Montag, 15. Juni 2020
All Lives Matter - that means black ones too
Ich bin spät dran, ich weiß. Aber es wird Zeit für einen Kommentar. Auch, wenn mich vielleicht kaum jemand liest, kann ich nicht behaupten, zwischen popkulturellem Kram und albernen Podcasts ab und zu mal noch 'aufwühlende'
Gedanken' zu teilen, wenn ich dann während einem der größten Proteste seit Jahrhunderten so tue, als ob nichts wäre.
Wir wissen alle, was gerade passiert - nein, nicht das noch immer grasierende Corona, das in Deutschland schon naiverweise als abgeschrieben gilt, in manchen Ländern aber nach wie vor einem fleischgewordenen Sensenmann gleichkommt. Nein, nicht die CCCP-Chinadiktatur, die seit Monaten ihre hässliche Fratze aufzeigt und Hongkong-Protestanten gewaltsam niederschlägt, foltert, einsperrt und einen feuchten Popel darauf gibt, was der Rest der Welt davon denkt und wie sehr die EU dieses Verhalten 'verurteilt'. Ich spreche natürlich von George Floyds Ermordung durch einen amerikanischen Polizisten und die folgende, explosionsartige Protestbewegung in Amerika und beinahe überall sonst gegen die strukturelle und festgefahrene Diskriminierung schwarzer oder besser gesagt nicht-kaukasischer-Mitbürger vor allem durch Polizei und Regierung. Wenn wir es nicht direkt mitbekommen hatten, dann durch jeden Prominenten, jede bekannte Internetpersönlichkeit, alle Nachrichtenformate und die sozialen Medien, in denen die Bewegung ihre Kreise zieht und betroffen macht.
2020, du wirst nicht langweilig. Und in diesem vermutlich schlimmsten Jahr seit es einen rothäutigen Präsidenten gibt, könnte die BLM-Bewegung eigentlich etwas Positives sein, eine Flamme der Inspiration im sonst so stockdunklen Wald. Könnte. Blöd nur, wenn weitestgehend friedliche Demonstrationen gegen Rassismus und den ungerechtfertigten Tod einem wehrlosen Farbigen gegenüber durch gewaltsame Polizisten mit... na ja, Gewalt beantwortet wird.
Unverschämter Gewalt. Ungerechtfertigter Gewalt. Exzessiver Gewalt. Öffentlicher Gewalt.
Rassistischer Gewalt.
Die U.S.A. befinden sich im Krieg. Und der vermutlich einzige Grund, warum das noch kein offizieler Status der Proteste ist, dürfte sein, dass die Protestanten es auf Gleichberechtigung abgesehen haben, und nicht auf Rache. Kann aber nicht mehr lange dauern, bis dem designierten Präsidenten für die nächsten vier Jahre ein waschechter Bürgerkrieg ins Haus steht. Von seiner Seite aus gibt es den ja schon - zumindest verhalten sich seine Streitkräfte so. Die Polizei der USA hat in den letzten Wochen erstaunlicherweise kein Geheimnis daraus gemacht, mit welcher selektivlosen, selbstverständlichen Gewalt sie gegen alles und jeden in ihrer Schlagweite vorgeht, sein es Protestanten, Journalisten verschiedener Länder oder unbeteiligte Bürger am Rand. Nicht, weil sie es müssen. Nicht, weil es ihnen befohlen wurde. Sondern weil sie es KÖNNEN, und glauben, es zu DÜRFEN.
Ich meine, man müsste doch denken, jetzt wo die ganze Welt ihre Aufmerksamkeit auf sie richtet, benimmt sich die Polizei und versucht wenigstens so zu tun, als schere sie sich auch nur einen feuchten Dreck um Grundrechte und die Gleichbehandlung von Minderheiten. Käsekuchen! Die prügeln, schießen, verhaften und diskriminieren munter weiter, Kameras oder nicht. Ist denen einfach scheißegal. Die dürfen das, sind ja schließlich Polizisten.
