Freitag, 12. Juli 2019

Filmreview - The Purge 2 Anarchie (2014)


Und weiter geht's mit der spritzig-witzigen Mörderparty aus Fernwest. Den zweiten Teil der Purge-Reihe muss man dabei eigentlich als den Ersten bezeichnen, weil der Vorgänger ja wie im entsprechenden Review bereits erwähnt überhaupt nichts aus dem Setting macht sondern Thriller bleibt. Anarchy aber bietet das, was man sich unter der Grundidee vorstellt, bietet das, was man im ersten Teil vermisst hat, ist laut, bunt, grell, grotesk und brutal. Nochmal für alle, die eventuell nicht wissen, was die Grundidee der Purgereihe ist: In einem fiktiven Amerika sind einmal im Jahr für 12 Stunden alle Verbrechen legal, Polizei und Krankenhäuser gibt es nicht. Auf diese Weise soll die Bevölkerung ihre negative Energie entladen. Auch jetzt beim zweiten Mal sehen im O-Ton über meine Bluray hat mir der Film noch ganz gut gefallen, und definitiv um Längen besser als der desaströse erste Teil. Nach Teil drei ist ANARCHY für mich der zweitbeste Vertreter des Genres. 

Wir begleiten den namenlosen Sergeant dabei, wie er einem altbackenen Rache-Plot folgt, dabei bekommen wir außerdem eine Mutter und ihre Tochter so wie ein in der Scheidung inbegriffenes Pärchen als Identifikationsfiguren an die Hand. Und apropos altbacken: Das ist die Handlung von Anarchy wirklich in weit mehr als nur einer Hinsicht wie mir heute wieder unweigerlich auffiel. Alle Charaktere sind platte Klischees, die in etwa so viel Komplexität aufweisen wie ein BILD-Kreuzworträtsel, die inhaltlichen Stationen die der Film passiert sind meilenweit vorhersehbar und viel zu oft mit schlechtem Writing dahiniszeniert. 
Aber wisst ihr was? Wen interessierts! Ist man ein Fan der Purgefilme und somit ein Wiederholungstäter, hat man bald schon gelernt, sein Gehirn, Logikverständnis und Skepsis-Center auf ein Minimum herunterzufahren und einfach das Style-Feuerwerk mit Popkorn zu genießen. Denn das und nichts anderes sind die Filme ab dem zweiten Teil: Effektfeuerwerk. Shock Value. Bling bling, bumm bumm. Und in diesem Fall meine ich das nicht mal abwertend, weil Purge was die Unterhaltsamkeit angeht einen sehr soliden Job macht. Ja, man könnte auch Anarchy inhaltlich auseinanderreißen und dekonstruieren: 
Zweimal im Film meldet sich das kaputte Plot-Auto, das dafür sorgt, dass unsere Protagonisten nicht aus der Gefahrenzone kommen. Schon wieder scheint es nirgendwo in einer gigantischen, amerikanischen Großstadt einen sicheren, abgelegenen Unterschlupf wie einen Keller, Mülltonnen oder Wälder zu geben, stattdessen ist jede Gasse im Film so breit wie eine Hauptstraße und heller beleuchtet als ein russisches Solarium. Natürlich finden die ikonischen Antagonisten des zweiten Teils, die Menschenjäger mit den gruseligen God-Masken, unsere kleine Gruppe in besagter Großstadt immer und immer wieder, gerade so als wäre der Ort keine hundert Meter weit. Ihr merkt schon, auch Purge: Anarchy verwandelt sich in eine rauchende Ruine, wenn man etwas nachhakt. Darum lasse ich das doch einfach jetzt.

Abgesehen von dem lahmen Script, den unspannenden Charakteren und den Logikfehlern ist Anarchy dann eben doch sehr unterhaltsam. Es macht Spaß, lauter durchgeknallten Amerikanern dabei zuzusehen, wie sie sich gegenseitig auf die abstrusesten Arten umbringen und verstümmeln, es ist unterhaltsam eine Realität zu beobachten, in der die Bevölkerung es zu einer abgedrehten Kostümparty macht, das Land in einen Massakergarten zu verwandeln. Und natürlich ist trotz allem Unsinn im Script natürlich auch interessant - Was tun die vernunftbegabten Menschen? Wie reagiert der Rest der Welt auf Amerikas Barbarentum? Und hier begannen mit dem zweiten Purgeteil auch befriedigende Antworten zu kommen, die einigermaßen sinnvoll, wenn auch wieder seeeeeehr gezwungen in den Film geschrieben sind. 

