Mittwoch, 12. August 2020

Spielereview: Child of light (2014) - Kingdom Hearts meets Märchenbuch

 

 Sechs Jahre schon ists nun her, es alt zu nennen wär' nicht fair. 

Gut gealtert, und mit Charme, zeitlos schön und herzlich warm.

Zu wenig Licht sah dieses Spiel, das bitterlich durchs Raster fiel. 

Schaut gut hin, und spitzt die Ohren, Child of Light ist nicht verloren. 

 

Der Publisher steht Pate für viele prominente Mainstreamfranchises wie etwa die Assassins Creed-Reihe. Ab und zu jedoch schleicht sich in ihre Veröffentlichungen ein Funke ein, der den Glanz des Indiemarktes trägt. Child of Light ist nicht nur einer der Funken, sondern wohl auvh das prägendste Licht unter ALLEN Spielen des Publishers, wenn man wie ich den größeren Marken nicht allzu viel abgewinnen kann.

 

Child of Light war damals durchaus ein Erfolg, blieb aber im erwartbaren Rahmen des Erfolges, den ein indie-esques Märchen-RPG mit sich bringt. Jetzt, sechs Jahre nachdem ich es zum ersten Mal gespielt habe, und sechs Monate nachdem ich es nochmals durchgespielt habe, verliere ich ein paar Worte.

 

Vorfazit

Child of Light ist ein All Ages-Rollenspiel mit einfacher Mechanik und malerischer Kinderbuch-Optik, die im Videospielemarkt ihresgleichen sucht. Wer träumerisch erzählte Geschichten, ein knackiges Kampfsystem, schrullig-herzliche Charaktere und einen fantastischen Soundtrack a lá Kingdom Hearts schätzen kann, der sollte mit Child of Light einen Lichtblick gefunden haben. Mit etwa 12 Stunden Spielzeit hasndelt es sich um ein eher kurzes Rollenspiel, was sich ebenfalls angenehm auswirkt. Child of Light macht wenig 'falsch'. Es ist ein rundes, buntes, munteres Projekt für jeden Typ Spieler.

 

 

Die Geschichte

 

 

 Im Lande Austria(Österreich), zu Zeiten mittelalterlicher Herzöge und Burgen, erwacht die junge Prinzessin Aurora eines Tages nicht mehr aus dem Schlaf. Ihr Vater, der Herzog, ertrinkt in seinem Kummer, hat er zuvor doch schon Auroras Mutter verloren, doch findet er vermeintlichen Trost in den Armen seiner neuen Frau, einer düsteren Gräfin aus fremdem Land. 

Aurora erwacht ebenfalls an einem anderen, wundersamen Ort - Dem magischen Land Lemuria. Fortan ist es ihr Ziel, die Schatten, die diesen Ort heimsuchen zu bannen, und zu ihrem Vater zurückzukehren. 

 

Child of Lights Geschichte ist genau so märchenhaft einfach wie seine Charaktere und seine Optik: Ein Herzog, der alleine seine Tochter aufziehen muss und sein Herz an die böse Stiefmutter verliert, ein verlorengegangenes Kind und der Kampf gegen die Dunkelheit. Zusammen mit Aurora begleiten wir sie durch das Fantasieland, sammeln variantenreiche Kameraden wie Echsdenmenschen und Kbolde ein und entwickeln uns stetig weiter. All diese Elemente sind so stimmig und liebevoll miteinander verwoben, dass wir hier kein staubiges Spiele-Relikt vor uns haben, sondern ein wohlbekanntes, nostalgisches Bilderbuch, das wir immer wieder gerne durchblättern. 

 

Das Besondere am Kind von Licht,

ist wie hier jeder Bürger spricht

 

 Ich will gar nicht groß Drumrumreden und gleich zum Punkt kommen, was Child of Light alles so besonders und gut macht. Da wäre zunächst die romantische Aquarell-Welt von Lemuria, die so hübsch ist wie kaum eine andere Spielewelt. Sie ist nicht zu groß, ist aber sehr weitläufig aufgebaut und bietet unheimlich viele versteckte Ecken und Zusatzdungeons zum Erkunden. Auch die Charaktere selbst wirken wie direkt aus einem Bilderbuch geschnitten, lassen aber dennoch nicht an kreativen Ideen vermissen. Bei Auroras steuerbarem Charakter etwa hat man sich besonders viel Mühe beim Animieren ihrer langen, roten Haare gegeben - wenn sie rennt, fliegt oder einfach nur steht ist es ein seltsam-befriedigender Hochgenuss, den weichen, smoothen Haaren beim Wehen zuzusehen.  

