Dienstag, 7. Januar 2020

Hotline Miami Review - 'Do you like hurting other people?'


Ich muss los. Ein Anruf ist eingegangen, es gibt kein Entkommen. Ein neuer Auftrag, ein neuer Level, ein neuer Drill. Maske auswählen, Zweifel beiseite schieben, Augen zu und durch. Restart. Die Neonfarben blenden mich. Restart. Der elektronische Synthesizer-Soundtrack beschallt mich. Restart. Schleich dich rein. Restart. Nein. Stürm hinein. Restart. Nein. Du musst schneller sein. Restart. Nein. Du musst klüger sein. Restart. Nein. 
Töte sie, bevor sie dich töten. Raum für Raum, Haus für Haus, Level für Level. Die gesamte russische Mafia wird fallen, früher oder später. Ich werde sie alle kriegen. Um Rache zu üben. Rache für seine Ermordung. Aber spielt das eine Rolle? Spielt in dieser Geschichte irgendetwas eine Rolle außer brutaler, kompromissloser Gewalt? Ich muss mein Tier weise wählen, denn es gibt mir Kraft. Rasmus,die Eule. Restart. Tony, der Tiger. Restart. Ted, der Hund. Restart. Ich muss sorgfältig wählen. Immer wieder. Muss probieren, muss beharrlich bleiben. Restart. Bleib dran. Hör nicht auf. Restart.

Es ist wie ein Spiel. Ein brutales, psychodelisches,upgefucktes Schachspiel. Ich habe nur einen König. Doch sie haben so viele Bauern. Zug um Zug muss ich sie vom Feld nehmen, doch nur ein falscher Schritt und mein König fällt. Und so ist jeder Erfolg dahin. Restart. Ich lerne. Restart. Ich werde erfahrener. Restart. Wie in einem Schachduell des Geistes nehme ich aus jeder Niederlage eine Erkenntnis für den nächsten Zug mit. Zug um Zug nehme ich ihre Bauern aus dem Spiel, lerne aber zunehmend, meinen König nicht zu verlieren. Restart. Zwei Bauern sind gefallen, doch ich habe Pech und ein Dritter findet mich. Restart. Kann ich diesen Türwächter dort vielleicht mit einem schnellen Schlag K.O. hauen und dann töten? Sein Kamerad erschießt mich. Restart. Vielleicht klaue ich erst seine Waffe und-zu langsam. Restart. Es gibt einen Weg. Es gibt eine Strategie. Und ich finde sie, durch Blut und Schweiß. Ich verinnerliche die Figurenkonstellation dieses gnadenlosen Schachfeldes und manövriere mich am Ende mit einer beinahe anmutigen Metzeleien hindurch, gestärkt durch dutzende Niederlagen. Eine große Verzögerung zwischen meinen Versuchen gibt es nicht - Kein Bedauern, kein Warten, kein Frust. Restart, Angriff. Restart, Angriff. Restart, Angriff. Restart, Angriff. Die Farben, die hypnotische Musik und die nicht endenwollende Schleife meiner Versuche, den Code zu knacken, versetzen mich in einen Rausch. Ein Rausch des Blutes, ein Rausch des Knobelns - Manchmal vergebens. Dutzende Male in der Minute scheitere ich. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. Restart. 

Gib nicht auf. Restart. Bleib beharrlich. Restart. Keine Zeit für Frust. Restart. Keine Zeit für Wut. Restart. Denk nicht nach. Restart. Handle instinktiv. Restart. Werde zum Tier. Restart. Weiter. Restart. Es existieren viele Wege zum Ziel. Ich muss nur einen Einzigen finden, durch Beharrlichkeit. Und Glück. Nur eines von beiden reicht nicht aus. Habe ich es durch Anstrengungen gemeistert, nach hunderten Versuchen einen Raum zu durchqueren, ist es eine kleine Unachtsamkeit, ein Moment höherer Fügung, ein Tritt des Schicksals, der die Wache ganz außen in der Ecke vor mir verborgen hat und die mich nun erschießt. Nur ein Treffer und alles war vergebens. Restart. Der Fortschritt von zahllosen Minuten ist dahin. Doch ich werde Mühe und Glück zusammenbringen und das Gebäude in ein Leichenhaus verwandeln. Letztendlich. Die Rache muss weitergehen. 
  
Restart.






Hotline Miami ist so ziemlich jedem Videospiele-Enthusiast der Welt ein Begriff - Der Indie-Topdown-Shooter im knalligen Pixelneon-80er Jahre-Flair erschien 2012 für den PC und schlug buchstäblich ein wie eine Bombe. Es galt als eines der schwersten Spiele seiner Zeit. Und sowohl unter Kritikern als auch unter den Spielern war man sich einig - Das hier ist legendär. 

