Montag, 30. September 2019

Anime-Review: Your Lie in April - 'Did it reach her?'


                                             Your Clannad in Bad


Your Lie in April war vor ein paar Jahren das neue, große Ding für Fans emotionaler Anime. Es wollte das sein, was Violet Evergarden und Kimi no Namae wa heutzutage sind.  Das Prädikat 'Für Fans von Clannad' hing in seinem Windschatten wie ein Wassersurfer beim Springbreak. 
Und ganz unabhängig davon, dass mich solche Vorschusslorbeeren immer skeptisch machen, so wie es auch hier der Fall war, bevor ich die viel zu viele Episoden(22) umfassende Serie begonnen und durchgesehen habe, kann ich mich dem nicht anschließen. Ganz persönlich empfand und empfinde ich ihn als zutiefst mittelmäßig, in manchen Punkten besser, in vielen schlechter. Your Lie in April ist ein (liebenswerter) Abklatsch und Baukasten von und für wirklich jeden überambitionierten Dramamance-Anime da draußen. Eure Tränen werden gefordert! Eure Hirnzellen, die lasst besser daheim.

Story
 
Nach der ersten Episode wisst ihr buchstäblich, wie dieser Anime abläuft und endet. Wenn ihr schon ein paar Vertreter des Genres gesehen habt, und somit Erfahrung mit deser Art Anime habt(Dramatisch, Romanze, Kitsch), könnt ihr den Verlauf jeder einzelnen Episode quasi runterbeten. Nach der ersten Folge. im Grunde braucht ihr euch die anderen 21 Folgen also gar nicht anzuschauen, weil ihr recht habt, genau so wie ihr es euch denkt läuft es ab und endet es. YLIA unternimmt über einen langen Zeitraum hinweg nichts, um euch zu überraschen oder abgesehen von den in diesem Genre erwartbaren Standardmühen zu unterhalten. Stattdessen rattert es sein Dramance-Modelkit mit Twists und unglaublichen Wendungen herunter, die ihr kilometerweit vorher kommen seht. Das ist nicht unbedingt schlimm, denn viele Dramance-Anime machen das so, denn am Ende des Tages geht es in einem so realistischen, nahbaren Genre um das Wie. Der Unterschied dieser anderen Anime zu YLIA ist, dass diese es irgendwie kreativ und unterhaltsam machen. YLIA ist weder kreativ noch unterhaltsam beim Kopieren. Es fühlt sich an, als ob ihr euch hier etwas anseht, das ihr schon tausende Male gesehen habt. Und das habt ihr auch.

Charaktere


Fast alle vorkommenden Charaktere sind flach und / oder Stereotypen, mit einigen seltenen Ausnahmen bei den Nebenakteuren. Der Protagonist ist das ruhige, traumatisierte Genie, introvertiert und insgesamt nicht wirklich sozial, keine herausragenden Persönlichkeitsmerkmale, obwohl es für ihn zumindest eine Entwicklung in der Geschichte gibt, nur leider keine Große. Tsubaki ist der typische Kindheitsfreundin-Trope, und das MEINE ICH WIRKLICH SO. Es dauert nicht mehr als einen Auftritt von ihr, und ihr wisst schmerzhaft genau, was sie für wen fühlt. Sie ist ein ungehobelter Wildfang, immer fröhlich und gibt natürlich bestimmte Gefühle bis zum Ende vehement nicht zu, obwohl ihr gesamtes Umfeld, einschließlich uns, es lange schon besser weiß. Arische Titelheldin Kaori hat im Grunde gar keine Persönlichkeit. Sie ist hyperaktiv, krankhaft optimistisch, zutiefst unschuldig und im Großen und Ganzen nur ein Plotdevice, um Drama zu produzieren und Kousei's Schritt zum Beulen zu bringen. Sie hat keine Entwicklung und es gibt keine tieferen Einsichten in ihre Persönlichkeit, was eigentlich eine Schande ist, sie hätte eine gute Figur sein können, denn das interessante Potential war da. Der Rest der Besetzung ist nicht erwähnenswert, ein bruderanbetendes Mädchen, wettbewerbsorientierte Teenager-Konkurrenten für Kousei, seine unhöfliche, brutale Mentorin, die coole, eisige Freundin von Tsubaki und so weiter. YLIA ist ein Bilderbuch mit alten,verranzten Stereotypen, die wir schon seit Anno 2005 leid sind. Zumindest nerven sie einen aber nicht, und das ist ein wirklich guter Punkt für Your Lie in April. Kein einziger der Charaktere ist in 22 Folgen wirklich nervig. Die meisten Anime schaffen das nicht. Selbst wenn kein Charakter interessant ist, sind sie auch nicht schrecklich. Das ist doch schon mal etwas? Für den Clannad-Vergleich erinnern wir uns aber mal daran, welche komplexe Entwicklung und Persönlichkeit dort wirklich jeder Hintergrundstatist, geschweige denn Nebencharakter hat, und wo jeder dritte Dialog uns mit einer Gänsehaut bombardiert. In YLIA? Da bekommen wir nur eine Gänsehaut von den fremdschämigen WirKennenUnsMitKlassischerMusikAus-Dialogen.


