Montag, 15. Juli 2019

Spiele-Review - Mirror's Edge (PS3)




Mirror's Edge habe ich damals sogar zweimal durchgespielt, das zweite Mal auf schwer und ohne auf jemande zu schießen. Mirror's Edge ist zurecht als eines der innovativsten Spiele der PS3-Konsolengeneration verschrieben. Das enorm immersive Gameplay im Zusammenspiel mit der geschickten First-Person-Perspektive lässt den Spieler in jedem Moment mit Faith mitfühlen, zittern, schnaufen. Ich habe mich beim Spielen immer wieder dabei erwischt, wie ich bei Sprüngen "Und hepp!" oder Zisch-Laute von mir gegeben habe, als würde ich selbst springen. Oder dass mein ganzer Körper mitging und ich auch schmerzhaft das Gesicht verzog, jedes Mal wenn Faith in die Tiefe stürzte. Wenn man also keine Lust auf Sport hat aber sich so fühlen möchte, als würde man welchen betreiben, ist dieses Spiel der Tipp.

Was mir das Erlebnis ab der Mitte an und vor allem im zweiten Durchlauf aber immer mehr zur Tortur gemacht hat, ist die malträtierende Schwierigkeit oder auch Beliebigkeit der Level. Am Anfang war alles noch nachvollziehbar, schaffbar und logisch.

"Ich muss jetzt über das Dach klettern, weil mich niemand bemerken darf"

Aber das verflüssigt sich zunehmend und man darf natürlich nicht einfach irgend eine Tür benutzen, nein, man muss über drei Ecken den schwerst möglichen Kletterweg benutzen, um in ein Haus zu gelangen. Wenn ich ab einem bestimmten Punkt in eine hohen Raum gekommen bin, war ich eigentlich jedes Mal schon bedient, weil ich wusste, was ich gleich für hanebüchene Bewegungsabläufe vollführen muss. Zudem einige Abschnitte einfach vollständig auf GLÜCK aufbauen. Ich denke da an die lange, goldene Luftschacht-Passage im letzten Level, in der man einen Wall-run mit Sprung an eine Stange verbinden und von dieser dann mit einem weiteren Wall-run mit Absprung auf ein schmales Lüftungsrohr gelangen muss. Sowas kann man einfach nicht abschätzen, und so habe ich in beiden Durchläufen zusammen sicherlich über hundert Versuche gebraucht. Das ist ein Punkt, an dem ein Spiel seinen Zweck, mich zu unterhalten, lange verfehlt hat. Die Alibi-Story ist so generisch und simpel, wie es nur geht. Da hätte ich mir mehr Tiefe in diesem durchaus interessanten Grund-setting gewünscht. Oh, und es wäre absolut fantastisch gewesen, wenn bei längeren Balance oder Kletter-Abschnitten jedes Mal die Geräusche verschwunden wären und die hypnotische Titelmusik leise eingespielt wurden wäre. Ich glaube, dann hätte ich Gänsehaut-Orgien gehabt und hätte die nervenaufreibenden Level besser ertragen können.

Mirror's Edge ist zu innovativ, zu einzigartig und zu immersiv, als dass ich es als schlechtes Spiel in Erinnerung behalten könnte. Die haarsträubende Schwierigkeit und die Logikfehler im Gameplay sind natürlich auch Sachen, die einem vor allem als Trophäen-Jäger nach und nach auffallen, und dafür kann das Spiel dann nichts. Alles in allem eine großartige Spielerfahrung, vor allem in den ersten Stunden. Und jetzt, im Jahre 2019, da ich diesen kurzen Eindruck von mir hier poste, muss ich nachsetzen, dass Mirror's Edge den Test der Zeit bestanden und bis heute ein unglaublich besonderes und ikonisches Spielgefühl darstellt, das so selten reproduziert wurde, am wenigsten leider mit dem mittelmäßigen Nachfolger.
 
6/10 Spiegel für Mirror's Edge

Yoraiko  


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