Freitag, 9. August 2019

Film-Review - Paranormal Activity Tokyo Night (2010)






Vor dem Ableger der guten, alten PA-Reihe hatte ich damals wohl am meisten Respekt - Denn wenn die japanische Filmlandschaft nun mal eines in den letzten zwanzig Jahren zweifellos klar gemacht hat, dann dass sie Horror beherrscht. Waren die amerikanischen Hauptteile doch eher unspannend und schnell durchschaut, durfte ich mich hier auf einen skurrilen, morbiden, verstörenden neuen Ansatz freuen. Vielleicht war es das nicht ganz, aber so viel sei gesagt, für mich ist Tokyo Night der mit Abstand stärkste Vertreter des Kamera-Franchise.
Der Film haut einen in Adrenalin gesprochen schon ziemlich weg, ganz im Gegensatz zu seinen Originalen. Japantypisch ist der Horror hier natürlich viel subtiler und raffinierter, es wird weniger auf altbackene Schocker als mehr auf eine hautnah unbehagliche Atmosphäre gesetzt. Auch schön war, dass dieser Film sich in der ersten Hälfte ausreichend viel Zeit nimmt, die Charaktere einzuarbeiten und greifbarer zu machen. Viele dürften das anstrengend finden, aber wer mit dem Selbstverständnis der japanischen Popkultur vertraut ist, wird sich dabei wohl fühlen. Und ja, dann geht es in kleinen, ruhigen Schritten immer mehr auf das gelungene Gruselchaos zu. Anzumerken sind hier Ideen wie die Splitscreen-Nächte durch eine Kamera in jedem Zimmer der beiden Hauptcharaktere, Teenager-Geschwistern. Das sind dann so viele Stellen und Details und Kleinigkeiten, auf die man beim Sehen zu Achten versucht, dass man selbst zu zweit nicht das ganze Bild im Auge behalten kann. Aber das zeigt seine Wirkung, denn man wird von Sekunde zu Sekunde nervöser. Während die amerikanischen Vorbilder nach und nach offene Schocker präsentieren, arbeitet Tokyo Nights hier viel mehr mit Imagination und dem Nicht-Zeigen von Dingen, und das funktioniert!


Ebenfalls an der Stelle nochmal ganz, ganz lobend erwähnt sei die weibliche Hauptrolle. Ohne zu viel zu sagen kann ich erwähnen, dass wenn sie am Ende anfängt zu laufen, das für mich heute heute noch unglaublich gruselig und der mit Abstand verstörendste Moment im Film ist. Ehrlich, ich habe noch nie jemanden so überzeugend und unheimlich laufen sehen, das muss man sich mal vorstellen, Horror durch eine Gangart, schauspielerisch eine Glanzleistung. Ich dachte zwischendrin, das wäre mit dem Computer nachbearbeitet.

Bei all dem Lob dennoch das Aber, dass ich nach dem Abspann doch etwas ernüchtert war. Der Film lässt sich wie erwähnt in der ersten Hälfte sehr viel Zeit für Charaktere und einen subtilen Aufbau des Settings. Und das ist ja auch okay. Nur kommt der wirkliche Horror und das eskalierte Setting dann leider nur grob in den letzten 20~ Minuten zum Einsatz. Diese 20 Minuten lohnen sich, keine Frage, aber ich hätte mir hier dann doch noch etwas mehr gewünscht, und das ist weniger eine Kritik an diesem Film im Speziellen als mehr am gesamten Franchise. Subtiler Horror ist gut für die erste Hälfte eines solchen Streifens, aber das gegen Ende hin dann doch so schnell Schluss war, ließ mich etwas enttäuscht zurück. Wenn ich mir solche Szenen wie das Laufen der Schwester oder die mehr als gelungene Kamerawurf-Umsetzung direkt aus dem ersten Teil(Ich hatte beinahe einen Herzinfarkt) ansehe, wäre da wesentlich mehr gegangen und möglich gewesen.

Aber gut, man muss dem Film zugute halten, dass er mit der letzten Szene nochmal einen richtigen Hammer raushaut und ein definitiv unerwartetes Ende präsentiert. Nicht der Horrorfilm den man gesehen haben muss, aber fraglos gelungen, viel gruseliger als die amerikanische Vorlage, und für Horrorfreunde und Filmenthusiasten definitiv ein Geheimtipp, der leider schnell untergegangen ist. 

6,5/10 Kameras für Tokyo Night

Yoraiko  
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Lass mich doch wissen, was du denkst!