Ich konnte nie ein Interesse daran finden. Als überaus grafik-orientierter Mensch, der sich nur selten auf optische Experimente und Kunstunfälle einlassen kann, war die ohne Zweifel extrem gewöhnungsbedürftige und bewusst-rückständige Matschegrafik ein absolutes No-go. Auch forderndes Shooter-Gameplay reizte mich nicht, und da PC-Spiele zu dieser Zeit für mich ohnehin nicht mehr waren als eine ulkige Kuriosität, ging dieser Hype wie viele Andere an mir vorbei.

Vor ein paar Monaten konnte ich allerdings eine große Anzahl PS Vita-Spiele für sehr kleines Geld erlangen, und wie es der Zufall so wollte, war darunter auch Hotline Miami. Warum nicht? dachte ich mir und spielte mal rein um zu sehen, was denn so dran war am berüchtigten Hammerschwer-Platzhirsch der Pixelwelt. Ein Rauschtrip begann.

Ich konnte kaum rationalisieren, wie ich das Spiel überhaupt fand oder wie unerträglich hässlich ich es finde, ehe ich schon den Restart-Knopf bis zur Vergilbung gedrückt hatte. Hotline Miami ist ein spielerischer Rausch. In der Handlung geht es grob um unseren Protagonisten Jacket, der aus irgend einem Grund systematisch die russische Mafia ausradiert. Dabei bekommt er immer wieder ominöse Anrufe, die ihn zu seinem nächsten Einsatzort schicken, besucht vor jedem Mordanschlag einen bärtigen Freund, muss sich mit verstörenden Wahnvorstellungen auseinandersetzen und letztendlich dann doch immer wieder zum Tier werden - Buchstäblich. 

  Die Story ist egal, vollkommen belanglos, darum geht es in Hotline Miami nicht. Natürlich, wenn man sich ein wenig einliest, Punkte verbindet und laut Fans wohl den abschließenden zweiten Teil spielt, kommt da ein durchdachtes und cooles Konstrukt raus. Aber ganz ehrlich? Das ist einfach egal. Die Handlung ist banal und wie in einem Pixel-Amok-Shooter zu erwarten bestenfalls zweitrangig. Und was an einprägsameren Momenten da war, habe ich in den langwierigen und schweißtreibenden Gameplay-Sektionen zwischendurch regelmäßig längst wieder vergessen.

Die Grafik ist für meine Begriffe wirklich furchtbar, wenn auch in sich stimmig und nach einiger Zeit mit seinen anarchistischen Neontönen und Gewaltakzenten gewissermaßen passend. Vor allem negativ heraus stechen für mich die grotesken Gesichts-Grafiken der Haupt-, und Nebencharaktere, die mit Sicherheit Teil des intendierten Stils sind, für mich aber ein gutes Stück der 'Exzentrik' von Hotline Miami ausmachen. Das Bild wackelt, bricht ein und flimmert, alles riecht nach Retrozeit.

Die Musik. Niemand redet über Hotline Miami, ohne über den Soundtrack zu sprechen. Das gesamte Spiel ist darauf ausgelegt, ein Rausch zu sein. Den Spieler in einer Spirale zu fangen. All das würde nicht ohne die treibend-hypnotische Musik funktionieren, die mehr noch als das Setting und die Grafik puren 80s-Vibe atmet. Ich meine, hört euch das doch nur mal an. 


Diese Musik ist euer einziger Begleiter auf der Jagd, euer einziger Kamerad im Kampf gegen die unfairen Level, euer einziger Schutz gegen den in euch aufwallenden Frust, nachdem ihr gerade zum hundertsten Mal im ersten Raum eines Levels gestorben seid. Die Stücke reseten nicht mit eurem Tod, sondern untermalen beharrlich so lange das Level, bis ihr es schließlich abgeschlossen habt. Der Soundtrack von Hotline Miami ist sicherlich Geschmackssache, fiel mir aber als überragend auf, obwohl ich kein Fan Synthi-Elektro bin. Die Mischung zwischen den sich zuspitzenden Klängen, den blutig-bunten Leveln und der eigenen Rauschkonzentration funktioniert einfach zu gut. Und verdammt, die Krone des gesamten Soundtracks ist dieses Stück, das die Spannung, Dramatik und Kompromisslosigkeit des Bosskampfes perfekt einfängt. Hört es euch an und lasst es wirken.
(Absatz enthält leichte Spoiler bzgl. des letzten Bosskampfes. Musik)