Bevor ich noch auf die beiden Aspekte eingehe, die mir bei The Purge: Anarchy jeweils am besten gefallen bzw. mich am meisten gestört haben, ein kurzes Fazit für eventuelle Haderer, die nicht wíssen, ob sie diesen Horror-Action-Thriller gucken sollen. 
Der Film geht 93 Minuten und ist eure Zeit wert, falls ihr all das oben geschriebene interessant findet bzw. verzeihen könnt. Falls ihr Lust habt auf einen brutalen Horrorzirkus mit Gesellschaftssatire-Einschlag. Müsst ihr The Purge 1 gesehen haben? Nein! The Purge: Anarchy eignet sich hervorragend als Einstieg in die Reihe. Wenn ihr über Filme zu viel nachdenkt, kein stumpfes Gewaltfeuerwerk genießen könnt oder Probleme mit alten, schablonenartigen Handlungsverläufen habt, ist das vielleicht nicht so euer Film.

Das Negative zuerst: Ich erwähnte die platten Charaktere. Nachfolgend sind Spoiler enthalten, falls euch das bei so einem Film stört. Der Sergeant, der als zentrale Hauptfigur auftritt, hat vor einem Jahr seinen Sohn bei einem Autounfall verloren, weil der Fahrer sturzbesoffen war, und will diesen zur Strecke bringen. Da er aber u.a. an die Singlemutter und ihre Tochter gerät, entspinnt sich zwischen diese eine Beziehung, die jeder Zuschauer nach der ersten Minute kommen sieht, und gegen Ende des Films scheint er der wildfremden Teenagerin wie ein Vater zu sein, bereit, ihrer Mutter den Trauring zu überreichen. Es ist das typische Extremsituationen schweißen zusammen-Klischee, das uns solche Filme immer wieder verkaufen wollen, und es zwang mich meine Augen zu verdrehen und mein Abendessen wieder hinunterzuwürgen. Aber es ist ja soooooo wichtig, dass wir als Zuschauer in diesem kalten Fest der Unmenschlichkeitein paar verbundene Charaktere haben, an die wir uns binden können, eine Insel der Menschlichkeit in einem Meer der Finsternis! Das wollen die Leute sehen, das treibt die Verkaufszahlen in die Höhe. 

Das Positive ist bei jedem Purgefilm und sogar bei der Purgeserie das Selbe: 
Die ersten 20 Minuten. Beim ersten Review habe ich bereits darüber geredet, wie das Potential der Purgereihe nie so wirklich ausgereizt wurde, und das zeigt sich unter anderem
daran, dass die in den ersten 20 Minuten jedes Films gesammelte und angefachte Erwartungshaltung des Zuschauers das tatsächlich Gezeigte im restlichen Film übertrifft. Jeder der Purgefilme, vielleicht noch mit Ausnahme des Ersten, beginnt mit der Vorbereitung auf die gesetzlose Nacht. Fernsehsender berichten darüber und geben Überlebenstipps, die Menschen versuchen noch schnell ihre Einkäufe zu erledigen und von der Straße runterzukommen, eine vortreffliche Endzeitstimmung, die unheilvoll das Gefühl im Zuschauer weckt, dass hier etwas ganz Schreckliches auf ihn zukommt. So schrecklich ist es dann meistens doch nicht, aber inszenatorisch ist der Beginn jeder dieser Filme Sternenglanz. 

Es gibt Licht und Schatten in Purge: Anarchy, aber das Wichtigste vielleicht ist, dass er unterhaltsam ist. Er ist unterhaltsam, und wem die oben ausgesprochene Empfehlung zusagt, der greift zu, am besten in der im ersten Artikel erwähnten 3-in-1-Collection. 
Purge 3-in-1
 


6/10 Flaggen für The Purge: Anarchy


- Yoraiko   



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Lass mich doch wissen, was du denkst!