wie viele es auch tun, aber für mich war so eine Detective-Informationskrieg-Story einfach überhaupt nicht das, was ich mir von einer Dark Superhero-Serie erwartet hatte, und ich war dementsprechend ernüchtert. 

Der Humor wird später besser bzw. weniger schlecht, ist alles in allem gefühlt aber einfach überflüssig in der Serie. Sie hätte so viel besser sein können, wenn sie wirklich nur ernst und düster gewesen wäre, statt aller Nase lang einen 'Darf man darüber überhaupt lachen?'-Gag zu bringen. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Störender im Gesamtkonzept fiel mir da schon auf, AUCH WENN DAS ABSICHT SEIN KANN, dass die Seven, um die sich die ganze Serie dreht, eigentlich nur aus Witzfiguren bestehen. Wirkt das Avengers-Ensamble am Anfang noch wie eine Art unantastbarer Superkrieger, werden sie von Folge zu Folge mehr dekonstruiert und man merkt, dass der eigentlich wirklich ernstzunehmende Antagonist Homelander ist. Wie gesagt, das wird schon Absicht sein, aber die Serie schwenkt sehr schnell dahin, dass es nicht mehr heißt "Wir müssen die Seven zu Fall bringen", sondern "Homelander muss weg." Der tatsächlich so gut wie unsterbliche Laseraugen-Overlord wird geradezu überzeichnet als Ultrabösewicht inszeniert und verdient sich diese Rolle auch gut als der moralbefreite Bastard, der er in jeder Folge ist, verborgen unter der schmierigen Fassade des weltoffenen Patrioten des Volkes. Das ist schon okay, nur wäre eine Antagonistenriege aus eben wirklich wenigstens 3-4 intelligenten, bedrohlichen und ernstzunehmenden Superwesen spannender gewesen, als es wieder nur mit einem Imperator zu tun zu haben, der ALLE ANDEREN kontrolliert und bedroht. 

Es hilf nicht, dass der Personenkreis der Boys nicht viel interessanter ist. Das betrifft allen voran Protagonist Hughey, der nach zwei starken, ersten Folgen zur Kartoffel verkommt und für den gesamten Rest der Serie so gut wie nichts Relevantes oder Bedeutendes mehr beiträgt, stattdessen steht er immer in der Ecke rum, äußert moralische Bedenken und guckt, als hätte er einen salzigen Fisch im Mund. Billy Butcher, der 'Anführer' der Gang, ist der 'MACHER' in der Serie und die treibende Kraft hinter den Geschehnissen. Das wäre auch nicht weiter schlimm, wenn dieser lethargische Hughey nicht in den letzten zwei Folgen auch noch zunehmend anstrengender und nerviger werden würde. Plötzlich ist ihm das alles doch zu viel, plötzlich will er aussteigen, bekommt Angst und moralische Bedenken, und warum? Weil wir eine Spannungskurve brauchen und der Typ sonst eh keine Relevanz in dieser Serie hat. 

Als letzter großer Kritikpunkt meinerseits ist das hundertprozentig auf Cliffhanger und #BetterGoWatchSeason2Now getrimmte Ende zu nennen. Vielleicht war ich zu naiv, aber ich hatte erwartet, dass die Staffel in sich abgeschlossen ist und die Serie rund beendet, auch weil ich kaum noch Potential für eine Staffel 2 sehe. Dass wir zum Abschluss also diesen recht billigen und auch ein wenig vorhersehbaren Twist serviert bekommen, stieß mir doch einigermaßen sauer auf.