 

Die Geschichte ist einfach, weiß aber wegen der Unschuld des Ganzen, die aufgrund des selbstbewussten Märchen-Konzeptes zustande kommt, sehr zu gefallen. Aurora ist ein klassischer aber liebenswerter Charakter, ihr kleines Schleimlicht ist ihr loyaler Begleiter und für kleine Witzchen zuständig, der Rest der Charaktere ist optional, jeder bringt aber ein paar Dialoge und eine wichtige Funktion im Kampfsystem mit. Es gibt ein paar (Nicht besonders überraschende) Twists, Höhen und Tiefen und ein ebenso befriedigendes, wenn auch unaufregendes Ende. 

 

Ganz toll an der Welt von Lemuria: 

An der Oberfläche ist die Welt von Child of Light klare Fantasy, mit Verweis auf Österreich. Es ist eine Märchengeschichte mit dunklen Monsterwesen, Prinzessinnen und Magie. Etwas Anderes bekommt man als Spieler von der Story nicht mit, und so war das auch beim ersten Durchspielen meine Annahme. Erst beim zweiten Durchspielen habe ich konsequent die überall in der Welt herumfliegenden Tagebuchseiten aufgesammelt, und als ich diese gelesen habe, hat sich mir nochmal eine ganz andere Ebene des Spiels erschlossen, die gewissermaßpen mindblowing war. Ich will hier nichts vorweg nehmen, aber Ubisoft hat in Child of Light eine zweite, versteckte Backgroundebene seines Worlbuildings eingebaut, die ein netter Bonus für Komplettisten ist. 

 

Auch ein Alleinstellungsmerkmal dürfte die Tatsache sein, dass alle Charaktere über das gesamte Spiel ausnahmslos reimem. Jeder Dialog und jede Zeile besteht aus einem Reim. Daran haben sich manche Spieler gestört, weil sie es als zu gezwungen empfanden, ich jedoch kann den Dialogschreibern und den Übersetzern hier nur herzhaft applaudieren, weil ich dieses Stilmittel als sehr unterhaltsam und gelungen empfinde. Teilweise sind es solch witzige und kreative Wortgebilde die die Charaktere von sich geben müssen um doch noch auf einen Reim zu kommen, teilweise wird das sogar auf die Schippe genommen. Es unterstreicht die Märchenatmosphäre deutlich. Auch die gelungene deutsche Synchronisation, die sich in Form der Erzählerin abspielt, trägt dazu bei. Child of Light ist eine solch schöne, idyllische Geschichte, dass es sich auch nur zum Ansehen über Youtube o.Ä. lohnt. Aber das Kampfsystem, das macht auch viel Spaß, und das hat mehrere Gründe.

 

 Warum fürchtet ihr euch vor der Dunkelheit?

Ist es die Angst... oder doch das Leid?

 

Child of Light ist das in Liebe gezeugte Kind von Kingdom Hearts und allen Kinderbüchern dieser Welt. Das fängt bei der eingängigen Geschichte an: Licht gegen Dunkelheit, und den Platz, den die Wesen der Finsternis in der Welt suchen. Eine Auserwählte des Lichtes, welche das Reich vor den Schattenwesen retten muss. Worin sich Child of Light aber vor allem Kingdom Hearts annähert, ist der grandiose Soundtrack.