Nachdem ihr euch in zahllosen Stunden und hunderten frustrierten, verbissenen Versuchen durch diverse Level und unzählige Mafiamobs geschlachtet habt, steht ihr endlich dem letzten Boss gegenüber, der für alles verantwortlich zu sein scheint. Das große Tier der russischen Mafia. Es wird nicht viel geredet. Ihr kommt gleich zur Sache. Zwei Panther. Sie zerfleischen euch wie Katzenfutter. Restart. Restart. Restart. Aber so wie ihr ihr Verhalten beobachtet, lernt ihr, wie man sie erlegt. Eins, zwei, vorbei. Die Musik dröhnt in euren Ohren und ihr freut euch über die gefallenen Tiere, da tötet ein schneller Schwerschlag der weiblichen Samurai-Leibwächterin euch und befördert euch wieder vor die Kätzchen. Restart. Wieder tötet sie euch. Wie nur besiegt man sie? Stück für Stück, Versuch um Versuch, hetzt ihr durch den Raum, versucht die Panther zu überleben, versucht den Schwachpunkt der Samurai zu finden. Die Musik hört nicht auf zu dröhnen. Es gibt kein Entkommen, weil ihr nicht bereit seid, aufzugeben. Ihr findet ihren Schwachpunkt und die Leibwächterin fällt. Die Musik hört nicht auf und ihr sterbt durch den Boss selbst. Restart. Weiter gehts. 

Das Gameplay ist das Essentielle, über das man bei Hotline Miami sprechen muss. Ich habe ja nun schon zu genüge umschrieben, worum es im Groben geht - Ihr seid ein Pixelmann, der in Häuser eindringt und Raum um Raum stehende, patrouillierende und bis an die Zähne bewaffnete Wachen ausschaltet. Oder blutgierige Hunde. Gott, diese verdammten Dreckshunde. Damit ihr ins nächste Stockwerk dürft, muss jeder sterben. Und die Gegner sind nicht dumm, zumindest nicht komplett - Lasst ihr euch bei einem Mord erwischen jagen sie euch. 

Der wichtige Kniff im Spiel sind die Tiermasken - Am Anfang jedes Levels wählt ihr für euch eine Tiermaske aus, die ihr nach und nach freischaltet und die euch besondere Fähigkeiten wie schnelleres Laufen oder eine erhöhte Unsichtbarkeit geben. Insgesamt fand ich dieses Gameplay-Element gar nicht mal so wichtig, da das Lernen der Level viel elementarer ist als die laschen Hilfs-Fähigkeiten, aber gerade in spezifischeren Leveln wie solche mit vielen Hunden können Fähigkeiten wie Immunität gegen Hunde das Zünglein an der Waage sein.


Ihr könnt Gegner unbewaffnet erschlagen, um an ihre Waffen zu kommen, oder sie mit einer sich öffnenden Tür ausknocken, wenn sie dahinter stehen. Ihr könnt euch mit Nahkampf-Waffen durch Level schnetzeln oder versuchen mit Schusswaffen alles niederzumähen - Aber Vorsicht, die machen Lärm und ziehen JEDEN Mafioso Umkreis an wie läufige Prostituierte. 

Mein persönlicher Weg war nach wenigen Leveln immer gleich: Nahkampfwaffen schnappen, Gegner erschlagen, hinter Ecke verstecken, repeat. Oder schnell in einen Raum stürmen und alle Gegner darin erschlagen ehe sie reagieren können. Nur wenn es wirklich nötig war griff ich zu Schusswaffen, etwa um Gegner zu mir zu locken. Denn, und das ist absolut ein Kritikpunkt an Hotline Miami, die Schussmechanik ist äußerst unausgewogen und nur einer von mehreren Punkten, warum das Spiel so 'schwer', geradeheraus unfair und widerlich-frustrierend ist - Während das Zielen mit Schusswaffen für den Spieler unglaublich ungenau und fummelig funktioniert, so dass man auch mal 20 Schüsse auf einen anstürmenden Gegner abgeben kann ohne auch nur ein einziges Mal zu treffen, MÜSSEN Gegner GAR NICHT zielen - Denn die Programmierung funktioniert anders. Gegnerische NPCs sind nicht so programmiert, dass sie sich zu dir umdrehen, dich finden und dann schießen müssen. Stattdessen drehen sie sich um und schießen. Das klingt ähnlich, ist aber ein meilenweiter Unterschied - 

