Freitag, 6. Dezember 2019

Pokemon-Fangame - 'Pokemon Reborn' Spielbericht 2 - Unfair und frustrierend


Vor einigen Wochen schrieb ich einen geradezu übereuphorischen Beitrag über das Pokemon-Fangame Reborn, das mein eigentlicher Einstieg in die Pokehack-Community darstellte und von mir auch prompt nach kurzer Zeit als sicherlich eines der Besten deklariert wurde. Es bot meinem Gefühl nach das, was die Hauptserie nie konnte oder wollte - Eine ernsthafte, nachvollziehbare Welt und Geschichte und einen sackschweren Schwierigkeitsgrad, der aber zu keinem Zeitpunkt frustrierend oder unfair wird, sondern nach Strategie und Investitionen verlangt. 
Ich war hellauf begeistert.

Diesen Eindruck muss ich jetzt, noch nicht mal beim dritten Arenaleiter angekommen, vorerst zurücknehmen. Nach meiner momentanen Stimmung ist Reborn sehr, sehr schlecht gebalanced und leider nicht nur schwer, sondern an wichtigen Punkten der Handlung einfach geradeheraus unfair und schier lächerlich-gängelnd dem Spieler gegenüber. Es mag für Veteranen der Reborn-Region dieser typische Moment sein, wenn ein übereifriger Neuling wirklich im Spiel angekommen ist und sich erst wirklich daran gewöhnen muss - Ein Anfangsgeheul, wenn man so will - das sich später legt und zu Lobeshymnen wird. Vielleicht. Aber nach dem, was ich so von anderen Spielern höre, nicht wahrscheinlich. Während im ersten Bericht die positiven Punkte gegenüber lapidaren Wermutstropfen ganz klar dominierten ist es jetzt genau andersherum. Ich war einige Male davor, das Spiel abzubrechen, weil ich meine Zeit auch auf genügend andere Dinge verwerten kann, aber ich habe es noch nicht, eben weil das Konzept mich so fasziniert. Aber eines steht fest, ich habe Spiele schon für weit weniger in den Papierkorb verschoben. 



Wo fange ich an? Ich habe Reborn in aller Ausführlichkeit bereits beim letzten Mal vorgestellt, darum möchte ich relativ schnell zum Wesentlichen kommen. Nach der ersten Arenaleiterin gibt es einen neuen Stadtteil und ein paar kleinere Storyszenen zu entdecken, dann wird man relativ schnell vom Storyschlauch zur zweiten Arena gelotst. Die Leiterin Florinia, mit der man bereits unter anderem Team Meteors Fabrik ausgehoben hat und die als Kameradin deutlich angenehmer war als als Gegnerin, war mein erstes großes Problem mit Reborn. Aber schließlich löste ich es, wie ich wohl in Zukunft noch viele Probleme lösen werde - Grinding. Hat man diese Tortur hinter sich gebracht, darf man fast ohne Umwege direkt zum nächsten Boss und anschließend in einen neuen, von apokalyptischen Pflanzen zerstörten Stadtabschnitt, der nur Minuten nach Eintritt den nächsten extrem harten Gegner bereit hält - Unnötig zu erwähnen, dass er mit mir den Boden gewischt hat, mehrmals. Ich habe ihn noch nicht besiegt, weil es mir gerade eben nach meinem fünften Versuch wieder reichte. 

Bevor ich in eine längere, von ehrlichem Frust betröppelte Ausführung über meine Probleme mit den Kämpfen von Reborn gehe, die aus dem ersten Bericht bekannte, knackige Stichpunktliste von Plus und Minus in Pokemon Reborn. 


PRO:
+ Mit der Alt-Taste kann man in einen Speed-Modus schalten, der alles ein wenig beschleunigt. Besonders nützlich fürs Grinden
+ Man muss theoretisch kein einziges Pokemon fangen, weil man viele von NPCs geschenkt bekommt
+ Die quirligen und einprägsamen Charaktere sind toll und sympathisch geschrieben
+ Die Akademie ist als Setting der zweiten Arena sehr ungewohnt und interessant, ich mochte die Tagebücher der Arenaleiter-Mädchen sehr, besonders das von Amelie, das hier überaus subtil das Thema von Depression und Suizidgedanken öffnet
+ Abkürzungen freischalten

Nicht übermäßig viel, aber wer es auf Reichlich abgesehen hat, wird diesmal wie angekündigt in der roten Sektion fündig:

CONTRA:
- Das Sweet Kiss-Puzzlerätsel war unnötig schwer und frustrierend, vor allem wenn man wie ich keine Ahnung hat, wie das Endprodukt aussehen soll - Trotz des Pokemonschildes am Laden. Nach 20 Minuten habe ich aufgegeben und Youtube gefragt. Der Preis war ein blödes Pokemon. Danke, Reborn.
- Das Levelcap in seiner jetzigen Form ist pure Gängelung
- Die zweite Arena übertreibt es ein wenig mit der Anzahl an (Zwangs-)Trainern UND einem Zwischenboss. Normalerweise wäre das ein positiver Punkt, bedenkt man aber, dass es ein Levelcap gibt, auf das mich jeder von denen weiter hintreibt, war das kontraproduktiv.
- Ich bin kein Fan von Rätseln für Fortschritt. Habe alle in der Arena gegoogelt. 
- Die zweite Arenaleitern ist unfassbar schwer und übermächtig bevorteilt, bedenkt man alles was vorher kam und drumherum stattfindet 
- Man braucht für VM-Fähigkeiten nach wie vor TMs 
- Effekte für Aktionen wie das Verschwinden von Zerschneider-Bäumen gibt es nicht, sie ploppen einfach weg. Für ein sonst so aufpoliertes Spiel eine schwache Kerbe, die einen ständig aus der Immersion reißt
- Die Atmosphäre in Pokecentern wie dem in der zerstörten Waldstadt könnte besser sein, etwa durch angepasste Texte der Schwester Joy. 
- Der Meteor-Admin Taka ist abermals albern bevorteilt und wieder quasi nicht durch Strategie zu besiegen
- Ich muss mir sein hohles Gebrabbel jedes Mal wieder anhören, wenn er mich besiegt hat und ich den ganzen Weg zu ihm rennen musste
- Die Karte ist vollkommen unübersichtlich, viel zu klein und absolut keine Hilfe. Ich hatte mehrmals keine Ahnung, wo ich jetzt eigentlich hin muss


Der Kontrast zu Bericht 1... dürfte klar sein. Und der Kern meiner Frustration ebenso: Das Spiel ist einfach zu schwer. Nein, es ist nicht schwer - Es ist unfair. Ja, ich habe es gesagt. Das Balancing ist furchtbar. 

Nein, ich möchte deinem armen Sohn nicht das Pokemon wegnehmen, das ER gefunden hat und liebt - Was zum Geier?!

Das Levelcap
Es gibt ein Levelcap nach Orden. So kann man vor der zweiten Arena seine Pokemon nur bis Level 25 kontrollieren, vor der dritten nur bis 35 usw. Während das in den Hauptspielen kaum ins Gewicht fällt weil die Gegner so einfach sind, ist es hier eine schmerzhafte Krux - Denn oft ist Grinding schlichtweg die EINZIGE Möglichkeit, einen unüberwindbaren Gegner zumindest auf annähernde Augenhöhe zu holen. Erreicht man das Levelcap, braucht man gar nicht zu kämpfen, denn jeder verschwendete Zug durch ein ungehorsames Pokemon ist ein Todesurteil. Wozu wird man also gezwungen? Sogenannte 'Common Candies' verwenden, die die Level der eigenen Pokemon wieder senken und so effektiv Grindingzeit und EXP verschmeiße, die man aufgebracht hat.  

Die Bosse - Arenaleiterin Zwei & Team Meteor


Florinias Kampf gestaltet sich wie folgt: Man muss durch etwa zwei Dutzend Trainer durch um zu ihr zu gelangen. Außerdem durch einen Zwischenboss, ihrem Zwillingsbruder. Bei all diesen Kämpfen kann man nur hoffen, dass man Level 25 nicht überschreitet - Sonst muss man das Level senken und somit opfern. Dann aber gelangt man zu Florinia, die als Pflanzentrainerin sehr glücklich über meine Wasserpokemon ist - Moment mal, ich sehe ein Muster. Erst Elektro, jetzt Pflanze. Was hat der nächste Arenaleiter, Flug? Das Spiel möchte mir offenbar sagen: Wenn man zu Beginn einen Wasserstarter wählt, kann man direkt neuladen. Aber damit hört es nicht auf. Florinias Sandfeld verstärkt jede ihrer Attacken die ohnehin schon effektiv gegen mich sind und schwächt die Wenigen, mit denen ich ihr schaden könnte. Sie hat Supertränke, auf die ich als Spieler keinen Zugriff habe!! Ihr Cradily kann sich nicht nur durch Synthese schier unbegrenzt hochheilen, es kann mit Horter auch noch Verteidigung und Spezial Verteidigung dreimal hochpumpen. Nichts das ich habe ist auch nur ansatzweise effektiv. Ihre Pokemon werden durch Sandstürme nicht verletzt, meine schon. Und so werde ich vernichtet. Was habe ich hingegen? Kleine Tränke und ein Team, das nicht weiter leveln kann. Keine Möglichkeit in der überall verschlossenen Schlauch-Welt, neue Mittel zum Sieg zu finden. Einzige Lösung? Weitere Pokemon hinzu holen und GRINDEN. Wie mir freundliche Spieler der Reborn-Community mittlerweile erzählt haben, kann man das im Starter-Pokecenter - Aber eben nur bis zum Levelcap. 