Optik
 

Irgendwie ist die Optik nicht schlecht. Eher schon gut. Nichts Wunderbares, nichts Außergewöhnliches, aber gut gemacht über den Fortschritt des Anime und mit ein paar schönen Bildern und Szenen. Wenn ich etwas Schlechtes über die Optik sagen kann, dann dass sie vielleicht etwas langweilig daherkommt. Nichts Außergewöhnliches in der Masse der Durchschnittswerte, nichts, was wirklich hängen geblieben wäre. Bei Clannad habe ich heute noch die Poolszene mit den weinenden Zwillingen, die Prügelei mit Sunohara oder die absolut ikonische, andere Welt vor Augen. Wieder eine Runde für das Original, Your Lie in April. Sorry.

Sound


Natürlich der beste Teil eines Anime, der sich fast nur um klassische Musik dreht. Während Openings und Endings alle langweilig, klischeehaft und unkreativ sind, trifft die klassische (Klavier-)Musik in der Serie selbst immer den Ton(Haha) und ist es wert, angehört und genossen zu werden. Der Soundtrack ist einprägsam, besonders das Maintheme ist ein ikonisches und wunderschönes  Stück, das man nicht so schnell vergessen kann oder will. Jedes Mal, wenn es einsetzt, bekommt man eine Gänsehaut, und die bekomme ich auch heute noch, wenn ich es ab und zu auf Youtube anmache. Dieses Stück hat Clannad-Vibes. Dieses Stück erinnert einen beim Schauen daran, warum YLIA eigentlich überhaupt relevant geworden ist. Und wenn man es sich heute noch anhört, denkt man wieder an den Anime zurück, und wie schön das doch war und... dann fällt einem ein, dass es das leider nicht war. Zu schade.



Fazit

Ich muss zugeben, dass ich es keinen Moment lang wirklich genossen habe, Your Lie im April anzuschauen. Ich halte die 22 Folgen, die man problemlos auf 12 hätte runterkürzen können, weitestgehend für Zeitverschwendung, aber es besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass ihr anderer Meinung seid. Wenn es euch nichts ausmacht, die gesamte Handlung und alle Charaktere mit deren Innenleben schon von der ersten Episode an vollständig kennen und 22 Folgen einem Drama-Anime-Hamster dabei zuzusehen, wie er sich in seinem Rad dreht, wie er es bereits 4000 Mal vorher getan hat, und wenn ihr Serien wie Clannad(Okay, ich habe es gesagt!!!) wirklich, wirklich, wirklich liebt und nicht genug davon bekommen könnt, könntet ihr euch an diesem entspannten, unaufgeregten Anime erfreuen, der sich viel Zeit für das Innenleben seines Hauptcharakters und dessen Gefühlswelt nimmt und dabei noch einen Querschnitt durch das Genre der klassischen Musik macht. Und in seinen manchmal, ganz selten, wirklich unglaublich gelungen und berührend geschriebenen Dialogen Zitate raushaut, die die Jahre als einzige positive Spur von Your Lie in April überdauern. Did it reach her? Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, dass sie vermutlich eine ebenso intensive Gänsehaut hat wie ich, wenn ich diesen Satz höre. 
Erwartet von YLIA keine Überraschungen. Oder ihr werdet bitterlich enttäuscht sein. Versprochen.



5/10 Friend B's für Your Lie in April


- Yoraiko 



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