Während Menschen normalerweise einen kleinen Moment zum Zielen brauchen, vor allem wenn sie überrascht werden, liest die gegnerische KI einfach die Position des Spielers im Raus aus und fixiert sich darauf, so dass ein Schuss von bewaffneten Gegnern bei Sichtung immer SOFORT erfolgt und meistens trifft - Restart. Denn natürlich seid ihr nach nur einem Angriff tot. Unglaublich unfair und haarsträubend. Und einer der Gründe, warum Schusswaffen sich in Hotline Miami nur für die ganz, ganz Hartgesottenen eignen - Mit einem Brecheisen zwei schnelle Schritte zu machen und alle umzuprügeln ist einfach effektiver. Und leiser. 

Das Andere ist, dass die Level (Natürlich) immer unfassbarer und biestiger werden. Da werden euch genaustens ausgeklügelte und perfide Raum-, und Gegnerkonstellationen entgegengeworfen, die einfach nicht besiegbar sind - Es sei denn, ihr scheitert. Fünzig Mal. Hundert Mal. Der Aufbau muss euch in Fleisch und Blut übergehen. Natürlich spreche ich hier in erster Linie erst mal nur von meiner Erfahrung - Viele Spieler sind besser als ich. Aber viele auch nicht. 

Ein weiteres großes Problem in der Spielbalance ist die Tatsache, dass ihr natürlich nur begrenzt weit sehen könnt - Eure Gegner aber nicht. Und so kommt es immer, immer und immer wieder vor, dass euch ein bewaffneter Gegner am Ende des Raumes oder eines Ganges, außerhalb eures Sichtfeldes, erschießt und alles ist futsch. Wenn das am Anfang eines Levels passiert, Schwamm drüber. Passiert es am Ende, nach 30 Gegnern, seht ihr rot. 




Die Selbstverständlichkeit, mit der eure Tode in das Spielgeschehen eingebunden werden, sind Fluch und Segen zugleich - Der Hauptgrund und der große Geniestreich von Entwickelr Damnation Games ist eigentlich ein einfacher aber oft unterschätzter Kniff - Euer Tod bringt keine Wartezeit mit sich. Kein nerviger YOU DIED-Screen, kein Musikwechsel, keine Ladezeit, es geht sofort weiter. Ihr habt kaum Zeit, wütend zu werden. Frust aufzubauen. Weil ihr euch sofort wieder reinwerft, weiterkämpft, weiterknobelt. Restart. 

Der gefühlte Nachteil dieses flüssigen Gameplays ist aber, dass die Gegner euch auch über weite Teile mit einem Tempo und einer Selbstverständlichkeit aus dem Leben löschen, ein kleiner Messerstich da, ein fixer Kopfschuss hier, und das manchmal dreißig Mal hintereinander an der selben Stelle, dass ihr manchmal eben doch innerlich und äußerlich Brüllen und Fluchen wollt. Wenn ihr festhängt und das Spiel euch einfach nicht rauslässt, weil es immer wieder geht und die Gegner in einer gefühlten Süffisanz ihre Freude daran haben euch immer wieder wie eine lästige Fliege zu zerquetschen. Aber irgendwann habt ihr den individuellen Code eines Levels geknackt und bekommt auch noch das nötige Quentchen Glück obendrauf. Das Gameplay ist wie ein Schachspiel, wie ich es oben schon angeführt habe - Ihr müsst euch wie mit Schachzügen Raum um Raum manövrieren und planen, wie ihr die diese und jene Figur ausschaltet, dabei aber auch unbedingt immer mit einbeziehen, wie die Figuren dahinter, daneben oder in der Nähe darauf reagieren, damit ihr nicht von diesen Schachmatt gesetzt werdet. Dabei schlagen üblicherweise bestimmte Waffen bestimmte andere Waffen - Lange Schlagwaffen sind effektiver als Kurze, ohne Waffe könnt ihr keine Hunde erlegen, die wiederum auch zu schnell für langsame Schusswaffen sind, dickere Gegner sind immun gegen Schlagwaffen und so weiter und so fort. Es ist mehr Planung, Knobelei und Denkarbeit in Hotline Miami erfordert als man zunächst vermutet. Zumindest wenn man so wie ich einfach sehr, sehr schlecht in solchen Spielen ist.