 Das Kampfsystem ist ein einfaches, rundenbasiertes Rollenspiel-Kampfsystem, gewinnt jedoch enorm durch kleine Gimmicks, die hinzugeschaltet wurden. Mit dem frei bewegbaren Glühwürmchen Auroras etwa kann man Gegner blenden und sie somit auf der Zeitleiste verlangsamen, was im Laufe des Spiels eine essentielle, strategische Notwendigkeit ist. Man kann mit drei Partymitgliedern gleichzeitig kämpfen, jedoch ALLE verfügbaren Mitglieder bis zur Kampfunfähigkeit einsetzen und jedetzeit durchwechseln, um ihre verschiedenen Fähigkeiten einzubringen. Greift man einen Gegner im 'Kritischen Bereich' der Zeitleiste an, wirft man ihn auf dieser zurück - das gilt allerdings leider auch für die Helden. Immer wieder muss man abwägen, welchen Gegner man jetzt blendet, ob man diesen Gegner vielleicht noch im kritischen Fenster treffen kann und welcher Charakter unbedingt zum Angriff kommen muss. Hinzu kommt ein simpler aber befriedigender Skilltree, über den wir mittels im Kampf gewonnenen Punkten Fähigkeiten entwickeln und dazulernen.

Ich hatte mir im ersten Drittel des Spiels die Herausforderung gegeben, 0 Skillpunkte zu verteilen, also an keinen Charakter. Es war knackig, aber ich kam eine Weile durch, bis die Bosse dann doch zu schwer wurden. Aber selbst, wenn man alle Punkte verteilt, wird das Spiel in der zweiten Hälfte wirklich sehr fordernd und man mujss die überraschend-strategischen Elemente, die sich einen nicht auf den ersten Blick offenbaren, vollstens ausnutzen. Das hängt natürlich auch vom gewählten Schwierigkeitsgrad ab.  

Jetzt zum erwähnten Soundtrack:

Der Soundtrack ist mit seinen ruhigen, melodischen und emotionalen Klängen schon auf der Oberwelt und in Zwischensequenzen einprägsam und stark, erreicht aber erst in den Kämpfen seine wahre Größe. Mit einer Kingdom Heartschen' Mischung aus orchestraler Dramatik und klangvoller Melodik erinnert Child of Light sehr stark an diese Reihe, kann aber problemlos seine eigene Note einbringen. Besonders clever und gelungen ist, wie die Kampfstücke der einzelen Gebiete sich steigern - erst habt ihr das normale Kampftheme, dann ist es etwas pompöser bei einem kleinen Boss und schwillt beim großen Gebietsboss schließlich zum epischen Chor an, der euch das Blut durch die Finger treibt. Begleitet von der exzellenten Inszenierung der Bosse, welche mit einer hektischen Kamerafahrt in den Kampf hinein

präsentiert werden, entsteht hier oftmals eine gänsehauterregende Bühne, bei der die Schwere des Kampfes von Licht gegen Dunkelheit klar wird und man förmlich fühlt, wie man selbst mitgeht und entschlossen ist, zu gewinnen. Und vergessen wir nicht, dass Child of Light vermutlich die besten Mobgegner-Musikstücke aller Zeiten hat. Diese gänsehauterregenden Stücke, die vor bedeutungsschwerer Dramatik nur so überquillen, könnten schon ansich Bossthemes sein.

 

Aurora macht in diesem recht kurzen Spiel eine buchstäbliche Charakterentwicklung durch, die durch ihre Klarheit (Ich will hier nicht mehr spoilern als nötig) sehr einfach und effektiv nachzuvollziehen ist und sich auch in vielen Details wie der Musik, Kampfposen und dergleichen auswirkt. Am Ende steuern wir eine ganz andere Protagonistin als zu Anfang, eine gereifte, stärkere, selbstbewusste Protagonistin, due weit über das einfache Klischee einer kleinen Prinzessin hinausgeht. 

 

 

 Nicht alles ist fein in Lemuria,

die Schwächen sind klein, doch sie sind da.


Auch wenn es sich nicht richtig anfühlt und ein bisschem in Herzen weh tut gibt es kleine Kritikpunkte, die man in Child of Light besser hätte umsetzen können. Es sind Nadelstiche im seidigweichen Geflecht dieses Spiels, aber auch die wollen erwähnt werden. 