Seht euch nur diese Liste von Reddit an, mit bestätigten Übergriffen und Fehlverhalten der Polizei während der Proteste:
Vor 12 Tagen waren es 157 Fälle.
Der letzte Stand der Zählung dieses eifrigen Users sind 299 Übergriffe und Fehltritte.
299. und vergessen wir nicht die über 400 Übergriffe auf Medienleute wie Reporter aus aller herren Länder.
Wow.
Und das wirklich Beeindruckende daran? Das passiert, wenn die ganze Welt ZUSIEHT. Wollen wir lieber nicht unsere Fantasie schweifen lassen hin zur Frage, wie es abläuft, wenn keiner zusieht. Aber wir kennen die Antwort, und das ist auch die Antwort auf die Frage, wie lange struktureller und institutioneller Rassismus in Amerika schon ein Problem ist - seit Jahrhunderten. Es gab schon mehrmals gewaltige Proteste gegen genau dieses Problem. Nie ist was Nennenswertes passiert.
Klar, das ist kein Problem, dass sich nicht auf die USA beschränkt, wie wir dieser Tage auch über diverse Nachrichtenplattformen aus anderen Ländern erfahren - Kanada, Australien, Europa. Sucht euch was aus. Schwarze werden diskriminiert. Immer noch, im Jahre 2020, diskriminieren wir Menschen dafür, mit welcher Hautfarbe sie geboren werden. Man könnte meinen, wir werden mit den Jahrhunderten klüger. Schön wärs.
Imperator Trump
Trump ist schon wieder ein eigenes Thema, denn wenn die Black Lives Matter-Affäre vor allem eines nochmal zu Tage gefördert hat, so ist es die vollkommene Inkompetenz dieses chilligepuderten Popkornbrötchens mit dem schwindelerregenden Ego in der Größe von Texas. Auch er versteht es - natürlich - in keinster Weise, ein 'Nice Face' aufzusetzen sondern macht immerhin konsequent genau so weiter wie in den letzten vier Jahren - ordentlich aufs Maul, und bloß nicht das hochansteckende Gift der Vernunft ins Köpfchen lassen. Ein Präsident, der seiner eigenen Bevölkerung mit dem Einsatz des Militärs droht und seine Polizei dazu aufruft, die Bürger zu unterdrücken, ist vermutlich kein Präsident, der für für seine Wertschätzung der Demokratie gegenüber in die Geschichtsbücher eingehen wird. Aber sind wir wirklich überrascht? Hat irgend jemand das nicht kommen sehen?
Wenn überhaupt, so ist es milde-verwunderlich, wenn auch beruhigend, dass Donald Trumps Beliebtheit und seine Umfragenwerte endlich, ENDLICH sinken. George Floyds Todestag zu verharmlosen und öffentlich zu sagen, dies wäre ein guter Tag für ihn und er lächle auf sie alle vom Himmel hinab hat auch noch den letzten Rotfrucht-Enthusiasten gebrochen. Und wenn nicht das, dann vielleicht sein Umgang mit Corona, seine Reaktionen bzw. Nichtreaktionen auf das internationale Echo seinem desaströsen Krisenmanagement gegenüber, oder seine fortwährende Fixierung auf die Wahlen Ende des Jahres, weil alles auf der Welt, wofür sich diese Karikatur interessiert, sein eigener, verkrusteter Arsch ist.
Wie bitterlich zu wissen, dass der beste Ausgang für Amerika und die Welt in den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen Joe Biden als Sieger ist, ein Mann, der älter ist als die Zeit selbst, schneller reagiert als eine querschnittsgelähmte Schildkröte und ohnehin seine gesamte Amtszeit damit zubringen wird, die Schäden die Trump angerichtet hat zu kitten. Ich beneide ihn nicht, aber hey, wenn Black Lives Matter bis Jahresende wieder vergessen sein sollte, bekommen wir vielleicht vier weitere Jahre unter dem Mann spendiert, der die moderne Gesellschaft der Menschen trollt und sich alle unsere Werte und Grundsätze mit einem Handtuch unten durchzieht. Wäre vermutlich witzig. Bis er es dann doch noch hinbekommt, den dritten Weltkrieg loszutreten. War ja schon ein paar mal davor dieses Jahr. Aber hey, 2020 ist noch lang. Drückt die Daumen.
