Die
politische und soziale Abwärtsspirale nimmt weiter zu, Isayama ordnet
der Dramaturgie weiterhin die Logik unter, der Konflikt spitzt sich zu
und während ich das alles irgendwie ziemlich unangenehm finde, bleibt
natürlich auch die Neugier darauf, wie das denn weitergehen soll. Das
euphorische Hoch von Band 25-26 ist für mich so langsam vorbei und ich
bin wieder bei teils-teils, einer durchwachsenen Lese-Erfahrung mit
vielen Kompromissen.
Zeke wird erwartungsgemäß mit seiner
Snape-Backstory beschenkt und wir erfahren, woher der Affentitan seinen
Kampfstil hat. Hier wiedermal gefühlt fantastisches Foreshadowing mit
guter Auflösung, auch wenn man natürlich bereits beim ersten Steinwurf
erwartet hat, dass der Mensch darin Baseball-Erfahrung hat. Trotzem,
cool, wie hier mal wieder, ohne es auszusprechen, Details hinzugefügt
werden.
Ansonsten lässt der Charakter mich weiterhin kalt und es ist
fast schade, dass er und Levi eh noch leben, weil ihre Plotarmor dicker
als Mauer Maria ist.
Die komplette Spaltung Eldias in zwei
Fraktionen ist wahnsinnig unangenehm mit anzusehen, das Ganze hat mit
der rebellischen Bevölkerung, den Anschlägen, der kalten ruchlosen Art
von Fraktion-Eren und so Szenen wie der öffentlichen Prügelrunde für
Shadis so einen starken Beigeschmack von 'Herr der Fliegen'. Eine immer
weiter zerfallende, moralisch sterbende Isolations-Gesellschaft, die
sich selbst kannibalisiert. Recht des Stärkeren und so. Das ist nicht
uninteressant, aber schon WIEDER eine komplett andere Richtung für die
Geschichte. Und während manche diese Varianz (Wir haben in den letzten 5
Bänden 3-4 Mal das Genre der Geschichte gewechselt, Naruto hat das in
70 Bänden 2-3x gemacht) vielleicht positiv finden, empfinde ich das eher
als überambitioniert, denn das kommt ja zu dem riesigen Clusterfuck an
Elementen und Ideen noch dazu.
Bin echt gespannt, wie weit das
noch geht, wie konsequent Isayama die Herr der Fliegen-Thematik
durchdrückt und obs nicht im nächsten Band schon wieder ganz anders ist.
Das lustige Ironierad des funny Schicksals wird munter
weitergedreht und She-Eren besucht mit Sashas Familie natürlich, wie
könnte es anders sein, selbstverständlich, klar, das Restaurant in dem
Sashas Crush arbeitet, dem She-Eren dann auch alles munter erzählt.
Seufz, oh well. Es war hochamüsant, wie Mini-Conny den Braten gerochen
hat und She-Eren nicht, fast so gut wie der deftige Schlag in ihre
Fresse. Ich glaube, ich habe die Seite 5-6 mal schnell hin und
hergeblättert, um eine flüssige Animation von aufeinanderfolgenden
Schlägen in She-Erens Fresse zu haben. Oder wars 50-60 mal...? Egal.
Ihre Plotarmor hat auch sie gerettet, gleich zwei mal hintereinander,
aber wir müssen ja auch die Rache ist schlecht-Moral vermitteln, es
lesen Kinder mit.
Ich traue der Sache mit Eren nicht. Zwar
passt es unangenehm in Isayamas derzeitiges Muster, alles und jedem dem
Schicksal und höherer Eingebung zuzuschieben, aber trotzdem wirkt das
alles zu krass und gewollt. Mikasa Bro-Con Ackermann jetzt, nach 28
Bänden, drei Staffeln und unendlich vielen Memes ihre einzige
Lebensmotivation und den Krümel, der sie davon trennt ein scheintotes
Weißbrot zu sein, wegzunehmen, ist sogar für mich so unglaublich,
unfassbar grausam und perfide, dass ich irgendwie auch gar nicht glauben
will, dass das so hinkommt. Einmal abgesehen vom angesprochenen Problem
dieses Schicksals-Tropes in Manga, das den Charakteren ihre
Individualität und ihre Leistungen nimmt.
(Naruto ist stark wegen
Vererbung, Eren ist stark wegen Vererbung, Mikasa liebt Eren gar nicht
aufrichtig sondern nur wegen Vererbung, ...)
Und dann auch noch
diese Hassrede gegen Mikasa und Armin. Und dieser tote Blick in Erens
Augen. Ich bin überzeugt davon, dass er auf Biegen und Brechen versucht,
Mikasa und Armin dazu zu bringen ihn zu hassen und zu verabscheuen,
damit sie sich nicht so für ihn einsetzen und sich nicht in Gefahr
bringen. Zumindest möchte ich das glauben, aber hey, es könnte auch
einfach Isayama being Isayama sein. Werde es sehen. Was mir gerade noch
kommt: Diese Szene im Anime(Keine Ahnung ob das so im Manga war) in der
Mikasa von Armin über Erens vermeintlichen Tod erfährt, da verändert
sich ja etwas in ihr, und das bekommt hier wie in so vielen Momenten von
AoT mal wieder eine ganz neue Bedeutung: War sie da das erste Mal seit
Langem 'befreit' und konnte frei agieren oder war sie gebrochen und hat
das Beste draus gemacht? Sah eher nach Ersterem aus, und ugh, wäre das
eklig. Die kompromisslose Liebe von Mikasa zu Eren war, so lächerlich
sie auch sein mochte, eines der letzten reinen Elemente in diesem Manga.
Dont take that away from me.
Ich habe Levis inneren Monolog geliebt, als er das mit Eren erfährt. Er reflektiert einfach EXAKT die Gedanken des Lesers: Diese ganze Scheiße für DAS?!
Solche
reflektierten Monologe geben einem immer Hoffnung, weil sie zeigen,
dass der Autor sich bewusst ist, was er da macht und wie es ankommt. Und
dann kommt doch wieder irgendwann irgendein random Revenge is bad btw-Dialog...
Das Rückenmark im Wein und die Zwangs-Wandlung von Levis Kameraden ist mal wieder herrlich-perfide und richtig, richtig fies. Da hat Isayama sich wieder eine neue, kreative Art und Weise ausgedacht, Charaktere zu opfern, und ich bewundere es vollstens. Beeindruckend auch zu sehen, dass Levi als stärkster Mensch mittlerweile gut genug ist, ein Heer Titanen und den Affentitanen binnen weniger Minuten zu zerfetzen.
Ich
bin gerade irgendwo im Mittelspektrum, nicht sonderlich begeistert aber
auch nicht übermäßig abgeschreckt, es baut sich mal wieder viel auf und
ich bin gespannt, wo das hingeht. Im nächsten Band tritt sicherlich der
eingeschlichene 'Gast' in Erscheinung.
- Yoraiko
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