Puh, Umzüge. Ein Thema, das für mich - ob wohl oder übel - in den letzten 10 - 15 Jahren keine Rolle gespielt hat. In meinem widerlich-weinerlichen Beitrag über Fernweh und unsere angeborene Gefangenschaft im Wohnort unserer Eltern habe ich allerdings schon klar gemacht, dass ich mich in der schönsten Stadt des Ostens - Leipzig - alles andere als wohl fühle. Nicht, weil die Stadt nicht lebenswert wäre. Wenn man schon durch die Eltern dazu verdammt ist, in AfDLand zu leben, dann ist Leipzig als linke Hochburg das einzige Ass im Ärmel, die Insel von Vernunft in einem Ozean aus brauner Verblödung. Jedoch ändert das nichts an der Tatsache, dass ich mir diesen Wohnort nicht selbst ausgesucht habe und zudem etwa stolze 15 Jahre hier lebe. 15 Jahre. Da wird es doch mal höchste Zeit für einen Tapetenwechsel.
Veränderung erreicht im Leben nur zwei Arten von Menschen: Glückspilze und die, die sie aktiv herbeiführen. Dass ich mich selbst mit großzügigem Auslegungsrahmen nicht zu ersterer Gruppe zählen darf, ist meinem Umfeld und mir hinreichend bekannt. Also habe ich aktiv in Angriff genommen, etwas an meinem Wohnort zu verändern. Wie kams? Ein sehr einfacher Impuls - Mein dreitägiger Urlaub in Hamburg. Schon seit Jahren liebäugle ich mit der Nordperle Deutschlands, die nicht nur das herbstliche Klima bietet, dem ich so zugetan bin, sondern auch sehr nahe an meiner Lieblingsregion des Planeten residiert - Skandinavien. Linksgrüne Hochburg. Astreine Vernetzung. Die Punkte meiner Begeisterung sind endlos, und dieser erste, dreitägige Besuch in Deutschlands größter Hafenstadt hat ausgereicht, um den Funken für ein Inferno der Selbstverwirklichung loszutreten. Ich suchte Tag und Nacht nach Wohngelegenheiten und wurde für meine Mühen schließlich entlohnt. Jetzt, zwei Monate nach meinem Urlaub, stehe ich kurz vor dem Umzug. Es ist eine Bilderbuch-Kurzschlussreaktion, die sich jedoch seit mehr als fünf Jahren angekündigt hat und von mir aus extremste durchgeplant und durchdacht wird.
Oft musste ich mir in den letzten Tagen anhören, das wäre verrückt, töricht, extrem und voreilig. Dass ich ja sicher bald nach Leipzig zurückkommen würde. Ich rechne einen Großteil dieser Stimmen Menschen zu, die in der bitteren Realität leben, welche ich in meinem oben verlinkten Fernweh-Beitrag beschrieben habe: Leute, die in ihrem Dunstkreis geboren werden, leben und sterben, ohne ihn zu verlassen. Die wenigsten Menschen, statistisch gesehen, treffen wirklich die bewusste Entscheidung, ohne Motivationen wie einen Hammerjob oder einen fernen Beziehungspartner in einen weit entfernten Ort, weg von ihrer gewohnten Heimat, zu ziehen. Es ist... gemütlicher, es nicht zu tun. Und wagt es dann doch jemand, so rümpft man die Nase über ihn, weil er einen potentiellen Angriff auf die eigene Zufriedenheit bedeutet. Das ist natürlich nicht für alle so und ich finde es vollkommen akzeptabel, mit seiner Heimat zufrieden zu sein und nicht weg zu wollen - ich aber war es lange nicht mehr und bin deswegen stolz und froh, mich zu verändern.
Die eigene Wahl unseres Wohnortes hat eine größere Bedeutung, als es uns vielleicht klar ist, weil sie Teil unserer Identität ist. So wie wir in Hobbies, Arbeit und Liebe Selbstbestimmt suchen, so wollen viele sie auch im Ort, an dem sie leben. Denn es ist nunmal ein himmelweiter, wenn auch nur gefühlter, Unterschied, ob ich in einer Stadt lebe weil ich darauf keinen Einfluss hatte oder weil ich mich AKTIV dafür entschieden habe, Teil dieser Stadt zu sein und dafür viel zu riskieren und zurückzulassen. In Leipzig bin ich seit Jahren unzufrieden, jetzt ändere ich das, und sollte ich in Hamburg ebenfalls unzufrieden sein ist das okay, denn das war MEINE Wahl.
Genug schwadroniert. Für meine Kanäle wie meine Website und Youtube wird das zweierlei bedeuten.
- Die nächsten 30 Tage wahrscheinlich bedeutend weniger Output. Zwar habe ich mir den ganzen Monat frei genommen, doch unter Umzugsvorbereitungen schmilzen die Tage fast so rasch dahin wie bei Spätschichten in der Pflege. Ich weiß, wie sollt ihr von nun an nur eure Freizeit gestalten??
- Spezielle Beiträge im Rahmen meines Umzugs, darunter ein Feature zu Leipzig und seinen schönsten Orten, die ich abschließend nochmal mit der Kamera erkunden werde - bei Tag UND Nacht - und in Hamburg dann wahrscheinlich erst mal viel zur neuen Stadt, den besonderen Plätzen, den Veränderungen. Viel persönlicher Kram also.
Kurz vorher steht noch die Dokomi Convention in Düsseldorf an, zu der es natürlich ein ebenso großes Feature wie zur Animagic 2019 geben wird, trotz oder gerade wegen Corona und der extremen Hygienemaßnahmen. (Für die alle Besucher der Veranstaltung dankbar sein werden).
Einstweilen sage ich erst mal Goodbye, aber sicher nicht Lebewohl zu Leipzig, der schönsten Stadt des Ostens, die mir jetzt nach 15 Jahren nichts mehr zu bieten hat, und springe - ohne soziale Kontakte, ohne Connections, ohne handfesten Umzugsgrund - ins eiskalte Hafenwasser im schönen Norden.
Es war schön mit dir, Leipzig. Ich werde deinen unvergleichlichen Hauptbahnhof vermissen, deine Buchmessen und Wave Gothic-Nähe, deine Kulturträchtigkeit, deine rebellische Natur gegenüber deinem braunen Umfeld.
Doch ich war mir selten im Leben sicherer, mit Fug und Recht etwas zu wagen, als diesen Schritt nach Hamburg zu machen, und mich als Mensch sicherlich in vielerlei Hinsicht weiterzuentwickeln.
Denn wie sagte schon John F. Kennedy am 26. Juni 1963 mit solch stolzgeschwellter Brust:
"Ich bin ein Hamburger."
- Yoraiko
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