Der finale Bosskampf (Spoiler im Absatz enthalten) ist ein gutes Beispiel für die eigenartige, strategische Tiefe der Metzelkämpfe: Eigentlich besteht er vollkommen antiklimatisch nur aus ein paar richtigen Treffern, mit denen ihr erst zwei Haustiger erlegen müsst, einem einzigen Treffer, der ausreicht um die Leibwächterin des Bosses zu besiegen und schließlich nochmal zwei Hits, um den Kampf zu beenden. Dauert richtig ausgeführt ein paar Sekunden. Sich aber dahinzuknobeln, den Levelaufbau  auszunutzen und nach jedem Restart wieder von vorne anzufangen, immer noch das adrenalingeladene Bosstheme im Ohr, zerrt an den Nerven und sorgt für ein würdiges Finale. ein würdiges, kackenschweres Drecksfinale. 

  Fazit
Ich will mal wieder ganz ehrlich sein - Eigentlich sollte dieses Review eine einzige Hasstirade werden, in der ich Hotline Miami als den unfairen, sadistischen und zu unrecht international hochgefeierten Indiedreck identifiziere, als den ich ihn sah, während ich mich zähneknirschend durch die immer unfairer und fordernder werdenden Level biss. Wenn man mich kennt oder mal ein wenig meine Spielberichte verfolgt merkt man schnell, dass ich schwere Spiele nicht allzu gerne mag - Ich tendiere schnell dazu, diese als unfair und unbalanced abzustempeln, wenn ich ihnen nicht gewachsen bin. Und so wollte ich auch hier Demnation Games direkt nach dem Durchspielen von Hotline Miami nach einigen anstrengenden Wochen allen voran verunglimpfen weil sie glauben, sie hätten was ganz Tolles geschaffen, was aber eigentlich nur überschwerter Schund ist. 

Und dann das Aber. Es ist wieder passiert, was mir ein Dorn in der Haterseele ist - Das Spiel, sein Soundtrack und sein größeres Konzept sind bei mir eingesickert und haben nochmal ein Umdenken bewirkt. Übrigens einer der Gründe, warum man nicht emotional hochgeladen ein Review verfassen sollte. Hotline Miami ist - Aus meiner Sicht - Keiner der Fälle, die ich zu unrecht als unfair und als unerträglich schwer und gängelnd und piesackend und random bezeichne. All das ist es. Aber will es denn anders sein? Will es 'fair' sein? Müssen Spiele denn wirklich immer fair sein? Ich weiß nicht, aber der Rausch und die Anforderungen, denen Hotline Miami mich unterworfen hat weil ich EINFACH! NICHT! AUFGEBEN! wollte, wirkten meinem Zorn und meiner Resignation entgegen. Die Unmittelbarkeit der Tode hielt mich davon ab, meine Vitakonsole grunzend in eine Ecke zu schmeißen - Ich war oft kurz davor, aber die Konzentration war dann doch stärker. Und der Unwille, eine neue Konsole zu kaufen. 

Hotline Miami muss sich den Vorwurf gefallen lassen, viele Elemente des Gameplays unsauber, unbedacht oder bewusst gängelnd programmiert zu haben. Gerade spätere Level sind einfach vollkommen unverhältnismäßig schwer und beschränkt in den Möglichkeiten des Spielers, so dass es irgendwann wirklich nur noch auf Glück ankommt. Das Spiel ist unfair und ich hasse es. Aber das will es vielleicht auch. 

Man muss sich nur fragen, ob man das will. Denn konträr zu Marken wie Dark Souls, Undertale oder Super Meatboy bereitete Hotline Miami mir zu keinem Zeitpunkt Spaß. Das brutale und belohnende Glücksgefühl beim Meistern eines scheinbar unmöglichen Levels oder Bosses blieb aus. Ich war nie froh, die Herausforderung gemeistert zu haben - Ich war nur erleichtert, dass endlich ein weiterer Level hinter mir liegt. Hotline Miami macht zu keinem Zeitpunkt Spaß, zumindest ist das mein bleibender Eindruck. Alles was es dir am Ende gibt ist der Rausch deiner eigenen Unnachgiebigkeit. Und das Wissen, dass du es irgendwie besiegt hast. Wem das reicht, der werfe den ersten Stein und hole sich das Spiel. Wer irgendetwas auch nur entfernt Spaßiges oder gar Faires sucht und nicht bereit ist, mitunter viele Stunden in kleine Level mit wenig bis keinem Fortschritt zu stecken, der bleibe bei seinem Journey, League of Legends oder Pokemon.

Und ja, Hotline Miami 2 wird früher oder später vermutlich auch bei mir landen. Ich weiß nicht genau warum. Aber ich will diesen Rausch wieder. 

7/10 Biker für Hotline Miami


- Yoraiko

 

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