The Boys ist nicht schlecht

Das Alles klingt jetzt unglaublich negativ, aber Fakt ist, dass ich The Boys in acht oder neun Tagen gebingewatched habe. Das mag auch daran liegen, dass meine Ansprüche an Serien nicht besonders hoch sind, aber es gibt auch allerhand Stärken zu nennen, welche die Serie in sich vereint. Am wichtigsten ist dabei ohne jeden Zweifel die schauspielerische Leistung des Castes - Homelanders
Antony Starr stiehlt allen anderen buchstäblich die Show, die Süffisanz, Gelecktheit und größenwahnsinnige Arroganz mit der er Homelander spielt, macht seinen Charakter zu einer perfekten, hassenswerten Figur, die intelligent, heuchlerisch, zutiefst sadistisch und hochgefährlich ist. Seine Performance ist es, die einen Großteil des Reizes dieser Serie ausmacht. Dann haben wir Karl Urban als Billy Butcher, dessen Frau von Homelander vergewaltigt und mutmaßlich getötet wurde, der den abgekochten, psychisch verrohten Gangster überzeugend spielt. Man fühlt seine Wut auf die 'Sups' quasi, der gerade gegen Ende nur all zu oft in offenen Rassismus umschlägt.  Chace crawford als The Deep, der in Folge 1 als widerwärtiger Schänder auftritt, dann aber Stück für Stück tatsächlich einigermaßen nachvollziehbar als lächerliche, vollkommen macht-, und planlose Figur erzählt wird, die wirklich niemand ernst nimmt und die Delphine vielleicht etwas zu sehr liebt, als gesund für ihn wäre. Auch sonst eigentlich nur gute Performances, bis vielleicht auf den Protagonisten Hughey, gespielt von Jack Quaid. Aber das mag auch einfach daran liegen, dass ich den Schauspieler schlichtweg nicht leiden kann und nicht gerne sehe.

Die Cinematic bzw. die Optik der Serie ist teilweise wirklich großartig. So bekommen wir direkt in der ersten Episode diese eindrucksvolle und dezent verstörende Szene, während am Ende selbiger ein cool inszenierter Kampf mit einem Unsichtbaren stattfndet. Dann trumpft der Humor auf, wenn er sowas zustande bringen kann. In Kurz, 80 % der Zeit sind die Bilder der Handlung und dem Setting geschuldet entsättigt, unspannend und eben sehr konservativ. Aber die Optik hat ihre Momente, wenn auch leider wenige davon. 

Starlight, der weibliche und unverkommene Neuzugang bei den Seven, ist ein guter Charakter und hätte vielleicht die eigentliche Protagonistin sein sollen, was sie auf eine Weise ja auch war. Ihre Entwicklung, die sie im Gegensatz zu Hughey hat, war angenehm mit anzusehen, wenn man wohl auch noch mehr aus ihr hätte herausholen können. Was ich sehr mochte war die Beziehung zwischen dem Boys-Mitglied Frenshie und dem asiatischen Sup-Mädchen, dass er aufnimmt, da man auch hier eine einfühlsame Entwicklung beobachten kann, die beide zusammenwachsen lässt. Der Rest der Boys ist, wie angedeutet, eher steril und unnahbar unterwegs. Zuletzt: The Deep hat einen wirklich guten Arc innerhalb der ersten Staffel. Er wird von einem der Hauptgesichter der Seven - einem arroganten und selbstgerechten Lackaffen - zum ganz, ganz armen Schwein, und man beginnt wohl oder übel unweigerlich ein bisschen, mit ihm mitzufühlen. Man muss nicht mit seinem Charakter sympathisieren, kann aber sehen, dass da in Zukunft wohl noch Einiges passieren wird. 

Potential (noch) nicht genutzt

 Alles in allem war The Boys eine Abwechslung, auf die ich ohne meinen Mitbewohner niemals gestoßen wäre, und ich bin eigentlich ganz froh, mich mal aus meiner Komfortzone getraut zu haben. Das Potential einer Superhelden-Dystopie wurde hier mit der ersten Staffel leider nicht ausgenutzt, da die Serie sich zu sehr in Nebenhandlungen und dem Aufdröseln der Seven verloren hat. Das kann in der zweiten Staffel besser werden, aber ob ich mir die noch ansehen werde...? Keine Ahnung, eigentlich habe ich keine große Lust dazu. Aber wenn The Boys mit Staffel 2 endet, wäre es vielleicht eine Überlegung wert.

Wer Superhelden mag, sie einmal ganz anders erleben will oder Klein-Gegen-Groß-Crimestories mag, bekommt hier mit 8 Folgen keinen zu langen Einstieg in eine Comicverfilmung, die auf jeden Fall keinem weh tut. 

6/10 Arschbomben für The Boys
 
- Yoraiko


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