Donnerstag, 11. Juli 2019

Film-Review - Der kleine Tod (2014)



"Was ist nur aus dem guten, alten, stinknormalen Sex geworden?"


Manch einer mag und mochte beim Titel dieses Films entnervt die Augen verdreht und sich gedacht haben: "Lieber Gott, nicht noch eine infantile, billige Sexkomödie aus Hollywood", zumindest war das damals meine Reaktion nach dem ersten Trailer. Fakt aber ist, dass dieser australische Film mit der Genre-Zuordnung 'Komödie' fast schon beleidigt ist.

Das Wichtigste zuerst: Der kleine Tod ist ein toller Film. Nicht überragend, nicht atemberaubend, aber anders, interessant und sehr clever. Es geht um verschiedene Geschichten mehrerer Pärchen, die allesamt verbindet, dass mehr oder weniger ungewöhnliche Fetische/Fantasien eine Rolle in ihrer Beziehung spielen. Vom Fußfetisch über Vergewaltigungs-Fantasien bishin zu Dacryphilie(Erregung durch weinenden Partner) ist alles dabei, was man so kennt oder eben nicht.
Der Kleine Tod ist hauptsächlich und vor allem ein Film über Fetische, Vorlieben und den Umgang mit diesen. Allein das ist schon bemerkenswert, weil es meines Wissens nach der allererste, bekannte Film ist, der sich dieser Rand-Thematik annimmt und sie vor allem so konsequent umsetzt. Nun könnte das Ganze sehr schnell in das übliche Peniswitz-Nacktheitsparade-Schema abrutschen, aber das passiert nicht. Es gibt kaum Nacktheit im Film, die Intimszenen sind nicht zum Anheizen da, was die erste Hälfte des Films vor allem ausmacht ist der Humor, die absurden und irrsinnig komischen Situationen, die sich nunmal daraus ergeben, wenn man seinen Mann mit immer fragwürdigeren Mitteln zum Weinen bringen muss, um einen Orgasmus zu bekommen, oder man die eigene Frau jede Nacht mit Schlafmitteln betäubt, weil sie wach nicht zu ertragen ist, und man einen Fetisch für schlafende Menschen hat. Dabei wird man nicht ständig laut loslachen. Darauf legt es dieser Streifen nicht an, produziert keinen Pipi-kacka-Humor. Es ist mehr das breite Grinsen und die innerliche Amüsanz zwischen Faszination und Schockierung der sich zuspitzenden Geschichten.

Und da komme ich dann auch zur zweiten Hälfte oder besser gesagt dem späteren Verlauf des Films. Was wohl bei den irrsinnig-witzigen Trailern und der Promo kaum rumgekommen sein dürfte, 'Der kleine Tod' ist ein mehr oder weniger glaubwürdiges Drama, und das bedeutend mehr, als er Komödie ist. Am Anfang dachte ich, ich bekomme hier eine recht eindimensionale, aber etwas innovativere Fetisch-Komödie ohne große Tiefe geboten. Hätte man machen können. Stattdessen sind die Vorlieben ernsthaft mit den Geschichten der Pärchen verwoben und treiben diese voran, was dann mal zum Happy End bei der einen und zum Bad End bei der anderen führt.
Besonders das Finale, ich bezeichne die letzte Geschichte jetzt einfach mal so, mit der aus dem Trailer bekannten Dolmetscherin, die per Skype für einen Taubstummen jungen Mann ein Sextelefonat übersetzen soll, repräsentiert den Film gut und ist der stärkste Teil. Ihr glaubt, man kann so eine absurde Situation nicht mit ernster Romantik und Sympathie für die beteiligten Charaktere füllen? Ihr werdet sehen, ihr habt euch geirrt. Zum Schluss verbinden sich die einzelnen Geschichten teilweise noch ein wenig auf herrliche Art und Weise und es gibt sogar einen richtig bösen, unvorhersehbaren Twist eines Elements, das sich durch den ganzen Film zog, aber das möchte ich hier nicht vorweg nehmen.

Fazit: Der kleine Tod - Eine Komödie über Sex ist in erster Linie ein glaubwürdiges Beziehungs-Drama, und erst in zweiter Linie eine Komödie. Das Drama ist hier natürlich nicht allzu schwer. Dabei funktioniert beides zusammen so fließend wie kaum in einem anderen bekannten Film, das Zentralthema der Fetische ist mutig, interessant und glaubwürdig umgesetzt, und es wird eigentlich alles und noch mehr geboten, was ein unterhaltsamer, amüsanter Romantik-Streifen haben sollte. Die Chance ist gut, dass DKT noch ein paar Leute sehen werden, auch wenn er noch nicht die verdiente Bekanntheit hat. Unbedingt angucken - Und sei es nur dafür, um zu erleben, wie man Gebärdensprache-Telefonsex in eine rührende Romanze verwandelt.

 

8/10 Füße für Der kleine Tod


- Yoraiko 

 

 

 

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