Does it matter?
Neben der verlinkten Folge von Last Week Tonight zum Thema kann ich auch Reddit Worldnews empfehlen, da man hier täglich aktuellere und vor allem ehrlichere Meldungen bekommt als bei klassischen Nachrichtensendungen wie der Tagesschau(Die ich auch verfolge.)
Trotz all dem weltweiten Solidaritäts-Echo für Black Lives Matter muss man sich mit einem Blick auf die Geschichte fragen, ob sich irgendetwas ändern wird. Die amerikanische Polizei müsste reformiert werden, es müssten sich grundsätzliche Dinge ändern, es müsste ein Kontrollorgan für die Polizei geben, das mehr als zwei Hirnzellen hat. Ganz ehrlich? Ich glaube nicht dran. Ich bin zynisch und gehe davon aus, dass diese Proteste sich in 1-2 Monaten legen und die Sache Schnee von Gestern ist. So wie immer. Entweder das, oder es schlägt in einen Bürgerkrieg um. Und es beängstigt mich ein wenig, dass Letzteres vermutlich der Positivere Ausgang wäre. Ich denke noch an die Proteste gegen Artikel 13 - Ja, das ist sehr schwer zu vergleichen, aber auch da sind Menschen europaweit auf die Straße gegangen und haben dagegen protestiert - hat niemanden geschwert, zwei Wochen später war das Thema gegessen und ein paar protestanten haben einfach ihre Wochenenden verschwendet. Fragt mich, warum ich nicht protestieren gehe.Auch die Hongkong-Proteste, die noch immer anhalten, trotz Corona und BLM, bekommen weniger und weniger Aufmerksamkeit, obwohl es für die Menschen da um so viel, allen voran Freiheit, geht. Das könnte auch bald buchstäblich erstickt werden.
Ich hoffe das nicht. Ich hoffe, die Proteste in den USA, weltweit und auch in Hongkong gehen weiter. Trump hat der ganzen Welt gezeigt und bewiesen, dass er nicht als ein hirnrissiges Diktatorenpüppchen ist. Und so auch seine Bluthund-Polizisten. Jetzt wäre es an der Welt, die Konsequenzen zu ziehen, aber mehr als 'Verurteilen' wird man zumindest in Europa wohl nicht - und die anderen Großmächte wie Russland und China sind halt leider einfach genau so scheiße und egozentrisch. Wir sind umgeben von Bösewichten.
Bleibt nur zu hoffen, dass die Protestanten in Amerika weniger pessimistisch sind als ich, und weiter durchhalten. Es ist jetzt wirklich allerhöchste Zeit.
Viel mehr habe ich erst mal nicht zu sagen. Ich weiß, es ist nicht sonderlich viel und kratzt bestenfalls an der Oberfläche, aber wer sich wirklich informieren und besser vorbereiteteren Menschen zuhören möchte, und das empfehle ich ganz dringend, der findet dafür genug Material.
Hört auf, Menschen für ihre Hautpigmentierung zu diskriminieren. Da reicht es schon, die Straßenseite zu wechseln. Diskriminierung passiert so schnell, und wir glauben alle wir wüssten das und wären so aufgeklärt aber wie wir auf der anderen Seite des Atlantik sehen ist das vielleicht gar nicht so.
Haben wir 2020 nicht schon genug Probleme, dass wir auch noch auf farbigen Menschen rumhacken müssen?
Mir wird übel dabei, mich Mensch nennen zu müssen.
- Yoraiko
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Ein sehr schöner Beitrag und auch ein schöner Zug, dass du dein Profilbild dazu angepasst hast.
AntwortenLöschenIst echt schade, was hier auf dem Blog für Spam Kommentare dagelassen werden... .
Teilweise etwas den Schlaghammer in der Formattierung heraus geholt aber ich denke einfach mal bei dem Thema muss das auch einfach sein!