Was mich persönlich vor allem gestört hat ist das Ende und der Climax mit der Stiefmutter so wie den Wesen des Schattens. Zum Guten oder Schlechten orientiert sich Child of Light auch hier an Kingdom Hearts, denn es malt genau so Schwarzweiß wie dieses und lässt keine Grautöne zu. Gut, das darf man auch erwarten von einem Märchenspiel, und darum sehe ich das auch nicht so eng. Aber dass die 'fremdländischen' Schattenbewohner, die sich im Laufe des Spiels offenbaren, von Aurora in den Bosskämpfen (Trotz ihrer vorhergehenden Missetaten, die natürlich da waren) buchstäblich getötet werden, obwohl vorher auch gewisse Bande da waren, die eigentlich eine weniger endgütltige Lösung möglich machen sollten, hat irgendwie einen schalen Beigeschmack. Sogar ein Partymitglied geht dabei drauf, das wir dann natürlich nicht mehr steuern können. Es ist irgendwie schade. Und am Ende wird der Konflikt der Schattenseite, die einen Platz für sich zum Leben wollte, einfach abgewürgt und die Stiefmutter das Klo runtergespült. Ich weiß, diese ganze 'Das Böse muss sterben'-Sache ist so ein Trope aus alten Märchen, aber ich hätte Aurora nicht als kaltblütige Mörderin gebraucht, auch nicht wenn es für den richtigen Zweck war.

Die Kämpfe sind in der ersten Hälfte wirklich sehr gut machbar, selbst wenn man wie ich überhaupt nicht levelt, später gibt es dafür aber umso größere Sprünge und gerade die Bosse sind mitunter schon knochenhart, wenn man keine gute Strategie parat hat. Das ist mal mehr mal weniger störend. Was mich da schon deutlich mehr rausgerissen hat sind 'Umgebungsgefahren' wie in Geheimdungeons aufgestellte Stacheln oder wehende Flammen, die enorm viel Schaden verursachen und einem binnen Sekunden zu einem Game Over führen können.  

 Zuletzt finde ich es fragwürdig, dass man einige der wichtigen Nebencharaktere und Partymitglieder sehr einfach verpassen kann, was nicht nur inhaltlich schade ist, sondern am Ende auch deutlich ins Gewicht fällt, wenn man im Kampf 1-2 Charaktere weniger zur Verfügung hat.

 

Und ja - diese kleinen Meckermünzen sind alles, was ich auszusetzen habe. Child of Light ist so gut. 

 

Nie wurde Auroras Geschichte fortgesetzt, 

sie ist einen Blick wert, damals wie jetzt. 


Child of Light hat die perfekte Länge, ließ aber mit all diesen hochwertigen und stimmigen Bestandteilen auf einen zweiten Teil hoffen. Leider blieb diese Hoffnung unerfüllt und wird es wohl auch in Zukunft. 

Das ist bedauerlich, aber os kann man Child of Light als in sich abgeschlossenes, poetisches Kunstwerk betrachten, das einen wunderbaren Spagat zwischen märchenerzählung und spaßigem Gameplay inszeniert. Das Spiel ist bis heute relativ einzigartig in seinem Konzept, und grafisch wie auch musikalisch und spielerisch vollkommen verlustfrei gealtert. Heute funktioniert es so tadellos wie damals.  

 


Fazit

Child of Light ist ein so besonderes Projekt, weil es zeigt, wie schnell eine so große Massenfirma wie Ubisoft auch ein fantastisches Indiegame produzieren kann, wenn sie denn nur möchte. Es ist eines der bekanntsten 'Semi-Indie-Games' und auch eines der besten, das in jedem einzelnen Bereich hochwertig und detailverliebt daherkommt. Ob ihr dieses Erlebnis nun alleine, mit Freunden, eurer Familie oder gar euren Kindern haben wollt, bleibt euch überlassen, denn Child of Light ist wahres All Ages. Ein schöneres Spiel und eine etwas weniger überladene Version von Kingdom Hearts findet ihr selten, und allein für den grandiosen Soundtrack lohnt sich ein autitiver Blick hinein auf jeden Fall - Sei es über Youtube oder das Spiel selbst. 



Child of Light ist nichts als gut,

ein echtes Kunswerk, in Herz und Blut.

Ein Spiel so schön wie zwölfhundert Märchen,

damit es sich reimt, spielt es als Pärchen. 



8 von 10 Kronen für Child of Light
-> Yoraiko findet dich toll!






- Yoraiko





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