Freitag, 27. September 2019

Manga-Review: Attack on Titan Anthologie


https://www.carlsen.de/sites/default/files/styles/product_medium/public/produkt/cover/9783551792907.jpg?itok=B4c8ngSN 



Während die Hauptserie Attack on Titan sich für mich mit aktuell 25 Bänden als eine der größten Plot-Katastrophen seit Manga-Gedenken herausgestellt und seinen Platz in meinem Herzen so gut wie verloren hat, habe ich auf der kürzlich stattgefundenen Animagic 2019 gebraucht die AoT-Anthologie erstehen können, die mich wegen dem brachialen Cover durchaus reizte. Aber auch wegen der Vorstellung, einmal westliche Comiczeichner die interessanten Wesen von Hajime Isayama interpretieren zu sehen. Letztendlich habe ich das auch nicht bereut, aber ernüchtert war ich insgesamt doch definitiv. 

Grundsätzlich ist es so, dass ich der westlichen Comicindustrie nicht viel abgewinnen kann. Ganz allgemein, diverse Ausnahmen außer Acht lassend, sind westliche Comics einfach viel hässlicher, rudimentärer und für mich unansprechender gezeichnet als Manga, das zeichnerische Niveau kann sich nicht mal Ansatzweise mit dem Japans vergleichen, und die Geschichten sind in den allermeisten Fällen auch viel platter, weniger komplex oder fantasieloser. MARVEL und DC sind die allerbesten Beispiele dafür, was westliche Comics für mich repräsentieren. Und na ja, die Attack on Titan Anthologie hat leider gerade meine optischen Zweifel ein weiteres Mal bestätigt. Die Sammlung von Kurzgeschichten ist qualitativ extrem durchwachsen, mit klarer Kurve ins Negative. Das Meiste ist pubertäre und nichtssagende Comedy, nur hier und da hat man mal eine Erzählung die zumindest versucht, sich der Ernsthaftigkeit der Vorlage anzunähern. Das zeichnerische Niveau ist allgemein recht niedrig und es fällt mir schwer zu glauben, dass man keine kompetenteren Künstler finden konnte die bereit gewesen wären etwas beizusteuern als, na ja, Leute wie Damion Scott, der hier zusammen mit Sam Humphries und Siegmund Torre den konkurrenzlosen Tiefpunkt der Anthologie abgeliefert haben, der aussieht und sich liest wie das Erstlingswerk einer neunjährigen Animexx-Künstlerin. Bestenfalls. Dann gibt es aber auch ein paar Highlights wie 'Der Himmel über uns' oder 'Fie Fai Foh', die ideenreich und kreativ sind, und mich mehr als nur einmal schlucken ließen. Aber ich werde chronologisch hindurchgehen, um zu jeder Story etwas zu sagen.



Unter der Oberfläche
Nicht wirklich eine Geschichte, die abgesehen von dem Twist am Ende irgendetwas mit Attack on Titan zu tun hat, und deswegen recht fehlplatziert in dieser Anthologie. Die Zeichnungen sind allenfalls passabel, und die Handlung ist nicht der Rede wert.

Das Lachen des Titanen
Hier konnte ich zunächst auf eine ernste, kleine Anekdote aus dem AoT-Universum hoffen, die Story stellte sich jedoch als Finte heraus, die nicht mehr zu erzählen hatte als einen sehr, sehr unlustigen Witz ohne Pointe. Oder eben viele davon. 

Leben und Sterben lassen
Nicht besonders ansprechend gezeichnet, aber durchaus ernst und fesselnd, und mit einer sehr interessanten Idee ausgestattet, die es so vorher in AoT nicht gab. Das Ende kommt leider sehr abrupt und lässt einen schulterzuckend zurück, aber hey, bis dahin war es okay.

Braver Hund
Die war gut. Ordentlich gezeichnet, mit sehr atmosphärischen Farben, und bis auf eine pointierte Aussage am Ende ohne Text. Gute, in sich geschlossene Handlung. Das hatte ich mir von dieser Anthologie erhofft. 

Attack on Playtime
Wie erwähnt ein gedrucktes Verbrechen zum Kopfschütteln. Vollkommen bescheuert, ohne jeden Witz oder Wert, augenblutend gezeichnet, Schund. Schund Schund Schund. Einfach nur Schund. 

Der Himmel über uns
Mein persönliches Highlight. Die Geschichte zweier liierter Frauen, die versuchen mit einem Fluggerät über die Mauern zu fliehen. Die Idee ist im AoT-Universum nicht gänzlich neu, besticht für mich hier aber mit emotionaler Tiefe, einem bittersüßen Ende, charmanten Zeichnungen und ganz allgemein der richtigen Attack on Titan-Atmosphäre, die fast keine andere Geschichte der Anthologie so eingefangen hat. 

Bahamut
Also was das genau sein sollte weiß ich auch nicht.
Eine konfuse Erzählung in abstraktem Zeichenstil, die nicht so wirklich irgendetwas Positives oder Interessantes in sich trägt, die Charaktere sind komisch, die Dialoge wirken seltsam und gestelzt, prätentiös ist wohl das Wort, das diese Story am besten beschreibt. Und obendrein interessiert sie sich auch noch einen Dreck für die Gesetze der Welt Isayamas. Papierkorb.
  
Attack on Demon Con
Die war tatsächlich ganz amüsant, vor allem auch, weil sie kurz genug war um den Witz nicht überzustrapazieren. Solide und süß gezeichnet, mit einem infantilen aber sinnvollen Ende. 

Fie Fai Foh
Objektiv sicher die mit Abstand stärkste Geschichte des Bandes. Eine ganz eigene Welt, Kultur und Atmosphäre, ein anderes Setting mit eigenen, starken Charakteren, detaillierten und gelungenen Zeichnungen, einem sehr passenden Titanendesign und einer funktionierenden Dramaturgie hin zum tragischen Ende. War gut. 

Labyrinth der Erinnerungen
Eine wunderbar gezeichnete, und ganz auf ihren emotionalen Impact fokusierte Geschichte, die nicht zu viel will und genau richtig macht, was sie erzählt. Ein durchdachter und unangenehmer Twist am Ende, nachvollziehbare Charaktere, mehr braucht es nicht.

App Motion Book Preview
Optisch einprägsame und grunsympathische Charaktere, eine vielversprechende Stimmung und tolle Zeichnungen. Sehr angenehm, nur zu schade, dass das hier nur die Vorschau auf irgendetwas ist, das mir nicht wichtig genug ist, um es auch nur zu googeln. So viel also dazu.



Die Comedy-Stripes zwischendurch waren derartig furchtbar und humorbefreit, dass ich sie nicht mal mehr separat erwähnen möchte. Was ich hiermit habe. Verdammt.

Alles in allem würde ich niemandem empfehlen, sich die Anthologie für die ausgeschriebenen 19,99 € zu holen, das grenzt bei dem Inhalt an Betrug. Als Fan der Serie kann man sich das im Regal durchaus hübsche Buch aber mal gebraucht für einen Zehner geben. Das größte Proargument ist tatsächlich noch die Kolumne über die Städte der Welt von Attack on Titan zwischen den Kapiteln, die interessante Hintergrundinfos liefert und sogar einen netten Meta-Twist hat.
Viel mehr als ein netter Bonus ist es aber nicht.


5/10 Mauern für Attack on Titan Anthologie

- Yoraiko

 

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Lass mich doch wissen, was du denkst!