Aber ich will das nicht. Schon immer habe ich mir ein dauerhaftes Team zusammengestellt, weil ich es WOLLTE und dann mit diesem Team auch die Reise beschritten. Ja, normalerweise hätte ich nie mit Goldini oder Smettbo gespielt, aber ich hatte hier immer noch die freie Wahl, sie aufzunehmen. Mein Freund, der mich zu Reborn brachte, meinte man müsse in Reborn öfter Pokemon austauschen um durchzukommen. Nein, ich will das nicht. Ich will Pokemon nicht wie Werkzeuge gegen einzelne, schwere Trainer nutzen um voranzukommen, ehe ich sie wegwerfe. Aber ich MUSS. Es gibt keinen anderen Weg. Also fing ich ein Pam-Pam und ein (shiny) Fleknoil und grindete sie im Pokecenter auf Level 25. Es reichte nicht, ich steckte weitere Niederlagen ein, musste Common Candies nutzen und Level verschmeißen. Ich gab mein ganzes Geld für Tränke aus und lieferte mir am Ende mit Florinias Cradily so lange ein 'Synthese-Angriff-Synthese-Angriff'-Duell, bis ich Glück hatte und mein Pam-Pam einen Volltreffer landete. Gewonnen. Glücksgefühle? Fehlanzeige. Ich bin einfach nur froh, dass es vorbei ist. Und ich fühle mich schmutzig, weil meine Pokemon nicht länger mein Team sind. Sie sind Werkzeuge. Zu melodramatisch? Vielleicht, aber für mich ein Teil der Pokemon-Faszination. 

Und das soll ein fairer Kampf sein? Das Spiel zwang mich zum Grinden, limitiert dieses aber effektiv, bevorteilt einen ohnehin überlegenen Trainer mit den Feldeffekten und Tränken die der Spieler nicht hat und zwingt mich dann noch mühsam erkämpfte Level zu verschmeißen um überhaupt antreten zu können.

Der bald folgende Kampf gegen Meteor-Admin Taka und der vorhergehende Kampf gegen Meteor-Admin ZEL funktioniert ähnlich - Beim ersten Mal hat sein Plaudagei jedes meiner sechs Pokemon mit einem einzigen 'Geschwätz' auf die Matte geschickt. Als das aber doch überwunden war gab es ein zweites, mutiertes Tangoloss, das bereits wie das Erste von ZEL durch seine maßlos hohe Verteidigung und HP-Anzahl durch Nichts nennenswerten Schaden einsteckte, nicht einmal durch sehr effektive Attacken. Supertränke, Gigasauger die meine Pokemon one-hiten und Tangoloss wieder auffüllen, sein wertesteigernder Wachstums-Angriff und - selbstverständlich - Ein Feldeffekt, der seine Attacken stärkt und meine schwächt tun ihren Rest. 
Nein Reborn, du bist nicht unfair. Es geht hier nur um die Strategie. Is' klar. Und nein, ich hab immer noch keine Supertränke und ja, das Levelcap existiert noch. 

Sorry liebe Reborn-Community, aber das ist kein herausforderndes Competitive-Spiel für waschechte Männer. Das ist unfaires, piesackendes und offen gesagt mangelhaftes Balancing. Das ist so, als würde mir ein Soldat in Titanrüstung und Mammut-Panzer mit Helikopter-Feature und zusätzlichen Atomar-Sprengsätzen + Reparaturfunktion einen halbgeladenen Revolver geben und mich herausfordern. In einer Panzergarage, umgeben von weiteren Panzern. Und jeder Schuss auf mich repariert ihn. Aber hey - Ich darf mir noch weitere Revolver holen! Ein bisschen Strategie, dann pack ich das! 

Keine Ahnung, mir macht es aktuell keinen Spaß. Ich habe nicht den blassesten Schimmer, wie ich ihn besiegen soll. Oh, stimmt nicht - Ich GRINDE. Und senke dann vor der dritten Arenaleiterin mit Flug-Team, Wolkenfeld und 99x Top-Genesung einfach wieder alle Level runter, in dem ich mein dauerhaft-knappes Geld für Drogen ausgebe.

Ein Spiel für die ganze Familie. Da der Beitrag aber auf einer positiven Note enden soll - Lustige Screenshots. 


Könnte ich sie im Spiel heiraten, ich würds tun. Aber vermutlich hält sie nichts von wimmerweichen Mimosen wie mir. 

Hier ist mein aktuelles Team:


Wir lesen uns dann in ein paar Wochen wieder, wenn die Spaßreise durch Reborn weitergegangen ist und ich mir wünschte, mich selbst mit common Candies in einen Embryo zurückentwickeln zu können. 

- Yoraiko

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